Beitragspause, Depressionen, Hetze, usw

Wir werden in eine 1-monatige Postpause gehen. Die nächsten Beiträge werden also voraussichtlich erst wieder Anfang Januar 2022 erscheinen.

Eigentlich habe ich ganz viele Themen schon ausgearbeitet und vorbereitet und hatte ganz viele Ideen, was ich angehen will, aber es muss dringend eine Pause her. Nicht nur andere Sachen nicht lesen usw, sondern so komplett muss eine Pause her.

Ich habe auch bei der Therapeutin um eine Therapiepause gebeten. Leider geht auch hier das ganze Thema Corona, Impfung usw nicht mehr so gut an einem vorbei, wie es vorher irgendwie noch möglich war. Gerade der aktuell aufkommende Zwang und die regelrechte Hetze (,,Grenzt Impfgegner aus!“ ) belastet uns stark und macht uns extrem zu schaffen. Sowas z.B zu sehen, lässt sich emotional nicht mehr wirklich abschütteln:

Wie wir zu dem ganzen Thema stehen und warum uns das so belastet, hatten wir letztens in einem Instagram-Post angeschnitten (siehe Slider rechts auf dem Blog – Dort findet ihr das Bild und wenn ihr es anklickt auch unseren Text darunter, müsste auch ohne Instagram-Profil gehen🤔). Letzte Woche führte das zu einem regelrechten Systemkollaps (vermehrt Blackouts und Aktionen, die mir überhaupt nicht passen) und nem richtigen Hammer extra Depressionen obendrein. Dazu kommt sowieso die aktuelle Zeit November-Januar, wo die Nerven eh generell etwas freier liegen. Nett ausgedrückt😅.

Wir haben beschlossen jetzt einfach mal einen Monat lang so zu tun, als wäre alles gut. Ob das hinhaut, weiß ich auch noch nicht, aber der Plan sieht so Sachen vor wie: Videospiele spielen, Romane lesen, wieder mehr rausgehen (heute hat es geschneit, Yieppe 🥳) und an Räucherkerzchen schnuppern. Vll gebrannte Mandeln selbst machen und Kekse backen natürlich😊. Einfach mal Dinge tun, die nichts mit Psyche, Problemen oder dem politischen Wahnsinn da draußen zu tun haben. Das versuchen wir natürlich sonst auch irgendwie, sind kürzer getreten usw., aber letztendlich wird das alles eben doch wieder von Therapiethemen oder anderen ähnlichen Sachen unterbrochen. Deshalb wird’s auch erstmal kein Social-Media geben, YouTube, Nachrichten u.ä. Die Welt geht schließlich auch ohne uns glücklich und erfreut weiter unter 🤷‍♀️😅.

Kurz gesagt: Wir wollen versuchen, einfach mal einen Monat lang den Affen zu spielen, der sich Augen, Ohren und Mund zuhält. Einfach mal wieder den Alltag mit ein paar angenehmen Dingen füllen. Inwieweit das hinhaut, wird sich dann natürlich noch zeigen.

Mails könnt ihr natürlich trotzdem weiterhin schicken, nur das ihr euch nicht wundert, wenn erstmal keine Reaktion kommt. Im neuen Jahr geht’s dafür dann aber mit Sachen weiter, wie: Innere Kommunikation; Was man bei Verdacht auf (p)Dis tun kann; Wie es bei uns zur Diagnose kam; neue Imaginationsübungen; Essstörungen, usw.

Wir wünschen allen jetzt schon mal hoffentlich ruhige und schöne Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr 🥳.

Finanzielle Hilfen: Fonds für sexuelle Gewalt

Vor einiger Zeit wies mich meine Therapeutin noch einmal darauf hin, nun vll doch endlich einmal einen Antrag beim Fonds für sexuelle Gewalt zu stellen. Da ich deshalb also damit konfrontiert war, mich doch endlich mal damit auseinanderzusetzen, möchte ich euch heute erzählen was es da für Hilfsmöglichkeiten gibt und wie ihr das alles am besten anfangt.

Fonds für sexuelle Gewalt

Der Fonds ist eine richtig tolle Sache. Wer sexuelle Gewalt im familiären Bereich oder durch nahestehende Aufsichtspersonen (aus dem familiären Umfeld) erlitten hat, kann daraus bis zu 10.000 € schöpfen. Dazu stehen dem Fonds bundesweit bis zu 62 Mio. Euro zur Verfügung.

Die aktuelle Bearbeitungszeit dauert, nach Angaben des Fonds für sexuelle Gewalt und nach neusten Reglungen nur 3 – 4 Monate. Mein Antrag wurde nach ca. 2 Monaten genehmigt.

Wer kann Gelder aus dem Fonds beantragen?

Alle die zur Tatzeit minderjährig und auf deutschem Boden gemeldet waren. Zudem muss die Tat zwischen dem 23. Mai 1949 (Gründung der BRD) bzw. dem 7. Oktober 1949 (Gründung der DDR) und vor dem 30. Juni 2013 (Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs – StORMG) begangen wurden sein.

Das Opfer muss zudem in irgendeinem nahen Verhältnis zum Täter gestanden haben. Darunter fallen die (Stief-)Eltern, Großeltern, Onkel, Tante, (Stief-)Geschwister, enge Freunde der Familie, Babysitter, Aufsichtspersonen, usw.

Ergänzendes Hilfesystem für Opfer sexueller Gewalt im institutionellen Bereich

Hierrunter fallen alle öffentlichen und privaten Einrichtungen, Träger und Vereinigungen denen Minderjährige, dauerhaft oder vorübergehend, zum Zeitpunkt des Missbrauchs, anvertraut waren (z.B Vereine, Sozialverbände, Kirchen, usw.).

Zu beachten gilt dabei eigentlich nur, dass bei diesem Antrag lediglich eine Empfehlung vom Fonds an die entsprechende Institution geht und die Gelder dann auch von dieser Institution bezahlt werden. Diese kann daher selbstständig, unabhängig der Empfehlung, entscheiden ob sie dem Antrag zustimmt oder nicht.

Welche Leistungen kann man beantragen?

Es sind bis zu 10.000 € in Form von Sachleistungen möglich. Menschen mit Behinderung können zudem einen Mehraufwand von bis zu 5000 € zusätzlich beantragen, sofern dieser notwendig ist (z.B durch Assistenz, erhöhte Mobilitätskosten, usw.). Bargeld wird allerdings nicht ausgezahlt, ebenso lassen sich keine Schulden davon tilgen.

Beantragen kann man dafür aber:

  • Weitere Psychotherapiestunden (die nicht mehr von der Krankenkasse übernommen werden)
  • Komplementär- und Fachtherapien (zum Beispiel Kunsttherapie, Maltherapie, Reittherapie, Tanztherapie, Musiktherapie, Körpertherapie, usw.)
  • Fahrkosten zu den Therapien, zum Ort des Missbrauchs (zur individuellen Aufarbeitung), Beratungsstellen, …
  • Aufarbeitung im Rahmen von Selbsthilfeorganisationen
  • Hilfe bei Heil- und Hilfsmitteln (z.B Physiotherapie, Ergotherapie, Bäder, Massagen, Zahnbehandlung, Rollstuhl, etc.)
  • Individuelle Unterstützung, z.B im Haushalt, Begleitung zu Gerichtsterminen, Betreuung, usw.
  • Unterstützung beim Nachholen eines Schulabschlusses, einer Fachausbildung, der Aufnahme eines Studiums oder was sonst in den Bildungstechnischen Rahmen fällt – Mir wurde z.B die Übernahme der Kosten für den Führerschein genehmigt
  • Individuelle Unterstützungen (im Härtefall), wie z.B einen Assistenzhund, Wohnung und Möbel (bspw. bei Obdachlosigkeit o.ä), Sachen die den Mobilitätsbereich betreffen, usw.

Wichtig ist dabei eigentlich nur, dass die beantragte Leistung in einem Zusammenhang mit den Folgen des Missbrauchs steht. Ich hab z.B Massagen mit angegeben, wegen der dauerhaften Anspannung in meinem Körper. Auch sämtliche anfallende Kosten für einen Sport können da übernommen werden. Bei mir z.B Wing Tsun (ein Selbstverteidigungssport).

Aber auch wenn Hilfeleistungen aus dem bestehenden Sozialrechtssystem unangemessen verzögert werden, kann der Fonds in Vorleistung treten. Voraussetzung ist, dass eine Übernahme der Kosten durch den betroffenen Kostenträger erwartet wird.

Die Antragsstellung

Antrag familiärer / institutioneller Bereich: Link

Die Anträge haben jeweils um die 20 Seiten. Ihr braucht keine Täternamen angeben, müsst keine Anzeige stellen und ihr benötigt auch keine vollständigen Erinnerungen. Das fand ich persönlich unglaublich erleichternd. Ihr müsst dort, soweit es eure Erinnerungen zulassen, nur auf ungefähr 4 Seiten kurz angeben oder ankreuzen was passiert ist. Da bei mir z.B so gut wie gar keine Erinnerungen existieren, habe ich halt auch nur die Bruchstücke aus Flashbacks genommen, die da sind. Zudem Dinge die mich sehr stark triggern, Kameras in einem bestimmten Kontext z.B. Ihr seht das dann auf dem Antrag, wie ich das meine.

Der Großteil des Antrags besteht dann aber eigentlich aus den gewünschten Leistungen. Ihr tragt dort ein, was ihr euch wünscht, legt die entsprechenden Nachweise mit bei und fertig.

Senden könnt ihr den Antrag dann als Scan per Email an kontakt-fsm@bafza.bund.de oder per Post an:

Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben
Referat 505 – Geschäftsstelle FSM
Auguste-Viktoria-Str. 118
14193 Berlin

Falls ihr Fragen habt gibt es auch eine Hotline: 0800 400 10 50

Viele Fragen werden aber auch direkt schon auf der offiziellen Website geklärt unter Fragen & Antworten.

Was braucht ihr für die gewünschten Leistungen?

  • eine Kostenaufstellung (bspw.: Wieviel kostet eine Stunde bei euer/m Therapeutin/en? Beim Führerschein habe ich einen Kostenvoranschlag benötigt oder bei dem Sport z.B die monatlichen Kosten, usw.)
  • evtl. Qualifikationsnachweise der entsprechenden Ärzte oder Therapeutin (z.B für die Kunsttherapie – Ich hab da einfach angerufen und dann haben die mir eigentlich alles notwendige zugeschickt)
  • evtl. einen Nachweis, das die beantragten Leistungen nicht oder nicht mehr von der Krankenkasse, Jobcenter o.ä Trägern übernommen werden (z.B weil euer Therapiestundenkontingent aufgebraucht ist oder die Stunden anderweitig nicht übernommen werden, oder bei einer Wohnungseinrichtung übernimmt ja z.B auch oft das Jobcenter sowas in Form einer Erstausstattung – Am besten fragt ihr bei den Trägern nach und lass euch das kurz schriftlich per Mail o.ä geben)
  • eine kurze Erklärung, inwieweit die beantragte Leistung mit dem Missbrauch in Verbindung steht bzw inwieweit sie den Schaden mindern kann (z.B bei Massagen wegen der Anspannung, Selbstverteidigung für mehr Selbstvertrauen und Selbstsicherheit, usw.)
  • ein aktueller Bericht eueres Therapeuten oder ein aktueller (bzw. der letzte) Klinikbericht – Ist glaube ich, aber kein Muss

Das hört sich erstmal nach total viel an, war aber letztendlich gar nicht so wild. Ich habe mir im Voraus überlegt, was ich machen möchte. Dann die passende Stelle im Antrag dazu gesucht (da ist alles schön und übersichtlich beschrieben) und dann rausgeschrieben, was ich dazu brauche. Und mit dieser Liste dann die einzelnen Stationen abtelefoniert.

Emotionale Belastung

Da ich ja normalerweise gar nicht so leicht triggerbar bin, habe ich die Auswirkungen etwas unterschätzt, wenn ich ehrlich sein soll. Als ich den Antrag angeklickt und die ersten paar Seiten überflogen habe, musste ich erstmal heulen wie ein Schlosshund🙈, weshalb ich das Ding dann auch beiseite legen musste. Beim nächsten Anlauf ging es dann schon ein bisschen besser, zumindest was das Geheule anging 😅. Körperlich machte mir das Ganze allerdings schon dezent zu schaffen. Die Haut juckte wieder überall, der Kopf tat weh, der Bauch schmerzte. Der Rücken fühlte sich total steif an und machte Ärger, Schwindel usw..

Dazu kam das Emotionale. Zuerst die starke Abneigung überhaupt weiter zu machen. Der Gedanke damit die Familie zu verraten. Etwas falsches zu tun.

Und dann gab es ein paar Probleme mit einer Freundin. Also da waren vorher schon ein paar Punkte die mich sehr störten, ich aber nichts sagte. Es gab dann einen ähnlichen Fall und das war, in diesem ganzen Kontext, einfach zu viel. Mir war aber schon bewusst, dass ich gerade total getriggert bin und ich deshalb so stark reagierte. Ich fühlte mich einfach total benutzt. Also nicht per se von ihr, sondern allgemein. Komplett. Wie ein dreckiger Gegenstand, der nur aus dem Schrank geholt wird, wenn er seinen Zweck für andere erfüllen soll. Die Konstellation von diesem Antrag, bzw. dessen Thema, und dann noch das, war einfach zu viel für mich und das hat einige Tage ganz schön reingehauen. Ich habe mich total eingekapselt und auf nichts und niemanden mehr reagiert.

Hilfe suchen

Unterschätzt das also nicht unbedingt. Holt euch ruhig Hilfe zur Seite, wenn ihr den Antrag ausfüllt. Muss ja nicht jeder so dickköpfig sein, wie ich 😅. Dazu könnt ihr in eine Beratungsstelle vor Ort gehen. Wo überall welche sind, findet ihr in diesem Link.

Meist kennen sich aber solche Stellen wie der Opferhilfe, Opferberatung, Wildwasser, Karo e.V, Beratungsstellen für Frauen (die Gewalt erlitten) oder LARA e.V gut damit aus und können euch weiterhelfen.

Dann könnt ihr euch bei generellen Fragen auch wieder an die oben genannte Nummer wenden oder bei konkreten Fragen erreicht ihr dienstags bis donnerstags von 09:00 bis 15:00 Uhr telefonisch jemand unter:

030 18555-1988

Was gibt’s noch dazu zu sagen?

Wenn euch der Antrag einmal genehmigt wurde, könnt ihr auch später nochmal Leistungen daraus beziehen (bis zu den max. 10.000€ eben). Also wenn ihr jetzt 20 Therapiestunden beantragt und später feststellt: ,,Huch, da könnte ich aber nochmal 10 brauchen.“ ist das kein Problem. Ihr erhaltet ein Zeichen (z.B „HFT64J“) und das gebt ihr bei weiterem Schriftwechsel einfach mit an. Ich hab jetzt auch nirgendwo rauslesen können, dass der Anspruch nach einer bestimmten Zeit verfliegt oder so. Also keine Panik, wer nicht alles innerhalb von einem Jahr verbraucht.

Weiter könnt ihr dann entscheiden, ob der Fonds die jeweils angefallene Rechnung direkt an der Empfänger zahlt (dazu müsst ihr eine Einverständniserklärung abgeben) oder ob ihr in Vorleistung geht und danach das Geld vom Fonds zurückerhaltet. Ich finde es jedoch ganz angenehm, dass z.B meine Therapeutin das direkt mit dem Fonds abrechnen kann und das nicht erst über mich laufen muss.

Letztendlich: 

Hatte ich riesen Bammel davor und fühlte mich im ersten Moment, so vor dem Antrag sitzend, auch mega überfordert. Dazu kam die Angst, dass wieder was abgelehnt oder unnötig in die Länge gezogen oder kompliziert gemacht wird. Aber es gab keine unangenehmen Fragen, kein Hick-Meck oder sonst was nerviges. Ich war wirklich positiv überrascht. Auch wurde mir alles genehmigt, ohne lange Diskussionen o.ä Ich kann von meiner Seite aus, es also nur jedem empfehlen.

Neu im ICD-11: Wird Narzissmus abgeschafft?

Die Diskussion erlebe ich im Internet gerade namlich ganz oft. Es ist manchmal sogar die Sorge bzgl Täterschutz da. Und wer mich etwas kennt, der weiß das ich finde, dass gerade in Deutschland Täterschutz ganz groß geschrieben wird.

Hier kann ich euch aber definitiv beruhigen, denn in diesem Fall sehe ich keinen extra Schutz für Täter. Ganz im Gegenteil bringt die Änderung der Persönlichkeitsstörungen ganz viel Potenzial mit, die betroffenen Menschen endlich richtig diagnostizieren und therapieren zu können. Gucken wir uns das Ganze einfach einmal näher an 😁 …

Was ändert sich im ICD-11 bzgl. Persönlichkeitsstörungen?

Einige kennen ja sicherlich meine älteren Beiträge, wo ich zu den verschiedenen Persönlichkeitsstörungen (kurz: PS) die ganzen Diagnosekriterien, laut ICD-10, mit auflistete. Im Durchschnittsfall mussten jeweils 3-4 dieser Symptome zutreffen (also ungefähr die Hälfte der angegebenen Kriterien) um die entsprechende PS diagnostiziert zu bekommen.

Im ICD-11 ändert sich das nun. Es gibt nicht mehr die starren PS (also „Du bist Narzisst und du Histrioniker„) die nach wenigen Kriterien diagnostiziert werden (z. B „Punkte 1, 2 und 6 treffen zu, deshalb bist du jetzt dependent„), sondern die Diagnostik wird umfangreicher und ist dadurch auch viel individueller möglich.

Dazu wird erst einmal geschaut, anhand von allgemeinen Kriterien, ob überhaupt eine PS vorliegt. Im nächsten Schritt kann nun der Schweregrad der PS ermittelt werden und im letzten wird dann das Persönlichkeitsprofil bestimmt.

Warum wurde das geändert?

Das Problem an der „alten“ Diagnostik ist/war, dass der Mensch sich nicht so stumpf in eine beliebige Kategorie pressen lässt. Die wenigstens Betroffenen leiden tatsächlich nur unter einer/haargenau dieser „Störung“, sondern es treten regelmäßig Komorbiditäten auf (also Begleit-/Kreuzerkrankungen). Bei der narzisstischen PS ist es z.B so, dass sehr oft borderline oder dissoziale Symptome mit rein spielen. Gerade aus solchen Gründen gab es deshalb sogar auch sehr oft die Diagnose: „PS, nicht näher bezeichnet„, weil die Ärzte nicht so recht wussten, wohin sie den Patienten überhaupt packen sollen. Was die Therapie aber nicht gerade einfacher machte.

Ebenso sind die unterschiedlichen Ausprägungen ja auch ganz andere. Es gibt z.B 5-6 (ich glaube es waren sogar noch mehr 🤔) unterschiedliche Typen von Narzissmus. Du kannst nicht jeden gleich behandeln. Ähnlich ist es z.B bei der antisozialen PS, wo lediglich 3 von 7 Diagnosekriterien zutreffen mussten. Da bei vielen völlig unterschiedliche Punkte zutrafen, war es logischerweise auch schräg sie in ein und die gleiche Diagnose packen und darauf behandeln zu wollen.

Weiter konnte bisher kein Schweregrad adäquat diagnostiziert werden. Und ☝ was sich auch noch ändert ist die Symptomdauer. Man ging bisher davon aus, dass die Symptome für eine PS ein Leben lang (seit der Kindheit) kontinuierlich auftreten. Dieses Kriterium ändert sich auf „seit 2 Jahren“, was ich tatsächlich auch viel realistischer finde. Das bringt zudem den Vorteil, dass mehr Menschen richtig diagnostiziert und demnach auch richtig behandelt werden können.

Ich finde diese Entwicklung positiv

Ja es ist schon so, dass die verschiedenen Namen für die PS wegfallen (ich geh darauf gleich nochmal ein). Nach ICD-11 hat man dann quasi nur noch eine Persönlichkeitsstörung. Für die Therapie ist aber trotzdem weiterhin ersichtlich, in welchem Bereich man sich befindet (sogar besser als zuvor) und zudem eben auch noch, wie schwer die PS ist. Darauf basierend kann der diagnostizierende Arzt sogar eine relativ gute bzw bessere Therapieprognose abgeben. Ich glaube und hoffe das sich die Therapien dadurch viel persönlicher und erfolgreicher gestalten lassen, als zuvor und das war ja auch der Sinn hinter dieser Neuerung.

Zudem ging es auch ein stückweit darum Stigmata nicht noch länger zu begünstigen. Bei mir wurde damals z.B, wohlgemerkt nach ca. 30min Gespräch und einem Fragebogen, eine Borderline-Diagnose gestellt. Mal abgesehen davon, dass die überhaupt nicht gepasst hat (und ich heute auch nicht mehr habe), hat sie unglaublich viel Schaden angerichtet. Diese Diagnose war für meine Familie und meinen Ex das gefundene Fressen vor Gericht und dem Jugendamt, mir mein Kind wegzunehmen. Das war, als hätte man ihnen ein Geschenk mit riesengroßer, roter Schleife überreicht. Im absolut passenden Moment noch dazu. Die mussten sich nicht mal mehr groß Mühe geben. Gerade Borderline ist beim Jugendamt nämlich DIE Red-Flag Diagnose.

Da konnten sie dann rund um diese Diagnose herum lügen, was das Zeug hält. Von angeblicher Aggressivität (mein Ex: 2m groß, breit und muskelpepackt, meinte z.B ICH hätte IHN geschlagen), Manipulation, das ich nur das Opfer spiele, Lüge, unberechenbar bin, usw. Alles was halt in den Kriterien so zu finden ist. Und das ist schon ein krasses Stigma. Auch Folgeärzte und Therapeuten machten sich gar nicht mehr die Mühe der Diagnostik, sondern übernahmen diese Diagnose einfach, trotz meiner Einwände. Auch die stempeln dich damit nämlich ganz schnell ab. Pauschal. Aus den gleichen Gründen ⬆️.

Und ich denke ähnlich dürfte es auch vielen anderen Betroffenen gehen. Narzissmus ist ja nun mal auch nicht immer gleich Missbraucher. Dissozial ist nicht immer gleich mordende Psychopathie usw. Aber man denkt und assoziiert es eben immer direkt, wenn man hört derjenige hat diese und jene PS.

Was sind die allgemeinen Kriterien für eine PS nach dem ICD-11?

  • überdauernde, starre und unflexible Persönlichkeits- und Verhaltensmuster; abweichend vom gesellschaftlichen Erwarten
  • Auffälligkeiten bestehen mindestens seit 2 Jahren
  • Abweichungen der Persönlichkeit zeigen sich unter anderem in den Gedanken, den Gefühlen, den zwischenmenschlichen Beziehungen und der Impulskontrolle
  • Symptome führen zu Leidensdruck und/oder Beeinträchtigungen des sozialen und beruflichen Lebens
  • Ausschluss anderer Erkrankungen/Einfluss von Medikamenten oder Substanzen

Nun zu den neuen Persönlickeitsdomänen

Es wird ab nun also geschaut in welche Domäne passt der Patient und dabei sind auch mehrere möglich. Das heißt man erhält ein viel genaueres Persönlichkeitsprofil als vorher.

Bindungsschwäche/Distanziertheit

Vermeidung und Unnahbarkeit im sozialen und emotionalen Bereich:

  • Schwierigkeiten beim Ausdruck von Gefühlen
  • emotionale Distanz
  • Distanziertheit
  • fehlen von sozialen Kontakten

Bisherige Bezeichnung:

schizoide PS; vermeidend-unsichere PS

Negative Affektivität

Neigung zu unangemessenen und häufigem Erleben negativer Emotionen:

  • Pessimismus
  • negative Grundhaltung
  • kaum Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
  • starke Ängste
  • mangelnde Emotionsregulation

Bisherige Bezeichnung:

schizoide PS; dependente PS; paranoide PS

Dissozialität

Soziale Interaktionen sind von Selbstbezogenheit und Mangel an Empathie geprägt:

  • Empathiemangel
  • Aggressivität
  • Missachtung der Rechte und Gefühle von Mitmenschen (einschließlich extremer Selbstüberzeugtheit)

Bisherige Bezeichnung:

dissoziale (=antisoziale) PS; narzisstische PS

Zwanghaftigkeit

Verhaltensstil ist perfektionistisch und rigide, Entscheidungsverhalten mit hohen Bedürfnis nach Kontrolle und Absicherung verbunden:

  • Einengung auf starre, perfektionistische Standards
  • Detailversessenheit
  • Kontrolle des eigenen Verhaltens
  • Kontrolle der Mitmenschen

Bisherige Bezeichnung:

zwanghafte PS; dependente PS

Hemmungsschwäche/Disinhibition (Verlust der Selbstbeherrschung) 

Impulsives, ablenkbares und risikofreudiges Verhalten:

  • Verantwortungslosigkeit
  • Unzuverlässigkeit
  • mangelndes Planungsvermögen
  • voreilige Reaktion auf innerliche und äußerliche Vorgänge
  • Impulsivität
  • Ablenkbarkeit

Bisherige Bezeichnung:

schizotype PS; histrionische PS

Optional: Boderline Muster

(Ja, Borderline bleibt eine extra Abteilung für sich 🤷‍♀️)

  • problematische interpersonelles Beziehungsverhalten (z.B problematische Nähe-Distanz Beziehungen)
  • gestörtes Selbstkonzept (wie Selbstverachtung, Gefühl der inneren Leere)
  • dysfunktionale Emotionsregulation (affektlabile, „hyperaroused“ Gefühlswelt; selbstschädigendes Verhalten; Suizidversuche und reaktive Aggressivität als dysfunktionale Mechanismen zur Bewältigung innerer Anspannung)

Bisherige Bezeichnung:

Borderline-PS

Was ich noch mit anhängen will

Ich werde die Beiträge, zu den einzelnen PS auf dem Blog, trotzdem vorerst erstmal stehen lassen. Außerdem sind da auch noch einige übrig, die ich eigentlich auch gerne irgendwann noch angehen wollte. Ich persönlich finde es ganz interessant, diese einzelnen Persönlichkeitstypen näher zu beschreiben und kennenzulernen. Aber mal schauen, ob ich das dann noch mache oder nicht.

Erstmal ist es ja aber auch so, dass sich nicht von heute auf morgen alle Ärzte und Therapeuten, über Nacht, darauf einstellen werden. Müssen sie auch nicht. Ich will jetzt nichts falsches behaupten, aber soweit mir bekannt ist, kann erstmal noch einige Jahre weiter auch nach dem ICD-10 diagnostiziert werden. Logischerweise verschwinden auch all die Begriffe daher nicht von heute auf morgen. Mal abgesehen davon, dass ja auch trotzdem noch unzählige Menschen herumlaufen, die die alten Diagnosen haben.

Trotzdem, sollte ich zu den PS etwas neues veröffentlichen, werde ich natürlich auf die Änderungen im ICD-11 bzw. diesen Beitrag hier hinweisen.

Mein Antrag wurde bewilligt

Ich bin gerade richtig happy 😁

Kam heute mit der Post an.
Es wurde alles bewilligt. Mehr Therapiestunden, Massagen, Kunsttherapie und vor allem der Führerschein! 😁👏
Man muss dazu wissen, dass ich und Anträge normalerweise nicht so gut miteinander auskommen😅. Ständig wird da irgendwas abgelehnt oder ist unnötig kompliziert (hustRehahust), aber das ging echt mega schnell. Ich hab den Antrag Ende September erst eingereicht. Voll toll. Ich freu mich gerade richtig😊.

Ich werde euch in den nächsten Wochen auch einen Beitrag dazu machen, wie man die Gelder beantragt, was man alles dazu braucht, was man beachten muss und wie die Zahlungen dann von statten gehen. Also ich hatte dazu eigentlich schon was vorgeschrieben, nachdem ich ihn ausgefüllt hatte, aber irgendwie fand ich es dämlich „kluge Ratschläge“ zu vergeben, wenn ja nicht mal sicher war ob mein Antrag überhaupt so durchgeht😅. Und das muss ich auch noch überarbeiten und so. Mach ich euch aber auf jeden Fall fertig!

Ich kann jede/n Betroffene/n auch echt nur dazu ermuntern ebenfalls einen Antrag zu stellen (gerade z.B für mehr Therapiestunden oder andere Therapieformen die von der KK nicht unterstützt werden, wie Kunst-, Musik-, Tanz-, Reit- usw Therapie ). Ich hab das nämlich auch ewig nicht machen wollen. Meine Thera. hat mich mich dann letztendlich nochmal dazu angestupst. Und mittlerweile haben sie die Bearbeitungszeit auch geändert. Früher hat das, glaube, manchmal bis zu 2 Jahre dauern können. Das wurde dahingehend geändert, dass der Antrag jetzt innerhalb von 3 oder 4 Monaten bearbeitet werden muss.

Wir, [Ich], Ich, „Ich“, Anteile, innere Personen – Was ist gemeint?

Manchmal verwenden wir hier ein paar komische Zeichen/Bezeichnungen, die vll auf den ein oder anderen erstmal befremdlich wirken können. Daher wollten wir mal eine kurze Legende dazu machen, wann was wie gemeint ist:

[Ich]

Damit bin ich (Franzi) gemeint, die auch sonst den Blog überwiegend verwaltet. Damit drücke ich meine ganz persönliche und eigene Meinung aus.

Ich

Damit ist der Körper als Gesamtperson gemeint bzw derjenige der einfach gerade schreibt. Das ist hier nicht wirklich leicht auseinander zu halten, ob man gerade alleine ist (wo ich nicht mal weiß, ob das überhaupt vorkommt🤔) oder wer man gerade überhaupt ist. So leicht erkennbar wie in manchen Dokus oder in Filmen dargestellt (wo immer nur eine Person da ist und es daher klar ersichtlich ist), empfinde ich das auf jeden Fall nicht. Oft sind wir auch wieder im Leugnen drin, dann fällt logischerweise auch nur der Begriff ICH, egal wer gerade da ist oder vorwiegend agiert. Manchmal regt sich auch nur einer auf oder schreibt etwas aus seiner Perspektive (obwohl vll trotzdem mehr da sind, was man jetzt aber nicht unbedingt checkt), dann fällt ebenfalls der Begriff.

Und, ganz wichtig: wird das ICH generell eigentlich für alles was mit Außenstehenden (vor allem außerhalb des Blogs) zu tun hat verwendet. Du kannst ja nicht in irgendeiner Mutti-Facebookgruppe oder so anfangen ständig in der WIR-Form zu reden 😅. Also kannst’e schon, birgt aber unnötiges Stresspotenzial. Im realen zwischenmenschlichen Gespräch ist da zudem auch eine Blockade drin. Nicht mal vor unserer Therapeutin klappt das mit dem WIR. Beim Schreiben geht das besser.
Außerdem muss und wollen wir auch gar nicht, dass ständig alles ausklamüsert wird (von uns und anderen in der Öffentlichkeit) wer und wie viele nun ganz genau da sind. Wenn’s für [MICH] offensichtlich und gerade relevant ist, dann erwähne ich das schon mal am Rande mit. Aber sonst ist der Körper im Alltag und im Außen (also gegenüber Fremden oder Bekannten) eine Gesamtperson und so agiert bzw redet man auch.

„Ich“

Ich erkläre es am besten an einem Bsp: Ich bin mit anwesend, XY reagiert jedoch sehr forsch auf irgendwas. Im Nachhinein checke ich, dass diese Reaktion gar nicht von [MIR] kam, weiß aber auch nicht wer es war. Wenn ich jetzt über diese Situation z.B schreiben will, kann ich logischerweise weder sagen XY war es (entweder weil ich den Namen nicht sagen will oder eben weil ich es selbst nicht weiß), noch das [ICH] es war, daher dann das „ICH“.

Wir/Uns

Logischerweise ist damit die Mehrzahl von Personen/Ansichten gemeint. Das hat aber nichts damit zu tun, das dann immer auch mehrere gleichzeitig schreiben und sich quasi hin und her schubsen dabei 😅. Zum Beispiel wenn [ICH] schreibe über.. . k.A… Wie toll Blumen sind. Als Bsp. Und 2 andere finden das in dem Moment (oder in einem vorhergehenden, wo wir drüber sprachen) auch, dann spreche ich in der Mehrzahl. Einfach weil es nicht nur meine Ansicht ist. Oder es geht z.B um eine Entscheidung, die nicht alleine getroffen wurde.

Wenn wir in der WIR-Form sprechen heißt das aber nicht ALLE sind der gleichen Meinung. Das wird wohl sehr wahrscheinlich niemals vorkommen 😂🙈. Damit ist wirklich eher gemeint, dass da gerade mehrere die gleiche Ansicht haben. Die stehen dann da übrigens auch nicht in Reih und Glied und sagen ihr Zeugs, oder so. Ich weiß auch selten genau, was von wem kommt (so gut ist die Kommunikation nämlich noch nicht wirklich). Manche werfen einfach ihren Senf dazu ein und andere teilen sich z.B über ein Gefühl mit. Und dann geht ICH sagen halt manchmal schwer, weil du einfach in dem ganzen Thema gerade nicht allein denkst oder entscheidest.

WIR kann aber auch heißen, es sind gerade bewusst wirklich mehrere da/gleichzeitig aktiv. Oder wenn es z.B um so Themen geht wie „unsere Wohnung, unser Körper, unsere Mutter, usw.“ – Es ist nach wie vor nur ein Körper, logischerweise bewohnen wir also auch alle die gleiche Wohnung, etc.

Warum sagen wir Anteile?

Letztens wurde kommentiert, dass dieser Begriff im Rahmen der Dis eher nicht so passend ist. Und der Sinn dahinter ist für mich klar nachvollziehbar: Anteile hat jeder Mensch, nur sind sie bei der (p)Dis soweit abgespalten, dass sie ein eigenes Bewusstsein entwickelt haben. Und ja, mich nervt es auch, wenn jemand sagt: ,,Ach, das haben wir doch alle“ – Ja ne, habt ihr eben nicht. Das ist etwas komplett unterschiedliches.

Zur Unterscheidung: [ICH] kann auch verschiedene Rollen haben. [ICH] kann witzig oder traurig sein. [ICH] benehme mich privat anders, wie bei öffentlichen Terminen, usw. Das sind unterschiedliche Rollen, die man einnimmt – Ja, hier kommt auch nicht für jeden Schrips ein anderer raus. Wenn jemand anderes aber kommt, dann ist der kein Zuhause-Ich oder Arbeits-Ich, sondern eine eigenständige Persönlichkeit mit eigenem Denken, Fühlen und Handeln. Er ist keine Rolle von [MIR] selbst, sondern jemand eigenständiges mit Bewusstsein.
Dahingehend ist uns auch oft schon der Begriff „Mensch/en“ über den Weg gelaufen, also das einige diesen in dem Zusammenhang lieber mögen. Da würden wir zustimmen, da das jedem Anteil seine eigene Lebendigkeit zuspricht und nicht zu etwas kaltem, klinischen herabstuft.

Warum sagen wir nun also trotzdem vornehmlich „Anteil/e“?

Aus 2 Gründen:

  • 1. Sind wir trotzdem alle nur ein Teil von einem Gehirn. Jeder von uns ist ein (An)Teil eines Gehirns und eines Körpers. [MICH] eingeschlossen. Daher finden wir den Begriff „Anteile“ gar nicht so unpassend. Jemand natürlich stumpf nur als Anteil zu bezeichnen nimmt ihn durchaus die Lebendigkeit. Definitiv. Da stimmen wir zu. Etwas ähnliches meinte ich ja schon mal, als ich über die verschiedenen „Rollen“ wie Beschützer, usw. geredet habe. Keiner von uns ist ja nur ein Begriff, eine Aufgabe, Anhängsel o.ä, sondern wir haben ein Bewusstsein. Und nur weil wir alle Teil eines Gehirns (also etwas Materiellen) sind, nimmt uns das ja nicht in irgendeiner Form die Lebendigkeit. Einer Einzelperson, mit Bewusstsein, die auch nur auf das eine Gehirn zugreift, würde man diese ja schließlich auch nicht absprechen. Letztendlich und da kommen wir zu Punkt …
  • 2. Ist dieser Begriff aber auch der für andere am leichtesten zu verstehende. Ich rede auf dem Blog ja nicht nur über (p)Dis. Das findet ja erst in letzter Zeit viel mehr Beachtung, weil ich mich endlich damit ansatzweise arrangieren kann. Heißt: Es sind hier auch nicht nur Menschen unterwegs, die automatisch wissen, was ich gerade meine. Und ich finde, ich kann anderen Leuten (die also nicht betroffen sind oder dieses Thema regelmäßig verfolgen) nur schwer verständlich machen, was ich meine, wenn ich von anderen „Menschen„, etc. rede. Nicht weil das falsch wäre, sondern weil ich dann das Gefühl habe, in jedem Text zu viel extra erklären zu müssen. Also wann sind reale außenstehende Personen gemeint, wann innere usw., zumal wir ja auch keine Namen von den anderen nennen.

Also kurz: Wir finden den Begriff „Anteil“ für andere am leichtesten zu verstehen und auch nicht gänzlich unpassend.

Innere Personen

Wenn ich ganz ehrlich sein soll, mag ich diese Bezeichnung gar nicht. Mir fällt nur immer nix anderes dafür ein. „Innere Personen“ suggeriert irgendwie, dass sich alle nur „drin“ aufhalten, während [ICH] hier draußen alles manage und das ist Schwachsinn. So gesehen ist jeder eine innere Person, sobald er nicht „draußen“ unterwegs ist. Auch ich. Der Einfachheit halber und um für andere verständlich zu machen, was gerade gemeint ist, benutzen wir diesen Begriff aber trotzdem. Vll fällt uns ja irgendwann noch was besseres ein…

(Erzwungene) Soziale Isolation

Ja, der Titel ist irgendwie kacke, aber mir fiel kein passenderer ein 🤷‍♀️. Im Beitrag von vor ein paar Wochen „Wie Selbstbestrafung auch aussehen kann“ (die beiden Beiträge hängen also zusammen) meinte ich ja, dass ich nochmal auf das Ding mit der sozialen Isolation, in Bezug auf Selbstbestrafung, näher eingehen möchte.

Edit: Ich les das gerade Korrektur und dabei fällt mir auf, dass ich schon wieder dermaßen um den heißen Brei herumrede. Es geht kurz und einfach um andere (innere) Personen, die ein Problem mit manchen Themen haben.

Naja, wollen ist die eine Sache

Können die andere. Nein, nicht weil mal wieder ,,Das daaarfst duu nicht maachen“ (stellt euch das bitte total theatralisch gesagt vor, wie in so einem schlechten Hollywoodstreifen – Ja ich werd schon wieder fies 🙈) kommt. Nö, eher hätte ich das wohl gleich abtippen sollen. Wenn dann einige Zeit ins Land gegangen ist, habe ich so gut wie keinen Zugang mehr zu dem was da ablief (brauch also auch gar keiner sagen ,,Sei mal still“ ). Also schon. Ich notiere ja auch immer so ein paar Sachen, während solcher Phasen. Aber irgendwie auch nicht.

Stellt euch meinen Kopf wie eine große Schublade vor, in der sich ganz viele Aktenorder befinden, die mit Karteikarten von einander getrennt sind. Während so einer „Phase“ befinde ich mich im Aktenordner XY und dann springe ich einfach wieder 3 Aktenordner zurück in den „Alles ist doch total normal. Gibt’s etwa ein Problem?“ . Und hier in dem Ordner ist alles so chillig (okay, jetzt übertreibst du), dass ich gar kein Verständnis mehr dafür hab, was in Aktenordner XY so schlimm gewesen sein soll. Versteht diesen Vergleich einer?🤔

Naja, ist ja auch Wurst. Wir tun alle einfach so als ob. Ich hab mich auf jeden Fall entschlossen eine E-Mail von uns (an unsere Thera.) hier zu veröffentlichen. Dann kann ich danach nämlich näher drauf eingehen. Das macht es ein bisschen leichter, einen Faden zu finden. Selbstverständlich (oder leider, je nachdem ob aus unserer oder eurer Sicht gesehen) habe ich die Mail zensiert. Erstmal habe ich sie gekürzt und dann die wichtigen Stellen mit „(…)“ ersetzt. Ihr könnt sie dann mit lesen oder auch nur den anderen Teil. Ich denke eine Triggerwarnung braucht es aber nicht.

Die Mail (1. Teil)

,,Hallo Frau (…),
ich versuche das was die letzten Tage los war irgendwie einmal zusammenzufassen. (…)
Am Mittwochmorgen zeigte es mir auf Facebook eine Erinnerung an, von einem Beitrag den ich letztes Jahr postete. Es ging um einen Text von Frau Huber, der sich um (…) drehte. Ich mag gerade nicht näher darauf eingehen. Und ich weiß nicht genau, was dann der ausschlaggebende Grund war, warum oder was da genau passierte. Ich war auf jeden Fall sehr getriggert. Meine Körper fühlte sich an, als würde er brennen, meine Haut fing an zu jucken und es fühlte sich an, (…) Aber das rollte alles langsam an und kam nicht schlagartig.

Ich tippte dann einfach ins Handy ein, was im Kopf los ging. Welche Worte und Gedanken sich immer wiederholten und veröffentlichte das, ohne drüber nachzudenken, auf dem Blog. Normalerweise bereite ich alle Beiträge vor und lese sie mehrmals Korrektur, bevor ich sie öffentlich stelle. Aber da tippte ich einfach auf veröffentlichen, weil mir das in dem Moment so richtig vorkam. Weil es einmal so echt war und nicht mit so vielen Filtern überzogen und verpackt.

(…) Das ich das veröffentlicht habe, war, glaube ich, nicht so gut. Ich bekomme die genaue zeitliche Abfolge bzw. was was ausgelöst hat aber nicht mehr so gut auf die Reihe, daher versuche ich das einfach niederzuschreiben wie ich es im Kopf habe. (…) Wir sind dann jedenfalls raus. Und ich lief so schnell es nur ging. Sodass es bereits weh tat. Ich wollte das es weh tut. Und dann hab ich irgendwie einen Hänger im Kopf.“

Kommentar dazu

Es ging um einen Post den ich veröffentlichte (ist mittlerweile wieder rausgenommen). Das war ne unüberlegte Handlung, ich weiß auch gar nicht warum ich das gemacht hab. Ich hab das später noch versucht zu retten, indem ich noch etwas dazu schrieb. Mit eher mittelmäßigen Erfolg. Allerdings weiß ich bis heute nicht, was so dramatisch daran war, aber gut. Der war aber nicht der Auslöser. Das hat irgendwie alles komisch zusammengespielt und lag wahrscheinlich eher daran, dass ich mich mit einem bestimmten Thema gedanklich „zu viel“ auseinandergesetzt habe bzw. es kurzzeitig tatsächlich ernsthaft in Betracht zog. Naja egal, weiter im Text…

Die Mail (2. Teil)

,,Als (…) da war, kamen mir manchmal Sachen komisch vor. Schon im Sommer habe ich das beobachtet. Also, also ich komm mir so dämlich vor darüber überhaupt nachzudenken. Ich weiß nicht, er wusste so oft Dinge gar nicht mehr und er war so oft einfach ein anderer (…) und dann wieder ganz normal und ja keine Ahnung. Ich fand einfach Dinge komisch. Und an irgendeinem Abend ging mir auch (…) so durch den Kopf und so Sachen eben. Und ich weiß nicht mehr ob ich am Mittwoch, also am gleichen Tag wie oben, auf diesen Gedanken kam oder vorher. Es fühlt sich an, als hätte ein Sturm in meinem Kopf gewütet und jetzt liegt nichts mehr da, wo es mal lag oder liegen sollte.

Ich hoffe das Sie irgendwie verstehen worauf ich vllt. hinauswill / was ich meine. Ich kann das nicht sagen oder ausschreiben. Bei dem Gedanken daran, kommt da gerade unheimlich viel Scham auf, aber das löst auch noch mehr aus. Ich muss das irgendwie versuchen nur anzureißen.

Auf Instagram folgt mir und folge ich einer Betroffenen, die auch eine Dis hat (…). Ich weiß nicht warum ich das gemacht habe, aber mir fiel niemand anderes ein, den ich hätte fragen können. Also jemand der so direkt betroffen ist. Ich hab gar nicht viel geschrieben, nur kurz angerissen um was es mir geht und wie und ob überhaupt man sowas überhaupt bei (…) merken kann. (…) Ihre Antwort war sehr freundlich und sie hielt sich auch sehr an der Oberfläche auf. Da war also nichts schlimmes (…) Nach ihren Antworten wimmelte ich sie jedoch, so gut es ging, gleich wieder ab und sagte das ich nicht näher darauf eingehen will und da auch nichts ist. Ich weiß nicht, ich hätte nicht schreiben dürfen und ich weiß auch nicht warum ich das gemacht habe. Und ich weiß auch nicht warum ich das ausgerechnet an diesem Tag machen musste.

Auch hier fehlt mir die zeitliche Abfolge. Im Kopf jedoch ging ein totales Chaos los. Und ich verstehe das nicht. (…) Aber nachdem ich dieser Frau geschrieben habe, ich weiß nicht, vllt. war es zu konkret was ich angesprochen habe, wirklich ich weiß es nicht, aber da ging ganz viel los.
(…) ,,Nie mehr darfst du dich mit anderen so austauschen. Nie mehr. Gar nicht mehr mit ihnen schreiben. Du kannst nicht mit anderen in Kontakt treten. Schäm dich. Du lügst. Du lügst jeden an und alle merken es.“ (…)
Ich kann mich nur mit Mühe und Not zusammenreißen und nicht den ganzen Blog löschen. Ich will das nämlich nicht. (…) Aber diese Gedanken mit niemand mehr zu sprechen sind überwältigend. Es ist kein Verbot. (…) Das ist anders. (…) fühlen sich an, als kämen sie von mir selbst. „

Kommentar dazu

Ja da ging es um eine Sache, die ich auch hier nicht näher erläutern werde. Nachdem ich geschrieben hatte, ging es zwar richtig los, aber ich glaube das war nur das Tröpfchen, was das Fass zum Überlaufen brachte. Es ging wahrscheinlich um das Thema, das da im Kopf präsent war. Mittlerweile hat sich einiges wieder gelegt und mir ist auch wieder klar, dass mir Gedanken daran auch schon einige Zeit vorher kamen. Immer mal wieder. Und ich weiß nicht, ob der Trigger vorher diese Gedanken dann so konkret im Kopf gemacht hat oder was es nun war. Auf jeden Fall ging hier ganz schön was los und ich hatte immer weniger Kontrolle. Jetzt ist alles wieder ganz weit weg geschoben und auch emotional total abgekapselt. Also alles wieder chillig. Oder, naja, so in der Art jedenfalls.

Was ich da auch anspreche ist das, was im Kopf abgespult wurde. Mit „es ist kein Verbot“ meinte ich, dass niemand sagt „Du du du☝ , dass darfst du aber nicht“ . Mir war bewusst das diese Gedanken nicht von mir kommen, sie wurden aber so rüber gebracht, als kämen sie von mir selbst. Das ist echt scheiße zu beschreiben. Und die waren nicht primär darauf ausgelegt mir zu erzählen wie kacke ich bin. So wie ich das oft von den üblichen Beleidigungen und Beschimpfungen kenne. Die haben durch ihre Worte/Gedanken eher zu einer Trennung zur Außenwelt hin geführt. Ich versuch’s gleich nochmal besser zu erklären. Das ist echt doof zu beschreiben irgendwie.

Die Mail (3. Teil)

,,In Folge kam auch das Leugnen wieder so stark. ,,Nichts ist echt. Nichts von alle dem.“ (…) Als wir uns gestern gesehen haben war das so laut im Kopf. ,,Das ist alles eine Lüge. Ich lüge. Und ich brauche keine Therapie. Das ist Schwachsinn.“ Ich weiß nicht warum ich trotzdem hinkomme. Ich glaube, weil ich nicht aufhören will in die Therapie zu kommen. Aber ist das nicht wieder ein Beweis für meine Lügen? Wenn es so schlimm wäre, käme ich nicht mehr. Und dann muss ich an meine Familie denken. (…) Gerade die Paranoia macht mir momentan sowieso starke Probleme, da mir manche Dinge wieder hochkamen, wie z.B die Emails meiner (…) damals oder auch das mein (…) genau dem Tag, nachdem ich den Antrag für den Fonds ausgefüllt habe, aufkreuzte usw. (…)

Und ich möchte gerne mit Ihnen darüber reden (…)
Als ich dann gestern bei Ihnen saß wollte ich so viel ansprechen und sagen, aber es ging nicht. Also es ging wirklich nicht. Ich will es sagen und ich habe die Worte im Kopf, aber sie gehen nicht über meine Lippen. Da zu sein fühlte sich schon so falsch an. Und als wir dann draußen waren und ich neben Ihnen lief, ging es die ganze Zeit in meinem Kopf: ,,Feind. Feind. Feind.“.
Ich weiß, dass Sie nicht mein Feind sind, aber ich weiß nicht was ich gegen diese Gedanken, und das was sie in meinem Körper auslösen, tun soll und wenn ich leugne, dann richtet das aber auch soviel in mir an. So viel Selbsthass. Der ist kaum erträglich.

Ich komme nur aus allem raus, wenn ich zurück in meine Filterblase rutsche, wo alles nur ein Spiel ist und alles nicht echt. Nicht real. Und wenn ich mit Ihnen rede, also das was wirklich los ist, dann kann ich nicht in dieser Blase bleiben und dann geht das im Kopf wieder los. Und ich weiß nicht, wie ich das stoppen kann. Wenn ich mit anderen rede, so über das Echte was gerade los ist, nicht über das Freigegebene, dann löst das etwas aus, über das ich nicht weiß, wie Herr darüber werde. Wie ich dann weiterleben soll. Es übernimmt einfach meine Gedanken und Gefühle.

Es ist wie eine Parallelwelt. Eine Welt, in der ich und meine Gedanken jetzt existieren, aber diese fühlt sich so oberflächlich an. Dort fühle ich mich so einsam, weil ich mit niemand reden kann und wo mich niemand wirklich kennt. Und eine, wo meine echten Gedanken sitzen, aber die darf ich nicht betreten. Vllt. will ich es auch nicht. Aber vllt. will ich es nur nicht, weil dann sofort dieses Chaos im Kopf los geht. Aber vllt. bin ich auch ein zwanghafter Lügner. So oder so möchte ich, dass das weg geht, aber ich weiß nicht wie. Wirklich nicht. Immer wenn Sie mit etwas anfangen, was mein Innerstes betrifft, baut sich diese große Mauer auf und da kommt soviel Scham. Ich weiß nicht, wie ich das ändern kann und das löst wieder soviel Ohnmacht und Verzweiflung in mir aus. (…)“

Was war da denn nun los?

[Nur kurz zu oben noch: Weil in der Therapiestunde halt gar nichts ging, sind wir zusammen raus spazieren und im obersten Absatz geht es um Familienmitglieder. Zu dem Familienmitglied bzgl des Fonds bestand bis dato, seit einiger Zeit, kein Kontakt mehr. Nun allerdings wieder.]

Das war wie ein Domino-Effekt. Erst wurde ein Stein umgeworfen und dann fiel einer nach dem anderen. Wie eine Lawine im Kopf, die los geht und mich komplett überrollt und mitzieht. Es geht dann mit „harmlosen“ Dingen los, wie Gedanken z.B das ich mit niemanden reden darf. Aber das sind nicht die typischen „Halt deinen Mund“ -Dinger, so wie wenn es eine Person „neben dir“ sagt, sondern das ist überwältigend. Das kapert meinen ganzen Kopf und Körper. Und umso mehr ich dann versuche mit jemand in Kontakt zu treten (wie z.B meiner Therapeutin), umso intensiver wird das. Und ich bringe dann auch kein Wort raus, selbst wenn ich es noch so sehr will. Auch das Leugnen spielte plötzlich wieder eine große Rolle (obwohl das längst besser war).

Da gibt’s dann keine anderen (inneren) Personen mehr, denn dazu bräuchte man ja ein Trauma. Und man glaubt am besten, dass man gerade auf dem totalen Holzweg ist, sich Sachen einbildet und total irre ist, wenn man noch nie ein Trauma erlebt hat, oder nich? Wie gesagt: Mir war das parallel dazu aber alles bewusst und das da gerade irgendwas komisches abgeht, aber ich hatte keine handhabe mehr darüber. Das geht dann weiter (also wenn ich von einen Thema/Vorhaben z.B nicht ablasse), dass ich mich selbst verletzen will oder auch tue, bis hin zu starken Selbstmordgedanken. Ähm … und wo ich halt auch nicht weiß, ob es da letztendlich eine Grenze gibt. Vll nachvollziehbarerweise versucht hier aber auch keiner wirklich auszutesten, ob es eine Grenze geben könnte.

Und was hat das jetzt mit der Isolation zu tun?

Das begrenzt sich eben nicht darauf, dass ich dann nur über ein bestimmtes Thema nicht reden kann. Ich spüre richtig, wie sich eine Mauer zwischen mir und der Außenwelt reinschiebt. Trauma-Betroffene fühlen sich generell von anderen getrennt und nicht mit ihnen verbunden. Das ist auch hier ein üblicher Zustand. Aber die meiste Zeit bekommen wir zumindest so ein gewisses Level hin. Dann geht aber gar nichts mehr. Es kommt diese unglaubliche Überzeugung, dass es furchtbar schädlich ist, mit jemand Kontakt zu haben. Das wird mir nur schaden.

Man darf das aber nicht verwechseln: Meine Alltagsmaske (für andere) funktioniert trotzdem weiterhin (fast) fehlerfrei. Ich kann Smalltalk halten (wenn unbedingt nötig), Witze reißen usw. Ich kann bei allem bleiben, was oberflächlich und kurzweilig ist. Aber wehe es geht an irgendwas anderes. Das braucht auch überhaupt nichts mit dem Thema zu tun haben. Ich wollte meiner Freundin z.B etwas anderes sagen, was mir auf dem Herzen lag. Aber sofort bröckelte die all-days-smiley-Maske und ich bekam kein Wort mehr heraus. ,,Nicht reden. Das ist schwach. Du musst JETZT nach Hause.“ (➡ Ich war bei ihr zu Besuch – Ein Abend den ich dann auch wirklich bereute. Wir hatten wieder D&D-Abend und da der nur so selten stattfindet und sich alle drauf freuen, wollte ich nicht absagen. Das ging dann am laufendem Band, sodass die Gesellschaft der anderen Leute teilweise fast unerträglich wurde und ich am liebsten heulend rausgerannt wäre.)

Es kommt einfach diese überwältigende Überzeugung auf, dass es das Beste und Gesündeste für mich ist, jegliche Kontakte auf ein absolutes Minimum zu begrenzen. Kontakte sind nicht gut. Kontakte sind böse. Und bloß nicht den Mund aufmachen, dann zeigen dir die Kontakte nämlich wie böse und schädlich sie wirklich sind … Ja, das trifft es so in etwa. Heute, jetzt und hier, bin ich übrigens der Meinung das ich da total übertreibe. So schlimm wars gar nicht. Ne kurze Down-Phase: ,,Pff, mach mal nicht so ein Drama draus“ – Tja 🤷‍♀️😏

9 Formen von Amnesie

Was ist Amnesie?

Das Wort Amnesie leitet sich aus den griechischen Begriffen “a” (nicht, ohne) und “mnesis” (Erinnerung) ab und steht für einen Gedächtnisverlust.

Meistens wird die Amnesie durch etwas bestimmtes ausgelöst und ist zeitlich begrenzt. In seltenen Fällen kann es aber auch dazu kommen, dass sich die Erinnerungen nie wieder einstellen.

Ursachen für Amnesien

Organische:

  • Schädel-Hirn-Trauma
  • Alkohol-, Medikamenten- oder Drogenmissbrauch
  • Vergiftungen
  • Gehirnerschütterung
  • Migräne
  • Demenz
  • Epilepsie
  • Schlaganfall
  • Hirntumor
  • Gehirn- und Hirnhautentzündungen
  • Herzstillstand
  • organisch bedingte psychische Störungen
  • Mangelernährung ( Thiaminmangel)

Psychische:

  • extreme Stressbelastung (psychisches Trauma)
  • Psychosen

Formen von Amnesien

1. Anterograde Amnesie

So sogenannte vorwärtswirkende Amnesie kommt am häufigsten vor. Dabei ist das Kurzzeitgedächtnis gestört und Betroffene können neue Gedächtnisinhalte nur noch schwer abrufen. So werden neue Sachen oft schon nach 1-2 Minuten wieder vergessen. Im Prinzip wird also alles vergessen, was nach der Ursache für die Anterograde Amnesie passiert.

Meist kennt man diese Form der Amnesie aus dem Bereich der Demenz und Alzheimer. Dort wird sie also durch neurodegenerative Krankheitsprozesse verursacht. Als weitere Ursache kommen aber auch Läsionen im Gehirn (z.B durch Kopfverletzungen oder Schlaganfälle ausgelöst) in Frage, sowie Nervengifte.

2. Kongrade Amnesie

Bei der kongraden Amnesie existiert eine Amnesie für das schädigende Ereignis selbst (psychisch oder physisch). Dabei erinnert man sich aber trotzdem noch an alles vor dem Ereignis und auch an alles danach.

3. Retrograde Amnesie

Betroffene erinnern sich hier an nichts mehr was vor dem auslösenden Ereignis stattfand. Man kann sich z.B absolut nicht mehr daran erinnern, was vor einem Unfall geschah und was ihn überhaupt ausgelöst hat. Oft ist die retrograde Amnesie zeitlich begrenzt und Betroffene bekommen ihre Erinnerungen bereits nach wenigen Minuten, Stunden oder Tagen zurück.

Auslöser für eine retrograde Amnesie könnten z.B traumatische Erfahrungen sein (also starker psychischer Stress) oder auch Infektionen. Genauso könnten aber auch eine Mangelernährung (Korsakow-Syndrom), ein Schädelhirntrauma oder neurochirurgische Eingriffe in Frage kommen.

4. Transiente globale Amnesie

Bei der transienten globale Amnesie kommen die anterograde und retrograde Amnesie zusammen. Diese Form der Amnesie tritt meist schlagartig auf und Betroffene können sich meist an nichts mehr aus der nahen Vergangenheit erinnern (retrograd). Ebenso nehmen sie keine neuen Inhalte mehr auf bzw. können sich diese nicht mehr merken (anterograd). Meist wissen die Betroffenen noch wer sie selbst sind, können sich aber nicht mehr erinnern wo sie sind und wie sie da hin kamen.

Als ich vor ein paar Jahren retraumatisiert wurde, brachen plötzlich die Blackouts durch und wurden für mich bemerkbar. Vorher (und leider auch heute oft wieder) habe ich die einfach nicht bemerkt (Amnesie für die Amnesie). Logischerweise fand ich das damals ziemlich gruselig und hab im Internet gesucht und geschaut, was denn mein Problem sein könnte. Ja und da bin ich auf die transiente globale Amnesie gestoßen. Ich habe da z.B über eine Frau gelesen, die in ihrem Auto saß und das noch sicher eingeparkt und abgestellt hat. Sich aber weder daran, noch an die Zeit vor dem Einparken oder danach erinnern konnte. Der fehlten einfach mehrere Stunden.

Deshalb dachte ich, dann kann ich nur das haben (Spoiler: War nicht so😅). Die transiente globale Amnesie ist nämlich auch nichts schlimmes. Die hört sich total gruselig an, hat aber (soweit bisher bekannt) keine schlimmen Ursachen oder Folgen. Von daher hatte ich eine Erklärung für die Blackouts, hatte auch keine Angst mehr das es etwas schlimmes sein könnte und hab’s deshalb dann halt einfach so hingenommen und auch nicht untersuchen lassen o.ä. Ab und an hab ich halt mal nix mehr mitbekommen – Gehörte dann eben einfach zu mir.

Sie kann übrigens zu Amnesien von 1-24h führen und kommt bei den meisten nur einmalig vor. Außerdem bleiben, bis auf die Amnesie für diesen Zeitraum, keine Schäden zurück.

5. Globale Amnesie

Sie gilt als die schwerste Form der Amnesien. Auch hier kommen anterograde und retrograde Amnesie zusammen, also es besteht sowohl keine Erinnerung mehr an die Vergangenheit und zudem können auch keine neuen Erfahrungen mehr abgespeichert werden. Gespeicherte Abläufe die vor der Amnesie erlernt worden, wie Fahrrad- oder Autofahren, können die Betroffenen aber meist noch ausführen.

In ihrer vorübergehenden Form kennt man sowas nach zu viel Alkohol oder auch durch Drogen- oder Medikamentenmissbrauch (Benzos z.B).

6. Amnestisches Syndrom (Korsakow-Syndrom)

Dabei ist das Langzeitgedächtnis gestört, weshalb sich Betroffene nicht mehr an länger zurückliegende Ereignisse erinnern können. Aber auch das Kurzzeitgedächtnis kann ebenfalls gestört sein, weshalb manche dann Neues nicht mehr richtig lernen können. Sie haben Probleme sich zeitlich zu orientieren und wirken oft auch desorientiert. Gewohnte Handlungsabläufe stellen dabei meist jedoch kein Problem dar. Viele Patienten füllen ihre Gedächtnislücken dann auch mit erfunden Material.

Meist tritt diese Form der Amnesie bei Langzeitalkoholikern auf, aber auch Erkrankungen des Gehirns können eine Ursache dafür sein (organisch amnestisches Syndrom).

7. Infantile und Puberale Amnesie

Von der infantilen Amnesie sind die allermeisten Menschen betroffen. Bei ihr geht es nämlich darum, dass man alles vergessen hat, was vor dem 3. Lebensjahr passiert ist.

Die puberale Amnesie ist jedoch schon etwas spezifischer. Bei ihr wird alles vergessen, was sich um sexuelle Inhalte vor der Pubertät dreht. Jugendliche vergessen dabei also beim Eintreten und fortlaufen der Pubertät, dass sie jemals Doktorspiele gemacht haben oder sich anderweitig mit sexuellen Inhalten beschäftigten. Aber auch das Vergessen/Verdrängen eines erlebten sexuellen Missbrauchs zählt mit dazu.

8. Psychogene (dissoziative) Amnesie

Die dissoziative Amnesie ist eine Unterform der kongraden Amnesie, bei der ein traumatisches Erlebnis und/oder ein hohes Stresslevel Ursache für das Nicht-Erinnern ist. Autobiografisches wird schneller vergessen, Allgemeinwissen bleibt wiederum verfügbar. Dabei kommt es meist also auch zu einer retrograden Amnesie, eine anterograde fehlt jedoch. Neues kann also ganz normal aufgenommen und abgespeichert, altes jedoch nicht mehr abgerufen werden. Dabei kann die Amnesie von wenigen Sekunden oder Minuten bis hin zu mehreren Jahrzehnten reichen.

Wie das Gehirn so etwas überspielen und einem vorgaukeln kann, dass man sich an alles erinnern würde, habe ich in „Falsche Erinnerungen“ schon mal beschrieben. Mir fiel das tatsächlich erst im Laufe der letzten 2 Jahre richtig auf, WIE VIEL mir eigentlich wirklich fehlt.

9. Amnesien zwischen dissoziativen Persönlichkeitsanteilen

Das ist nochmal ein bisschen was anderes, als die dissoziative Amnesie. Die Anteile sind zwar ebenfalls durch dissoziative Barrieren von einander getrennt, welche einmal durch traumatische Erlebnisse entstanden. Jedoch kommt es dann später zur Amnesie („Blackout“) wenn die Anteile untereinander wechseln (eben weil sie durch diese Barrieren getrennt von einander sind) und nicht nur, wenn etwas traumatisches passiert. Das ist also anders, als bei der kongraden, retrograden usw.

Guckt, stellt euch die dissoziativen Wände im Gehirn und zwischen den Anteilen jetzt einmal wie die Wände in diesem Parkhaus vor. Auf jeder Parkebene steht ein Auto und links ist für alle der Ausgang. Den Ausgang stellen wir uns jetzt als das „vorn/draußen“ sein vor. Auf dem linken Bild kann das untere Auto nach vorn fahren. Für diese Zeit, wo das untere Auto raus fährt, parkt das obere und bekommt nichts mit.

Und das gleiche auf dem rechten Bild. Dort muss das untere Auto warten, während das obere Auto rausfahren kann und auch nur das obere Auto in diesem Moment mitbekommt, was sich draußen abspielt. Das untere kanns ja nicht mitbekommen, da es drinnen parkt und durch die dicke Wand nichts sehen kann. Wenn wiederum zwischen manchen Parkebnen/Autos die Wände Löcher haben, wie bei einem Gitter z.B, dann kann es sein, das auch das Auto das noch drin parkt ein bisschen was von dem mitbekommt, was das andere Auto „draußen“ erlebt.

Ohwei, war das Beispiel jetzt überhaupt nachvollziehbar 🤔😅?

Erkenntnis des Tages: Man darf sich nach einer Vergewaltigung schlecht fühlen

Woooar, ja man. Darf man. Krass, oder? Also genau genommen ist das sogar eine normale Reaktion. Eigentlich. Denk ich.

Ich hab letztens was von einer Frau gelesen, die KO-Tropfen erhielt und vergewaltigt wurde. Und hey, ich weiß rational wie schlimm das ist und ich weiß auch rational, wie ich mich fühlen müsste. Aber eben nur rational.

Ich las das da jedenfalls und wisst ihr was mein erster Gedanke war?: ,,Ach die wurde betäubt? Und deswegen macht die so ein Fass auf?

Bitte versteht das jetzt nicht falsch: Das ist schlimm! Es gibt da kein weniger oder mehr schlimm! Mich ekelte dieser Gedanke deshalb selbst an. Und ich empfinde das auch nicht wirklich so. Ganz im Gegenteil hatte ich durch das lesen, wie andere Personen damit umgehen, voll die Erkenntnis: ,,Ja, sowas ist scheinbar doch schlimm. Du darfst dich schlecht fühlen“ . Warum ich dazu aber erst so eine „Erleuchtung“ brauche, das ließ mir selbst keine Ruhe…

Versuchen wir den Einstieg…

,,Deshalb macht die so ein Fass auf?“ – Passt auf, ich kann das nur am besten an dem Beispiel erklären, was ich selbst (wenigstens rational) miterlebt habe und mir in Erinnerung ist. In meine KO-Tropfen Erfahrung schilderte ich den Tatverlauf dazu schon einmal grob. Es ging um einen sehr nahen „Freund“ , der mich damals in diese Wohnung brachte. Es ging um mehrere Männer, um KO-Tropfen. Um das scheinbare Problem der Männer, dass ich damals trotz allem irgendwie in die Nebenwohnung fliehen konnte und um sehr wahrscheinliche Aufnahmen von mir. Trotz gefühlt tausend Indizien konnte ich damals nur glauben was passiert ist, weil es eine Zeugenaussage, die merkwürdigen Reaktionen der Beschuldigten und Aussagen/Informationen meiner „Freundin“ und anderer Betroffener gab (dazu später mehr).

Rational weiß ich von Anfang an, dass es nicht okay ist Frauen (oder generell Lebewesen) gegen ihren Willen zu benutzen. Der einzige Grund, warum ich damals aber zur Polizei ging war der, das ich nicht die Einzige war. Es gab andere Frauen und Mädchen. Einige davon waren noch Kinder. Kaum 11 Jahre alt. Der einzige Grund damals zur Polizei zu gehen war für mich der Gedanke: ,,Diese scheiß Junkies, die über mehrere Städte agieren, machen das doch nicht eigenständig. Jemand muss sie für die Aufnahmen bezahlen (mit guten Drogen, Geld, what ever). Eine Win-Win-Situation: Die haben ihren Spaß, genug Drogen und die „anderen“ ihre Ware.

Der Versuch sich zu wehren

Ich habe ein Mädchen kennengelernt: Sie war damals gerade 14/15 (oder war sie jünger, älter? Was weiß ich) . Missbrauch erlebte sie bereits in der Familie. Nichts unnormales also für sie. Ihre Mutter war Heroinsüchtig. Höchstwahrscheinlich wurde diese selbst schon missbraucht, bevor dann die Tochter dran war. Die Mutter brachte die Tochter dann in die Kreise. Als wir sie kennenlernten, kam sie gerade von einem Mann, der ihr den Unterkiefer zertrümmert hatte. Sie wurde wie ein Hund auf dem Sofa gehalten. Nun war sie „frei“ . So „frei“ wie sie war, kam sie zu ihrer neuen „Familie“ . Sie bezeichnete diese Männer zumindest als ihre Familie.

Männer von denen sie wusste, dass sie sie regelmäßig betäuben und missbrauchen. Aber sie bekam ein Dach über dem Kopf, Drogen und es waren die einzigen Menschen die ihr „zuhörten“. Dafür opfert man eben mal das ein oder andere. Wenn man es nicht anders kennt, ist es auch nicht so schlimm, wie für jemand er das nicht gewohnt ist. Nein, das ist ausnahmsweise mal nicht sarkastisch gemeint.

Sie war nicht die Einzige. Es gab Mädchen die nie wieder hin gingen. Es gab Mädchen die dort blieben, weil sie sonst Obdachlos gewesen wären und es gab Mädchen, die aktiv mitwirkten. Allen blieb eins gleich: Keine sprach darüber. Keine wollte (oder konnte) etwas sagen oder dagegen unternehmen. Stattdessen wandten sie sich gegen mich. Ich war die Lügnerin. Die Schlampe, die es mit jedem treibt (ja da passierte was, aber doch nur weil ich es so unbedingt wollte!). Ich wurde ausgeschlossen, ausgegrenzt und diffamiert. Verzeihen werde ich ihnen das nicht, aber heute kann ich es verstehen.

Eine andere Perspektive

Man sieht die Welt immer erstmal aus seiner eigenen Perspektive. Und aus meiner Perspektive habe ich allein davon wovon [ich] weiß, genug Leid erfahren. Ja, rational weiß ich das. Trotzdem, trotz aller Angst, ertrage ich das Schweigen nicht (und tue es doch trotzdem!). Ich ertrage das Unrecht nicht. Es geht einfach nicht. Ich weiß, dass man in einem schlimmen Moment lieber nachgibt, als der Panik zu verfallen. Aber niemals würde ich wieder kriechen. Ein Grund wahrscheinlich, warum so wenig Traumainformationen mit mir geteilt werden, denn diese unüberlegte Art brachte bisher nicht nur einmal Probleme. Ich habe die Mädchen deshalb dafür verurteilt. Und ich verurteile sie noch immer für ihr Verhalten mir gegenüber.

Aber heute versuche ich sie zumindest zu verstehen.

Passt auf, dass Verhalten war damals nicht nur von den Mädchen schlimm, sondern aus dem gesamten „Freundeskreis“ . Das schlimmste war nicht das ignoriert oder sogar beschuldigt („Selbst Schuld“ – „Du wolltest es doch und zeigst die Armen jetzt auch noch an?!“ ) werden, sondern das einige der „Freunde“ mit diesen Menschen danach sogar engen Kontakt hatten. Diese „Freunde“ hatten die Wahl. Die Mädchen hatten niemand. Sie kannten noch nicht mal mich wirklich. Was hätte es ihnen gebracht, diese Leute anzuzeigen? Moralisch voll viel. Klar. Total. Moral gibt dir ja auch essen und ein Dach über den Kopf. Moral gibt dir die Drogen, um zu vergessen. Nö, das ist keine Rechtfertigung. Das die Typen vllt ne Bewährungsstrafe bekommen und dich dafür nie wieder sehen wollen, du auf der Straße verrottest und dich dafür halt für wildfremde prostituierst, bringt dir aber auch nicht sehr viel.

Mein Feedback damals

Eine einzige Frau, eine „Freundin“ , nahm ich damals in den Arm. Die Einzige bis heute. Sie weinte sogar, während ich völlig überrumpelt war („Warum weint man denn da?!“ ). Sie selbst erlebte damals eine Vergewaltigung durch einen Bekannten und war tagelang festgebunden und nachdem sie frei war, glaubte ihre Mutter ihr nicht und hatte mit dem Mann weiterhin Kontakt. Eine unglaubliche Geschichte … Sie war die Einzige, die mich also in den Arm nahm. Und dann, kurz darauf, hing sie ständig in dem Haus und bei diesen Leuten ab. Ihr Freund war Dealer und nahm sie deshalb immer mit dahin. So schön, so gut, dachte ich. Kannst’e verscherzen. Außerdem versorgte sie mich mit so vielen Informationen, das ich wenigstens glauben konnte, dass das damals wirklich passierte. Na ist ja auch unrelevant….

Und dann, eines Tages jedenfalls, las ich auf Facebook wie sie dem Mann, dem die Wohnung gehörte, dem „Gastgeber“ quasi, und dessen zwei Kinder währenddessen im Nebenzimmer saßen, öffentlich schrieb er wäre ein ganz toller Mann und Vater und solle sich bloß von niemand etwas anderes erzählen lassen … Es ist unmöglich dieses Gefühl von Verrat in Schrift- oder Wortform rüber zu bringen, daher lasse ich den Versuch. Dann hatte ich einen „besten Freund“ . Dieser Mann zog damals durch die Stadt und erklärte sich zum selbsternannten goldenen Ritter. Ja, im Erzählen war er groß dabei, aber im tatsächlichen Handeln war ich komplett auf mich allein gestellt. Ich erinnere mich an eine Szene, wo er handgreiflich wurde, weil ich mich bei ihm beschwerte, dass der Mann, den wir bei uns in der WG schlafen ließen, mit diesen Menschen Kontakt hatte, aber keine Namen oder näheren Informationen rausrücken wollte.

Ob er das jetzt ließt? Ich weiß, war ja gar nicht so schlimm, wie ich wieder tue. Ich hab’s so oft gehört. Wie ich die Realität verdrehe….

Dieser „beste Freund“ erzählte mir dann eines Tages (als ich nicht mehr dort wohnte), dass er den Mann, den die Wohnung (wo es passierte) gehörte, in seine ließ. Es wäre im ja keine andere Wahl geblieben. Wisst ihr warum? Weil sein Dealer damals diesen Mann mitbrachte. Hätte er diesen Mann nicht in seine Wohnung gelassen und ne Stunde neben ihm gechillt, hätte ihm der Dealer nichts verkauft und wäre wieder gefahren. „Es blieb mir ja keine Wahl“ – Ja mein Schatz. Mein Ritter in glänzender Rüstung, du hast mich für Drogen verraten. Genauso wie mich mein „einziger, echter Freund“ (diese Bezeichnung wuchs auf meinen Mist – mein Fehler) damals für Drogen verkauft hat. Ich hoffe die Drogen waren die vielen Schw*nze wenigstens wert? Waren sie wenigstens gut? Aber ja, ich übertreibe schon wieder. Ich habe es so oft gesagt bekommen … Aber sagt mal, was ist eigentlich mein Marktpreis? Von allen die mal ran durften, wird es doch irgendjemand wissen?

Die Botschaft

,,Du bist nichts wert“ – Die einzige, jemals die Zeiten überdauerte Botschaft: ,,Du bist nichts wert. Alles ist wichtig, aber nicht du. Du bereitest im Moment Spaß. Gib dir wenigstens Mühe! Aber wenn etwas besseres daherkommt, dann hast du ausgedient!

Letztens unterhielt ich mich mit meinem Sohn über meine Schwester, ein Thema was ich normalerweise versuche zu vermeiden. Ich kann nicht gut über sie reden, ohne von Schuldgefühlen geplagt zu werden. Wisst ihr, was ich da aber für einen Satz plötzlich im Kopf hatte?: ,,Bestimmt fic*te sie auch noch besser als ich“ – Ist das nicht krank?! Ich finde es krank. Aber zurück zum Thema. Die Botschaft die ich damals erhielt war: ,,Du bist für den Moment okay, aber austauschbar“ … Die Reaktionen der Menschen denen ich bis heute (!) davon erzählte war: ,,Hätte ja auch schlimmer kommen können“ oder „Na bei dir ist ja was los“ etc.

Da für mich offensichtliches Leid geschah, dass nicht nur mich betraf, ging ich relativ offen damit um und bis heute war die Kernbotschaft der Reaktionen: ,,Ist nicht so wild.“ ; ,,Es gibt schlimmeres.“ ; oder mein Favorit: Es wird gar ganz übergangen/ignoriert.

Meine Schlussfolgerung daraus und die Diskrepanz

Meine Schlussfolgerung daraus war, dass nicht schlimm ist was passierte. Ich hatte und habe nichts außer meinem moralischen Kompass. Ja, aber woher soll ich denn wissen das der richtig ist? Mein ganzes Leben war doch mein Denken falsch und jetzt soll es auf einmal richtig sein? Bitte. Nicht nur von den Menschen die zu denen gehörten, die diese Männer kannten (und denen ich wenigstens eine Befangenheit andichten konnte/könnte) reagierten so. Sondern auch außenstehende Menschen. Mein Onkel meinte z.B: ,,Da wolltest du wohl Mitleid, weil du das erzählt hast?“ . Der Vater meines Kindes verbot mir den Kontakt zum Kind, weil ich „ekelhaft und widerlich“ wäre. Meine Cousine sagte: ,,Darüber spricht man nicht“ . Meine Freundin tat es ab, als hätte ich ihr gerade von der falschen Tagescreme erzählt.

Warum habe ich es überhaupt jemand erzählt? Weil es verdammt nochmal falsch war, was da passierte und immer noch passiert! ,,Nein, warum hast es wirklich erzählt?“ Weil ich dachte, jemand fände es schlimm. Weil ich dachte, jemand wäre wütend, was man mir antat. Niemand war es. Nein, niemand. Erbärmlich, diese Aufmerksamkeitssuche, oder?

Ich weiß rational das es nicht richtig war. Aber ich habe kein Gefühl dazu. Hatte ich von Anfang an nicht. Alles was mir blieb und bleibt ist der Abgleich mit Außen und der sagt es wäre nicht schlimm. So und jetzt bin ich im Internet unterwegs. Ich sehe und lese Artikel anderer Menschen. Ich komme auf andere Accounts und Profile. Und dort erzählen Menschen nun von ihren Erlebnissen. Und sie bekommen Feedback wie: ,,Oh, du bist so stark!“ oder ,,Was du schlimmes erleben musstest! Blablabla“ und ich lese das….

Egal was mir bisher passierte: Es war nie schlimm! Niemals! Ich kann mir einen 3h Vortrag meiner Oma anhören, wie schwindelig ihr doch ist, aber zur Hölle nochmal Franziska! Hör auf zu reden, die Welt dreht sich nicht nur um dich! – Okay. Aber heute sehe ich andere Menschen und sie reden über sich. Sie werden ernst genommen. Überall will ich mich mit einhaken und sagen: ,,Oh das kenne ich auch!“ , aber ich traue mich nicht. Franziska, hör auf nur an dich zu denken! Denk doch mal an andere. An die, denen es wirklich schlecht geht!

Wisst ihr was das auslöst?

Neid und Eifersucht. Und ich hasse mich dafür. Ich kann einige Blogs, Kanäle oder Accounts gar nicht mehr öffnen, weil mich der Hass auf andere Menschen so stark überkommt. Dieser bestärkende Fanclub, der jedes mal direkt um die Ecke kommt, wenn jemand nur komisch hustet. Und ich sitze da. Ich sitze da mit der Überzeugung, MEINER Überzeugung: ,,Wenn du betäubt wurdest, war es doch nicht so schlimm.“ . Es geht auch um früher, vorallem um früher? : ,,Wenn du betäubt warst und man sich an dir vergangen hat, wo ist da das Problem? Das ist doch nicht dein Körper. Du benutzt ihn nur. Warum sollten ihn andere nicht auch benutzen dürfen? Wenn du nichts gemerkt hast, war es doch für niemanden etwas schlimmes?! Derjenige hatte seinen Spaß/Nutzen und du hast friedlich geschlummert oder warst glücklich weggetreten. Es gibt kein Problem. Das Problem machst DU!

Ich verstehe rational die Tragweite. Objektiv verstehe ich sie. Auf irgendeiner Ebene. Aber als ich las, WIE andere mit so einer Erfahrung (also der des betäubtseins) umgehen, brach irgendwas zusammen. Ich konnte mich solange im Spiegel angucken, wie ich dachte es wäre doch sowieso nicht schlimm. Bei niemand wäre es wirklich schlimm. Man merkt „nix“ , also ist es okay. Und wenn es eh nicht schlimm ist, tut es auch nicht weh, dass es keinen kümmert.

Aber dann las ich deren Gefühle und Gedanken und ich selbst dachte: ,,Das ist also doch schlimm?! Echt jetzt??“ Und als nächstes kam: ,,Aber wenn das wirklich schlimm ist und es in Ordnung und normal wäre, dass du das schlimm findest, warum hat dir das nie jemand gesagt?“ Traurig oder? Also, dass ich jemand brauche, der mir das erst sagt. Und nun kommt der spektakulärste Gedanke: ,,Aber wenn das wirklich schlimm ist. Wenn andere das schlimm finden. Und andere bei anderen. Warum ist es bei dir nicht schlimm? Was machst du falsch, was ist an DIR falsch, das es bei dir nicht schlimm ist?

Und jetzt?

Jetzt stehe ich da und suche überall nach einem Gefühl: ,,Okay, du bist nicht verrückt. Das war also tatsächlich schlimm. Du darfst dich so fühlen, wie du rational denkst, dass du dich fühlen müsstest. Aber wo ist es denn jetzt, das Gefühl?“ . Stellt euch mich als kleines Männchen vor, das mit einer großen Taschenlampe jede Ecke des Körpers ausleuchtet: ,,Irgendwo muss es sein!“ . Ich träume ja sogar alle Jubeljahre davon und fühle mich dann morgens schlecht. Irgendwo muss das Gefühl dazu also sein. … Aber nichts. Man könnte mir sonst was angetan haben und rational würde ich dir eine „emotionale“ Rede halten, wie schlimm die Tat doch war. Naja, solange jemand anderes mit betroffen war. Aber bei mir ist es nicht schlimm: „Hätte ja schließlich schlimmer kommen können“ .

Ich gucke und fasse immer wieder meinen Körper an: ,,Vergewaltigt? Mehrfach?“ – Und dabei denke ich an das, wovon ich weiß. „Gibt es etwa noch mehr? Mein Körper wurde noch öfter berührt?? “ . Ich frage im Inneren nach: ,,Hat er?“ – „Ja„. ,,Und er auch?“ – „Ja“ ,,Noch andere?“ – „Ja„. Ich versuche es mir bildlich vorzustellen. Masochistisch, oder? Ich versuche mir vorzustellen, wie sich mein Körper dazu bewegt hat. Krank, nicht? Ich versuche mir ein Bild aufzurufen, wie dieser Körper vergewaltigt wurde. Ja, vergewaltigt. Nicht missbraucht. Das hört sich so süß an, oder? Nein, vergewaltigt. Immer und immer wieder.

Aber das schnallt mein Kopf einfach nicht. „Ja, vergewaltigt. Aber das ist nicht schlimm!“ . Ich lese von vergewaltigten Frauen und ich fühle mit ihnen. Ich sehe wie man sich fühlen müsste, aber da ist verdammt nochmal nichts. NICHTS! Warum ist da nichts? Warum fühle ich nichts??Aber das wäre nicht schlimm. Wenn ich einfach darüber schweigen und es ignorieren könnte, wäre es nicht schlimm. Denke ich. Glaube ich. Da ist jedoch dieser unstillbare Drang alles zu erforschen und dann darüber zu sprechen. Denn: ,,Wie sollte sich jemals etwas ändern, wenn wir nicht darüber reden?“ – Ich will das sich etwas ändert! Ich will diese Welt nicht mehr! … Aber hör doch endlich auf so ein Drama zu machen!!

Wisst ihr wie das ist? Als würdest du versuchen für einen Fremden zu denken. Wie soll ich denn über etwas reden, anderen erklären wie schlimm es ist, wenn ich es nicht selbst fühle? Solche Taten finden andere schlimm? Toll. Andere finden es mega, wie vergewaltigte Frauen so stark und mutig weiter machen können? Klasse. Was verdammt sollen sie denn aber auch sonst tun? Wisst ihr, ich will auch in den Arm genommen werden und gesagt bekommen, wie stark ich bin. Ja verdammt, das will ich! Aber selbst würde es jemand tun wäre es, als würde man mich für eine Lüge belobigen: „Okay Herr Flashback, vllt ist es passiert. Aber es war niemals nicht schlimm!“ und wisst ihr warum es nicht schlimm war? Weil ich nicht gut genug war! Nicht einmal die einzige Aufgabe für die ich da bin, konnte ich zufriedenstellend erfüllen. Nein, nicht mal vergewaltigen lasse ich mich gut. Deshalb war es nicht schlimm. ,,Du bist nur der billige und einfache Notfic*“ … Ja, das sind Gedanken aus einem kranken Hirn. Welcome.