= auch emotional instabile Persönlichkeitsstörung
Inhalt
Was ist Borderline?
Borderline heißt übersetzt „Grenzlinie“ und damit sich auf einer schmalen Grenze zu bewegen. Betroffene sind stark davon gekennzeichnet sehr schnell von einem Extrem ins andere zu schwanken. Also sich immer auf einer Grenzlinie zu befinden, die sie zu beiden Seiten abwechselnd ständig übertreten („Ich Liebe dich – Ich hasse dich“ ; „Hau ab – Verlass mich nicht“).
Ungefähr 2% der Bevölkerung (aber 6% der jungen Menschen) sind daran erkrankt.
Früher sagte man übrigens das sich Borderliner auf der Grenze zwischen Neurose und Psychose befinden – Das ist mittlerweile veraltet und überholt und stimmt so nicht.
Laut ICD-10 müssen für eine Diagnose mindestens 3 der genannten Merkmale vorliegen:
- Neigung zu Streitereien und Konflikten, vor
allem wegen impulsiven und unerwarteten
Handlungen - Neigung zu unerwarteten Handlungen ohne
Berücksichtigung der Folgen - Neigung zu Wut oder Gewaltausbrüchen und
Unfähigkeit, das explosive Verhalten zu
kontrollieren - Schwierigkeiten, Handlungen beizubehalten,
die nicht unmittelbar belohnt werden - Unbeständigkeit und Unberechenbarkeit der
Stimmung
Und mindestens 2 der folgenden:
- Unsicherheiten im Selbstbild bzw. in der
eigenen Identität - Unsicherheiten bei eigenen Zielen und
Vorlieben - Neigung zu intensiven, aber instabilen
Beziehungen - übertriebene Bemühungen, nicht verlassen zu
werden - wiederholte Androhung oder Durchführung
von selbstverletzendem Verhalten - anhaltende Gefühle der Leere
Wodurch entsteht Borderline?
Man geht davon aus das sowohl genetische wie auch traumatische Bedingungen und Einflüsse des äußeren Umfeldes zu der Persönlichkeitsstörung beitragen.
Was das genetische angeht, so ist nicht direkt Borderline vererbbar, aber die Veranlagung dazu bzw. die Tendenz generell schneller an psychischen Störungen zu erkranken, z. B durch Traumata die bereits die Eltern, Großeltern usw. erlitten –> ganz richtig: Traumata gehen in unser genetisches Erbgut über (man denke dabei wieder an die beliebte Kriegswaffe ‚Vergew*ltigung‘ 😉).
Zu der genetischen Komponente kommen in fast allen Fällen traumatische Erlebnisse in der Kindheit hinzu (meist durch Missbrauch – ob nun körperlicher, sexueller, emotionaler oder alles zusammen). Und hier wird es nämlich interessant:
Borderline oder kPTBS – Was denn nun?
Die Borderline-PS und die komplexe PTBS haben überraschend viele Überschneidungen und daher werden beide auch noch sehr oft falsch diagnostiziert. Nachfolgend habe ich für euch mal eine Tabelle, welche die Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufzeigt:
Borderline
- Impulsivität in mind. 2 selbstschädigenden Bereichen
- Wiederholte suizidale Handlungen
- Affektive Instabilität und Stimmungsschwankungen .
- Chronisches Gefühl der Leere
- Unangemsessene und heftige Wut
- Ausgeprägte Instabilität des Selbstbildes/Selbstwahrnehmung
- Vorübergehende paranoide oder dissoziative Symptome
- Muster instabiler aber intensiver zwischenmens. Beziehungen (Idealisierung/Entwertung)
- / (keine
somato. Beschwerden)
- Verzweifeltes Bemühen Verlassenwerden zu vermeiden
- / (keine
fehlende Zukunftsperpektive oder Verlust persönlicher Überzeugungen)
kPTBS
- Störung der Affektregulation mit impulsiven u risikoreichem Verha.
- Selbstverletzendes und suizidales Verhalten
- Störung der Affektregulation, Impulsivität und autodestruktives / risikoreiches Verhalten
- / (keine
chronische innere Leere)
- Schwierigkeiten Ärger zu modulieren
- Selbstvorwürfe, Schuldgefühle, Scham, Gefühl isoliert zu sein
- Dissoziative Symptome .
- Extremes Misstrauen, Tendenz wieder zum Opfer zu werden .
- Somatoforme Beschwerden
- / (kein
verzweifeltes Bemühen Verlassenwerden zu vermeiden)
- Fehlende Zukunftsperspektive, Verlust persönlicher Grundüberzeugungen
Ihr seht also: Auf den ersten Blick scheinen sich beide Störungen sehr zu gleichen und daher ist es auch verständlich, das viele Ärzte beides schnell einmal verwechseln. Erst bei genauerer Betrachtung fallen einem nämlich die kleinen, aber doch markanten Unterschiede auf. Man muss dabei ja auch beachten das Borderline Patienten in fast allen Fällen selbst sehr viele Traumata erlebten, was, denke ich, auch zu den vielen Gemeinsamkeiten führt.
Dabei wird ins Spiel gebracht, das Borderliner mehr dazu neigen ihre Gefühle externalisierend auszuleben, also nach Außen hin. Betroffene von kPTBS stattdessen jedoch internalisierend, also eher nach innen hin.
Bei mir wurde damals auch eine Borderline-PS diagnostiziert, jedoch habe ich immer wieder gesagt, das ich mich zwar in einigen Punkten wiederfinde, nicht jedoch in allen. Mit der Diagnose kPTBS fühle ich mich da nun schon viel wohler und meine Thera. hat mir die Diagnose Borderline auch nicht mehr gegeben.
Ich habe z.B keine übertriebenen Verlassensängste bzw. tue alles um ein Verlassenwerden zu vermeiden. Extreme Wut kenne ich nicht, also klar kann ich wütend werden, aber das schwankt bei mir nicht ständig von dem einen Extrem ins Andere.
Auch das chronische Gefühl der inneren Leere kenne ich persönlich nicht. Anmerken muss ich dazu aber das in meinem Klinikbericht steht, dort wo die Borderline-PS gestellt wurde, das ich mich mit dem Gefühl der inneren Leere identifizieren könne (das also wohl scheinbar doch mal gesagt habe) und mein damaliger Mitbewohner meinte auch das ich sowas wohl öfters geäußert hätte – Ich jedoch weiß weder das ich das gesagt haben soll, noch kenne ich dieses Gefühl 😅. Kein Plan wer sich da leer fühlt, ich für mich wüsste jedoch keine Situation wo ich jetzt sagen könnte: ,,Ah, jetzt fühle ich mich innerlich so richtig leer.“ 🤷♀️
–> Allerdings sei dazu gesagt, dass ein Gefühl innerer Leere auch bei Depressionen oder anderen Erkrankungen durchaus einmal vorkommen kann. Wer dieses Gefühl also schon einmal erlebt hat, hat deshalb nicht gleiche eine Borderline PS (es geht eben um das chronische Gefühl)
Wie kommt es zu diesen ganzen „gestörten“ Gefühlen?
Guckt, ich versuche euch das mal so zu erklären:
Wenn du deine gesamte Kindheit hindurch, also genau die Zeit wo sich dein Welt- und Selbstbild formt, vermittelt bekommen hast das du unnütz, nicht erwünscht, nicht liebenswert, ein schlechter und böser Mensch bist usw. ist es völlig logisch das sich genau diese Aussagen als dein eigenes Bild im Kopf abspeichern und du kein gefestigtes, eigenes, positives Selbstbild entwickelst.
Wenn dich dein Leben lang die Menschen nur verraten haben, dann ist es ebenso logisch das du dich auf der einen Seite nach jemanden sehnst den du endlich vertrauen kannst, auf der anderen Seite dich aber deine Erfahrung steht’s mahnt vorsichtig zu sein und bloß nicht leichtfertig zu vertrauen, daher stößt du dann vll sogar Menschen weg.
Wenn du nie Liebe erfahren hast, woher soll dann dieses innere Ausgefülltsein kommen? Es ist doch die Liebe die uns ausfüllt.
Zudem ist es so, dass sich die gleiche Art von Traumata gerne immer und immer wieder in unser Leben einschleicht. Durch diese sogenannte Reinszenierung werden nicht nur Traumata wie Vergew*ltigungen oder häusliche Gewalt wiederholt, sondern wir geraten auch immer wieder an den gleichen Typ Mensch, nämlich an den Tätertyp.
Meine Mutter z.B war stark narzisstisch und lustigerweise (also genau deshalb) hatte ich bisher auch ein gutes Händchen für narzisstische Männer. Meine beiden Ex-Partner haben sich in diesem Fall gegenseitig selbst übertroffen. Gerade mein letzter Ex-Freund hatte so eine bestimmte Art drauf, meine Wahrnehmung komplett zu verdrehen (was ich aus Gründen nicht die Spur witzig finde), mir Schuld an völlig lächerlichen Dingen zu geben und mir permanent Vorwürfe zu machen (aus Prinzip – seinem Prinzip – durfte die Wohnungstemperatur z.B nicht über 20 Grad steigen und als sie dieses dann doch tat, war das mal ein extremes Drama, …) usw. und genau bei dieser Art von Menschen, also dort wo ich das Gefühl habe das meine Gefühle und Bedürfnisse gar keine Rolle spielen, wo mein Gesagtes gar nicht – stattdessen sogar etwas ganz anderes gehört wird – dort habe ich es z.B sehr schwer ruhig zu bleiben und nicht emotional zu reagieren.
Aber ganz ehrlich? Wer hat bei solcher Art von Menschen nicht ein ähnliches Problem? Der Unterschied ist jedoch das man mit entsprechender Vorerfahrung schneller und leichter dazu neigt sich eben solchen Menschen wieder zuzuwenden und wie im Falle der Borderline-Erkrankung durch diese Tatsache eben auch weniger beständige Beziehungen zu haben. Also d.h wenn ich durch die Trauma-Reinszenierung immer wieder an einen Typ Mensch gerate der mich unheimlich triggert, dann ist es völlig natürlich das solcher Art Beziehungen nicht von langer Dauer sind und meist mit einem großen Tam-Tam auseinander gehen.
D.h aber übrigens nicht das alle Partner von Borderline Patienten Narzissten o.ä sind. Gerade im Fall der Borderline Erkrankung, fällt es den Betroffenen oft schwer ein gesundes Mittelmaß zu finden, also nicht zwischen ,,Dieser Mensch ist der Einzig wahre für mich“ und ,,Ich hasse diesen Menschen, er soll verschwinden“ (bei entsprechenden Trigger) zu schwanken. Im Beitrag zur Ego-State-Disorder und strukturellen Dissoziation habe ich das etwas näher erklärt.
Was kann ich als Angehöriger tun?
Es verstehen.
Wie oben erwähnt sind Borderline-Erkrankte traumatisierte Menschen. Es hilft rein gar nichts wenn ihr ihnen mit Ablehnung und Abscheu begegnet. Wenn ich mir z.B manchmal Vorträge von Ärzten anschaue oder auch damals in der Klinik gesehen habe wie mit mir oder Mitpatientinnen umgegangen wird – Gott, das ist furchtbar! Selbst Ärzte sprechen teilweise mit einer Abscheu über Borderliner, als hätten sie die Brut Satans höchstpersönlich vor sich🤦
Zu diesem Thema habe ich übrigens auch noch mit einer persönlichen Geschichte aufzuwarten:
Als die Diagnose Borderline damals rauskam, wurde sie sowohl von einem Teil meiner Familie, wie auch von meinem Ex-Partner genutzt (natürlich kamen da auch noch andere Sachen dazu), in der Hoffnung mir das Sorgerecht entziehen zu können. Gerade für das Jugendamt ist Borderline ein gefundenes Fressen und in einem gewissen Maße verstehe ich das sogar. Wenn die Störung akut und ausgeprägt vorliegt, dann kann gerade das ständige Gefühlshin und -her („Ich liebe dich – Ich hasse dich“) für Kinder selbst wieder extrem traumatisierend wirken. Mit mir persönlich wollte man damals aber nicht mal richtig sprechen (denn aufgrund des angeblichen Diagnosebildes hätte ich mich ja sowieso nur als Opfer gesehen, hätte gelogen, manipuliert und war daher ,,nicht ernst zu nehmen“), wodurch ich vll einiges hätte aufklären können und wenn ich heute manchmal darüber nachdenke was das für ein Kampf um mein Kind war, aufgrund von derart vielen Lügen und Intrigen , dann weiß ich echt manchmal nicht wie ich das überstanden habe…
Und was ich dabei erschreckend finde: Gerade Borderline Diagnosen werden an junge Patienten wie gratis Bonbons verteilt (zumindest kommt mir das so vor ,,Ach sie haben ein kolpexes Beschwerdebild? Na dann geben wir Ihnen mal Borderline“), gleichzeitig werden diese Leute aber behandelt, als wären sie ein bösartiges Monster. Nochmal: Wir sprechen hier von bereits traumatisierten Menschen!
So aber weiter im Text😅
Wer also etwas tun möchte der bietet den Betroffenen eine stabile Umgebung und aufrichtiges Verständnis (Verständnis heißt nicht alles gut zu heißen☝). Viele Betroffene sind es gewöhnt im laufe ihres Lebens permanent runtergemacht und gekränkt zu werden, versucht es doch also einfach mal mit nett sein?🤷
Seid ehrlich und bietet auch den Betroffenen einen ehrlichen Rahmen zum Reden an (das hat nichts damit zu tun einen Therapeutenersatz zu spielen, aber etwas mit Interesse und Aufmerksamkeit an dem Gegenüber und nicht nur an sich selbst => völlig egal welches oder ob überhaupt ein Diagnosebild: Wer ständig über sich selbst reden will, ohne Rücksicht auf den Anderen zu nehmen, ist ganz einfach ein Ar*chloch 🤷) und unterstützt sie, sich ihrer Vergangenheit zu stellen (nicht durch Ratschläge und Forderungen, sondern durch Vertrauen und das Gefühl von Sicherheit), denn am Ende können sie nur durch sich selbst genessen.
Übrigens gibt es natürlich Borderliner die richtige Ar*chlöcher sind, die gibt es auch unter Depressiven ect., das hat aber nichts automatisch mit der Diagnose an sich zu tun, sondern damit das auch Ar*chlöcher an psychischen Erkrankungen leiden können. Ich persönlich würde mir jetzt aber trotzdem nicht gezielt einen Partner o.ä suchen, der an einer Borderline PS leidet. Das hat aber einfach damit etwas zu tun, das ich selbst nicht alle Tassen im Schrank habe 😅 und daher eher Menschen in meiner Nähe brauche, die selbst wenigstens annähernd stabil sind.
Und natürlich kann es bei Borderline auch zu Komorbiditäten, wie einer Narzisstischen oder einer Antisozialen PS kommen, was den Gegenüber dann manchmal schon etwas gefährlicher machen kann 😅. Allerdings, wie gesagt, es gibt nun mal toxische Menschen und manche machen das bewusst und manche unbewusst und davon darf sich dann jeder problemlos distanzieren.
Ich denke auch, das es für Angehörige sehr schwierig sein kann, mit Persönlichkeitsstörungen oder andere Sachen umzugehen. Und das ist übrigens auch in Ordnung. Niemand muss sich aus Mitgefühl o.ä selbst kaputt machen. Darum geht es mir auch nicht, sondern mehr darum Menschen mit Borderline nicht generell von vorn herein mit Abscheu, Ekel, Angst oder Ablehnung zu begegnen (wie ich es leider oft erlebe), sondern ihnen erst einmal eine Chance zu geben.
Wir sind alle nur Menschen und so sollten wir auch versuchen uns zu begegnen 😊
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Ein Gedanke zu „Borderline (oder doch eine kPTBS?)“