Wie Selbstbestrafung auch aussehen kann …

Ich muss mich erstmal entschuldigen, weil ich den 2. Teil von „Arten dissoziativer Persönlichkeitsanteile“ noch immer nicht veröffentlicht habe. Der ist schon länger fertig getippt und ich bin guter Dinge, dass ich ihn zumindest nächste Woche Sonntag endlich online stellen kann.

Es gibt mit diesem Beitrag und dem ganzen Thema gerade einfach ein paar Probleme, auf verschiedenen Ebenen. Zur Zeit beginnt sich das langsam wieder zu legen und daher will ich nicht unbedingt noch zusätzlich Öl ins Feuer gießen.

Da das Thema Selbstbestrafung in den letzten Wochen allerdings eine große Rolle spielte, schreibe ich darüber erstmal etwas. Darauf, inwieweit dieses ganze Zeugs mit der Dis zusammenhängt/zusammenhängen könnte, werde ich nicht eingehen. Wie gesagt, geht das gerade nicht. Ich schreibe hier also komplett aus der Ego-Perspektive. Guckt einfach womit ihr in Resonanz gehen könnt und denkt euch euren Teil dazu.

Selbstbestrafung

Ich habe bereits schon einmal über die verschiedenen Arten von selbstschädigendem Verhalten geschrieben. Da ging es einmal um ‚direktes SSV (Selbstmord, Ritzen, …)‚ und einmal um ‚indirektes SSV (Süchte, usw.)‚ . Bei beiden ging ich jedoch mehr auf das Thema Gefühlskompensation und Fluchtgedanken ein. Heute soll es aber wirklich um Selbstbestrafung gehen (grundsätzlich fällt das aber trotzdem alles unter ’selbstverletzendes Verhalten‘).

Da kann es zum einen die bewusste Selbstbestrafung geben. Also du hast dich z.B (in deinen Augen) falsch verhalten und bestrafst dich dafür dann bewusst und aktiv selbst. Hier läuft das aber viel mehr auf der unterbewussten Ebene ab. Also ich sitze eigentlich nicht wirklich da und denke mir, wie ich mich für irgendwas bestrafen könnte. Vielmehr handle ich und stelle erst bei der späteren Reflektion dessen fest, dass das gerade eigentlich selbstverletzendes Verhalten im Sinne einer Selbstbestrafung war.

Selbstbestrafung = Den Schaden habe ich mir, als Konsequenz für Fehlverhalten, selbst zugefügt und keine außenstehende Person.

Mein Verhältnis zu Schmerz

Das Bedürfnis den Schmerz spüren zu wollen, lässt sich, fürchte ich, hier nicht immer zu 100% klar davon trennen. Anfangs hab ich immer gesagt, dass Schmerz zumindest ein Gefühl ist, das sich real anfühlt. Während der ganze andere Rotz nur so seicht vor sich hin tümpelt. Aber so richtig hat das mit diesem „sich selbst spüren wollen“ eigentlich nicht wirklich was am Hut.

Mein Verhältnis zu Schmerz ist ein sehr zwiespältiges. Ich mag überhaupt keinen Schmerz. Also wirklich nicht. Ich will auch keine SM-Spiele oder sonst was. Schmerz schreckt mich ab. Ich bin so jemand, der in Tränen ausbricht und sein Leben hasst, wenn er sich den Zeh gestoßen hat.

Auf der anderen Seite habe ich mir Narben zugefügt, die eine Länge von locker 60% meines Oberschenkels aufweisen (ich gehe gleich darauf ein, was es dahingehend noch für Möglichkeiten gibt). Und bei sowas, suche ich den Schmerz richtiggehend. Es ist schon sowas wie eine Art befriedigendes, beruhigendes Gefühl. Vor allem, wenn der Schmerz sichtbare Spuren hinterlässt.

Zudem bin ich in der Lage Schmerz anderen nicht zu zeigen. Ich fühle ihn dann auch nicht so stark, als wäre ich alleine. Das ist, glaube ich, aber situationsabhängig. Ich weiß nicht so recht. Ich erinnere mich aber z.B an Situationen wo mir eine große, dicke Stumpenkerze mit voller Wucht gegen die Stirn geschlagen wurde, sodass ich eine große Platzwunde davontrug. Oder mir wurde Eispickel mehrmals ins Bein gestochen. Ein Faustschlag ins Gesicht, geboxt werden usw. Bei allem habe ich Schmerz empfunden (ich kann den also nicht komplett ignorieren), aber eher gedämpft. Ich habe jedoch nichts nach Außen hin gezeigt. Keine Träne, kein Gesicht verziehen, keine Schwäche. Auch beim Zahnarzt komme ich mir deshalb z.B lächerlich vor: Ich erzähle denen von meinen Ängsten und verziehe dann dort keine Miene. Egal was die machen.

Arten körperlicher Selbstbestrafung

Ich habe schon einmal erzählt, dass ich mich bereits seit mehreren Jahren nicht mehr ritze, auch wenn der Drang dazu noch oft da ist. Die Haut verletzen muss man aber nicht immer nur mit einer Klinge. Auch „stumpfe“ Gegenständen tun da ihren Zweck. In der Klinik damals hatte ich z.B (logischerweise) keine Klinge zur Hand, weshalb ich mir dann draußen einen spitzen Stein gesucht habe. Nägel sind ein super Ersatz, Schrauben, sogar mit Kabelbindern lässt sich die Haut blutig rubbeln. Es war völlig Wurst mit was, Hauptsache Blut fließt und es tut weh.

Aber nur weil ich das mit dem Ritzen nicht mehr mache, heißt das nicht, dass körperliche Verletzungen jetzt gar nicht mehr vorkommen. Verbrühen ist hier z.B zu einer beliebten Sache geworden. In der Dusche bietet sich da u.a die „tolle“ Möglichkeit das Wasser immer heißer aufzudrehen. Vor kurzem fiel mir auch wieder ein, dass ich das eigentlich schon als Kind so gemacht habe. Heiß und lang (bis zu 2h) duschen früher sowieso, aber oft war und ist das Wasser wirklich extrem heiß und die Haut danach entsprechend rot und verbrannt. Ich spüre da auch die Hitze des Wassers und es tut weh (keine sensorische Dissoziation), aber das ist ja der Sinn dabei.

Den Kopf auf den Boden schlagen, die Lippen aufbeißen, an der Nagelbetthaut zupfen bis alles rot und blutig ist. Wunden immer wieder aufkratzen und/oder berühren. Sport, sodass er bereits Schmerzen bereitet. Auch giftige Substanzen trinken/essen, zu viel Alkohol, usw. All das kann auch eine Form davon sein. Ach, die Palette ist da ewig lang. Jaa, Ritzen wird viel zu überbewertet.

[Sorry falls heute irgendwas unsensibel rüberkommt. Mir fehlen momentan die passenden Emotionen zu.]

Wie Selbstbestrafung aber eben auch aussehen kann

Die körperliche Selbstbestrafung ist ja aber nicht alles und auch nicht immer möglich/angebracht (z.B wenn man die Tage danach wo hin muss). Es gibt so unendlich viele Möglichkeiten sich selbst weh zu tun …

Sich selbst triggern

Das ist z.B eine ganz fantastische Möglichkeit. Du weißt das dich etwas triggern wird. Also so richtig. So mit völlig aus der Bahn werfen und so. Und du läufst nicht nur hinein, nein, du nimmst auch noch Anlauf vorher. Sodass es auch so richtig sitzt. Nein, ich weiß nicht warum das passiert. Immer wieder. Keine Ahnung. Darüber könnte ich jetzt auch wieder ganz viele altkluge Reden schwingen, nächstes Mal passiert es ja doch wieder.

Etwas positives hat das ja aber: Nachdem du dann stundenlang oder manchmal sogar tagelang in sowas festhängst, hast du wenigstens vergessen mit was du dich vorher beschäftigt hast. Also nur positiv, wenn’s natürlich was Blödes war (für wem auch immer) – Versteht sich ja von selbst. Und noch praktischer ist dabei, wenn du den Trigger dann für alles verantwortlich machen kannst (und wirst), statt des eigentlichen Themas vorher.

Sich die Laune selbst versauen

Kann man auch ins ’sich selbst triggern‘ packen, hat aber mehr mit der „abgeschwächten Form“ von Triggern zu tun.

Bsp.: Ein Artikel „Schwere Vergewaltigung mitten in einer U-Bahn in Philadelphia – Keiner der anwesenden Passagiere greift ein oder setzt einen Notruf ab, stattdessen filmen sie die Tat sogar noch mit ihrem Handy“ auf Facebook. Es reicht nicht, dass ich das überhaupt anklicken muss. Nö. Ich lese auch, wieder mal, die Kommentare darunter. Und das mit dem Ziel, DEN EINEN Kommentar zu finden, der all das ins lächerliche zieht. Der es relativiert oder sonst was, was mich gar endgültig aus den Socken hauen wird. Ich suche gezielt danach (übrigens diskutiere ich mit solchen Leuten nicht, es geht nur darum diesen Kommentar zu lesen). Ich kann es aber nicht stoppen, selbst wenn ich es dann währenddessen bemerke. Und so kannst man das auf alle Themenbereiche anwenden.

,,Du fühlst dich gerade gut?! Moment mal, ich finde hier 100% noch irgendwo einen Gedanken, der dich jetzt so richtig fertig machen wird„. Auch das hat eben wieder diesen wundervollen und praktischen Vorteil, dass man traumhaft abgelenkt ist und schnell denkt, die schlechte Laune und die komische Stimmung käme von eben dem, statt von etwas anderem.

Sich selbst emotionalen Schmerz zufügen

Das von da oben passt da super mit rein. Also sich immer wieder vor Augen halten, wie scheiße Menschen doch sein können. Wie allein man deshalb ist und immer bleiben wird. Im Selbstmitleid baden, könnte man das aber auch nennen. Ab und an ist Selbstmitleid (eher -mitgefühl) eine wertvolle Sache und nicht falsch. Man kann es aber halt auch super nutzen, um sich selbst weh zu tun. Sich immer wieder aufzählen, WIE kacke man doch ist. Wie ungeliebt, allein, ekelhaft, abstoßend usw. Wenn das Erfolg bringen soll, dann denkt bitte dran, es ständig zu wiederholen.

Etwas anderes tolles ist z.B, wenn man sich Dokumentationen über menschliches Leid reinzieht (Tsunami in Japan, Erdbeben, Eltern die ihre Kinder verlieren, usw.). Irgendwas, was dich so richtig schön zum heulen bringt und wo du, beim Gedanken an so viel Leid, eigentlich nur noch aus dem nächsten Fenster springen möchtest. Wichtig dabei, wenn du feststellt, was du da gerade für einen Scheiß machst: Auf keinen Fall aufhören! Unbedingt etwas heraussuchen, was noch einen Tick schlimmer ist. Irgendwo gibt’s bestimmt was, über eine noch schlimmere Katastrophe, das du dir reinziehen kannst.

Soziale Interaktionen

Das ist ebenfalls ein ganz großes Thema. Mit niemanden mehr reden. Sich noch mehr (als sowieso schon) zurückziehen. Noch mehr isolieren. Schweigen. Aber vll schreib ich darüber nochmal was eigenes, in den nächsten Wochen. Mal schauen. Das ist nämlich eigentlich etwas kompakter.

Was kann man dagegen tun?

Keine Ahnung. Wer ne Idee hat, darf sich gerne melden.

Ich kann das nicht stoppen. Da funktionieren auch keine positiven Affirmationen oder sich gut zu reden. Es geht auch keine Achtsamkeit, kein Sport oder sonst was. Ich kann mich ablenken für eine gewisse Zeit. Ja. Versuchen eine Komödie zu schauen oder Stand up Comedy. Irgendwas Witziges halt. Raus gehen und eine Runde laufen, kann auch helfen. Aber eben nur kurzzeitig. Es dauert danach nicht lang, bis das Nächste um die Ecke kommt, was der Selbstbestrafung dienen kann und tut.

Was mir jetzt zumindest auffällt: Letztes Woche habe ich was falsch gemacht. Das hätte ich wahrscheinlich nicht tun sollen und das hat einiges in Gang gebracht. Solange ich mich davon wieder entferne, geht das auch langsam wieder. Und das ist auch toll. Es ist total toll, dass diese Negativspirale wieder nachlässt, sofern ich mich davon wieder distanziere. Nur irgendwie weiß ich halt nicht wie es voran gehen soll, wenn die Beschäftigung und Handlung damit nicht näher und ehrlicher geht. Eigentlich geht sie überhaupt nicht.

Ach sorry, dass ich gerade so kryptischen Müll schreibe. Ich schau mal, dass ich nächste Woche den 2. Teil der Persönlichkeitsanteile veröffentliche und vll kann ich danach nochmal was zu dem sozialen Thema schreiben.

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2 Gedanken zu „Wie Selbstbestrafung auch aussehen kann …“

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