Häusliche Gewalt in der Nachbarschaft

Triggerwarnung: Häusliche Gewalt

Ja, so richtig funktioniert das mit meiner „entspannten“ Sommerpause nicht…
(Rechtschreibung ist heute leider wieder so mittelmäßig, ich funktioniere noch nicht so richtig im Hirn)

Ich habe euch der Einfachheit halber meinen WhatsApp-Verlauf mit einer Freundin abgescreeshotet, den Rest erkläre ich hier ⬇️

Heute trat ein Fall ein, der mich selbst stark triggerte. Schon seit ca. 3 Jahren höre ich immer mal wieder, in unregelmäßigen Abständen, sehr laute Auseinandersetzungen über mir. Und es gab bisher ca. 2x den Fall, dass ich kurz davor war, die Polizei zu rufen. Einmal als ich selbst sehr krank war und über mir einen schlimmen Streit hörte und dachte: „Da ist doch was nicht okay“ , aber diesen Gedanken dann wieder verwarf, weil es sich danach wieder beruhigte und ich auch froh war, nicht handeln zu müssen. Ein anderes Mal, als es mitten am Tag sehr laut wurde. Und immer wieder dachte ich: „Vllt hörst du das falsch. Das ist vllt. nur ein normaler Streit“ – Auch normale Auseinandersetzungen zwischen Partnern können einmal laut werden, ohne das Handlungsbedarf besteht. Im Gegenteil dachte ich, wenn es nur ein normaler Streit ist, dann ist es das Letzte was man braucht, dass die Polizei vor der Tür steht. Laute und aggressive Streits kenne auch ich, aber das Letzte was ich gewollte hätte, war, dass ich noch einer Polizei Rechenschaft schuldig bin …

Ich weiß bis jetzt nicht, was Sache war. Und ich fühle mich auf der einen Seite so schlecht, weil ich nicht viel eher die Polizei rief und auf der anderen, weil ich sie jetzt rief und scheinbar nichts war.

Es war oft so, dass die Stimme über mir in der Wohnung (denke ich zumindest, dass es über mir war), so aggressiv war, dass ich in einen Zustand verfiel, der mich gelähmt hat. Aber ich habe es mir immer noch schön geredet, von wegen, dass Menschen eben manchmal lauter werden und auch aggressiver in der Stimme klingen: „Das muss ja noch nichts heißen“ . Krass, oder? Zumal ich hier ja ständig darüber aufkläre, dass man Täter, das Täter-sein nicht ansieht. Und auch über die Problematiken des Wegsehens aufkläre. Ihr seht also: Rational weiß man oft viel, aber in der Situation reagierst du oft ganz anders, als es dein rationaler Verstand (und auch dein Wissen und Wollen) außerhalb der Situation sagt.

Heute war es so, dass es so laut anfing zu poltern, dass ich mich erst genervt fragte: „Was machen die denn da oben?!“ und dann wurde es immer lauter. Definitiv wurde nicht nur ein Tisch verschoben, wie später behauptet wurde. Ja, hier ist es sehr hellhörig, aber es hörte sich an, als würde die ganze Wohnung über mir auseinander genommen. Es hörte sich an, als würde gleich die Decke einbrechen, so sagte ich es später auch der Polizei. Dann hörte ich diese aggressiven Worte über mir und eine Frau fing an zu weinen. Voller Angst. Wenn du es selbst kennst, erkennst du denn Unterschied zwischen „nur so“ weinen und angsterfüllten weinen.

Ich rief also die Polizei und wusste nicht was ich tun sollte. Denn es hörte sich so schlimm an, dass ich dachte, wenn ich jetzt nicht hoch gehe, dann schlägt er sie tot. Diese Aggression und das extrem laute Poltern. So viel lauter als sonst. Und das erbärmliche weinen. Sonst hörte man zwar auch die Frau, aber nie so angsterfüllt weinen.
Aber ich war wie gelähmt. Mein Kind war da, ja. Und ich hatte natürlich im Blick was mit ihm ist, wenn ich gehe. Aber vorrangig war die Angst um mich selbst, wenn ich hoch gehe und dafür schäme ich mich so sehr.
Die Polizei brauchte so lange, gut 20 Minuten oder mehr. Und ja, nachdem ich sie rief, wurde es leiser (die Balkontür war auf – Vllt. hörte man meinen Anruf?), aber ich hatte die ganze Zeit nur im Kopf, dass es vllt schon zu spät für diese Frau sein könnte. Und ich konnte nicht hoch gehen. Ich stand wie ein verängstigtes Kind im Raum und wartete auf die Polizei. Ich war unfähig zu handeln.
.
Die Polizei kam mit Blaulicht an und rannte  wie verrückt in die Wohnung, ich hörte es oben klingeln und laut „Polizei“ rufen. Für mich ist der Ruf zur Polizei eine riesen Überwindung, weil ich keine guten Erfahrungen mit der Polizei habe, aber dafür, wie sie hier ankamen, war ich unglaublich dankbar. Auch die Polizisten, die später zu mir kamen, waren sehr nett und freundlich. Dafür bin ich so unendlich dankbar. Aber ich fühlte mich so machtlos, so schwach. Wenn jemand aggressiv vor mir steht, tritt ein anderer Zustand ein, dass weiß ich. Wurde es mir genau das schon zurück gemeldet: „Du bist ja auch immer wieder aufgestanden und standest wieder vor mir“ – Aber warum bin ich so gelähmt, wenn es um andere geht?? Gerade dann tritt doch eigentlich mein Gerechtigkeitssinn in Kraft. Gerade bei anderen oder durch andere, spüre ich doch nur was richtig und falsch ist.

Die Polizei meldete mir dann zurück, dass niemand verletzt war, ich aber wieder anrufen soll, wenn wieder so ein Fall eintritt. Ja wir kennen es alle. Alle die schon Betroffene kennenlernten oder selbst von häuslicher Gewalt betroffen waren: Die Frauen (oder in  anderen Fällen auch die Männer, denn auch auch Männer sind davon ja nicht zum minder betroffen, es wird aus Scham nur seltener gemeldet) schweigen sich aus und rechtfertigen alles. Dann lief man eben nur gegen die Türklinke oder fiel die Treppe herunter oder es war eben nur ein harmloser Streit. Auch man selbst, war man betroffen (egal in welcher Schwere), denkt oder dachte sich in dieser Situation: „Was soll das denn jetzt?! Es war doch gar nichts. Es war doch nur ein leichter Zoff?“ – Man checkt die Schwere oft selbst gar nicht – Und ja, wenn er dich heute nur über die Möbel schubste, dann ist es für dich im Vergleich (zu den anderen Situationen) wahrscheinlich auch nur ein „harmloser“ Streit. Hat doch jeder mal so.

Aber jetzt mal an alle, die eine halbwegs normale Beziehung führen oder bisher mal geführt haben, auch für meine eigene Wahrnehmung: Ist es normal, dass es sich anhört, als würde die Wohnung zerlegt, so aggressive Beleidigungen fallen und das Opfer  anfängt so bitterlich zu weinen?
Rational weiß ich, dass das doch nicht normal sein kann. Aber mein Kopf sagt mir gerade: „Ist doch normal! Warum machst du so ein Drama?!“

Und ich weiß nicht, was aktuell los ist. In den letzten Monaten wurde es so viel besser. Ich weiß mittlerweile, rational, dass ich meiner Wahrnehmung trauen kann. Echt. Aber ich stelle aktuell alles so sehr in Frage. Vllt. weil wieder so viel angetriggerrt wird. Vllt. sind es zu viele Trigger auf einmal, womit mein System nicht klar kommt. Sodass der Schutzmechanismus al a „Es ist alles gut, du bildest dir das alles  nur ein“ wieder greifen muss. Vllt ist gerade einfach zu viel.
Ich schätze alles, was z.Z. hoch kommt auch, weil mir das die Möglichkeit zur Reflexion und Heilung bietet, aber es ist gerade doch einfach zu viel.

Ich habe einen Freund gebeten heute hier zu übernachten, weil mich wirklich jedes kleine Geräusch zurück in die Lähmung führt und mir das, dass er hier ist, etwas Sicherheit bietet. Und das ist das Nächste, wofür ich mich schlecht fühle: Müsste ich nicht, nach allem was ich selbst weiß und wie ich mich selbst entwickelt habe, für die anderen da sein können/müssen? Oben klingeln können/müssen und die Frau zu mir holen? Wir wissen doch alle, dass sie die Situation sehr wahrscheinlich nur schön geredet hat.
Die haben sich so viel gestritten bereits, aber heute war es so schlimm, dass ich so extrem getriggert war. Das doch nicht ohne Grund…
So falsch kann meine Wahrnehmung doch nicht liegen. Ich weiß das, auch wenn in meinem Inneren gerade alles das Gegenteil behauptet.

Allerdings kommt jetzt gerade diese innere Wahrnehmung eben wieder ins Spiel: Vor ein oder 2 Jahren klingelte ich mal über mir, weil Wasser bei mir ins Badezimmer, über die Decke, tropfte. Da machte ein junger, arabischer Mann die Tür auf. Heute steht ein asiatischer Name an der Tür, Menschen die ich bisher noch nie sah. Ich habe auch keinen Umzug mitbekommen. Ein Kind gibt es da oben. Es schreit noch immer ein Kind, was sich ca. dem Alter von einem Jahr (+-) zuordnen lässt. Das ist aber das Kind der arabischen Familie. Was ja längst nicht mehr da sein sollte, wäre diese Familie ausgezogen. Aber schreien in dieser aggressiven Stimme tut generell eine eindeutig deutsche Stimme. Schon seit Anfang an. Da ist auch kein Akzent bei. Das sind nicht die, die an der Klingel stehen. Glaube ich. Das passt einfach nicht. Aber woher kommt es dann? Die Geräusche kamen aber deutlich von über mir. Ich check das alles nicht und ich weiß nicht wie ich handeln kann. Die Polizei braucht ewig bis sie hier ist und ich fühle mich gelähmt bei dieser Stimme und weiß noch nicht mal, aus welcher Wohnung das genau kommt. Und dazu kommt, dass es wohl keine Verletzten gab, über mir. Also doch alles nicht so schlimm? (Gott sei Dank, dass beruhigt mich tatsächlich sehr, aber was ist dann da oben los?). Was ist, wenn ich die falsche Wohnung habe und das nächste Mal, die Frau tot ist, in einer anderen Wohnung? Oder ich einfach nur alles falsch einschätze und Menschen die Polizei auf den Hals hetzte, obwohl diese nur einen normalen Beziehungsstreit haben?
Und dann überlege dir mal, Alter, dass die Frau über mir, oder von wo auch immer, zusammengeschlagen wird und ich darüber jammere, dass ich getriggert bin und mich gelähmt fühle. Das fühlt sich für mich noch erbärmlichen an: Ich bin unfähig zu helfen, aber jammere über meinen Zustand.
Den Selbstverteidigungskurs habe ich wieder sausen lasen, aus meiner sozialen Angst, aber genau das hätte mir jetzt helfen können. Mir und vllt der Frau. Heute oder ein anderes Mal. Vllt wäre ich dann nicht so unfähig zu handeln. Also betrifft es nicht nur mich, meine Angst und diese zu besiegen, sondern auch andere, oder?

Das Gefühl unwichtig zu sein

Leider ist das ein Gefühl, was sich sehr tief in mir abgespeichert hat.
Geprägt wurde es bereits früh in der Kindheit. Sofort fällt mir eine Situation ein, als ich mit meinen Eltern im Urlaub und am Pool war. Meine Eltern lagen vor dem Pool. Meine Mutter las und mein Vater zog sich um und machte irgendwas. Ich spielte im Pool, auf den ersten Stufen, wo ich noch stehen konnte. Ich war vllt. 6 oder 7 und konnte noch nicht schwimmen. Dann rutschte ich ab, in den tiefen Bereich und drohte zu ertrinken. Ich sank immer wieder unter, versuchte mich über Wasser zu halten, bis ich irgendwann die Stange am Rand des Pools sah und versuchte diese zu greifen, was eine gefühlte Ewigkeit dauerte. Ich dachte ich ertrinke. Naja, ich dachte es nicht nur, ich war gerade dabei.
Als ich endlich die Stange gegriffen bekam und mich rausziehen konnte, sagte ich meinen Eltern was passierte. Ich wollte Trost und Schutz, denn ich hatte gerade um mein Leben gekämpft. Aber sie lachten mich beide nur aus und sagten mir, dass ich gar nicht fast ertrunken wäre. Das hätte ich mir nur eingebildet. Ich würde mal wieder übertreiben. Nur Aufmerksamkeit wollen … Ich meine, sie saßen vllt. 3m daneben. Es ist unmöglich, dass sie das nicht mitbekommen haben.

Eine andere Situation fällt mir ein, als ich mit vllt. 4-6 Jahren (+-) einen schweren Holzstuhl die Dachbodentreppe heruntertragen wollte und stürzte. Ich fiel die gesamte Treppe rein und der Stuhl über mich drüber. Ich hätte mir das Genick brechen können. … Aber nichts. Keine Reaktion. Keine Besorgnis. Spott stattdessen, wie ich sowas Dummes auch machen kann. Ich hätte das ja besser wissen müssen. Selbst Schuld.

Manchmal ist der Gedanke heute erträglicher, dass sie das als „Abhärtung“ betrachtet haben und ich wenigstens den materiellen Nutzen hatte – irgendeine Bedeutung für sie – als so unwichtig für sie zu sein, dass sie nicht einmal mein Tod interessiert.

Wegwerfware.

Aber auch meine Oma kommt mir da in den Sinn. Warum hat sie die Augen so verschlossen, vor dem was passierte und mir nicht geholfen? Wenn ich heute mit ihr spreche, dann geht es nur um sie. Wie schlecht es ihr geht, was mit ihr ist und besonders keinerlei Verständnis für meine Handlungen:
Ich hätte doch bei meinem Ex bleiben können. Wie er mich behandelt hat? Egal. Ich hatte es doch finanziell gut dort.
Ich könnte doch mal meine andere Oma besuchen. Was sie mir angetan hat? Egal. Ist doch Familie.
Und warum nehme ich nicht endlich Kontakt zu meinen Geschwistern auf? Weil sie bei meinen Eltern leben und ich das nicht riskieren darf? Nach allem was meine Eltern taten? Egal. Ich übertreibe und bin eine schlechte Schwester.
Gut das meine Oma mir auch regelmäßig sagt, wie sehr mein Vater meine Schwester lobt. Was für ein gutes Mädchen sie ist.
Der bitterste Gedanke, den ich jemals wahrgenommen habe, war: „Wahrscheinlich fic*t sie auch noch besser als ich“ – Ich liebe meine Schwester und ich ertrage das Gefühl sie zurückgelassen und keinen Kontakt zu ihr zu haben nur mit unendlich viel Verdrängung und Dissoziation. Das ich so etwas dachte, fühlte sich wie mein persönlicher Tiefpunkt an.

Meine Oma war der einzige gute Punkt in meiner Kindheit. An sie habe ich die einzigen schönen Erinnerungen, die nicht mit etwas Schlimmen gekoppelt sind. Und trotzdem lebt sie in einer Scheinwelt. In einer Fake-Harmonie Welt, wo nicht der Täter zur Rechenschaft gezogen wird, sondern sich das Opfer nur mehr zusammenreißen muss. Ich fühle mich verraten von ihr. Ich fühle mich so unwichtig, dass ich es nicht mal wert bin, dass man mir zuhört oder zumindest meine Entscheidungen nachvollziehen kann. Das man nicht mal sauer darüber wird, was mir angetan wurde.

Und so geht es weiter.
Richtig in mein Gehirn eingesickert WIE egal ich Menschen bin, war nach der Gruppenvergewltigung. Meine „Freunde“ ignorierten es oder taten es ab, als hätte ich von einer Lappalie erzählt. Während sie mich gleichzeitig über Monate mit ihren Beziehungsdramen und anderen Mist volllaberten. „Es reicht jetzt auch mal mit diesem Thema“ , bekam ich gesagt, nachdem ich zum 2.Mal(!) darüber sprechen wollte und auch nur darüber, dass ich Zeugen für die Polizei suche und die Namen der Täter. Ich forderte noch nicht einmal Mitgefühl, obwohl ich es so dringend gebraucht hätte. Über Monate, Tag ein Tag aus, musste ich mir anhören, warum die Freundin Schluss gemacht hat und wie schlimm das doch war und unfair. …. Hmmm… Vllt. reagiere ich auch deshalb heute so allergisch auf Beziehungsdramen. Oder ich wurde ganz ignoriert oder das Thema schnell wieder umgelenkt auf etwas anderes, sobald ich etwas sagen wollte. Und der Vater meines Kindes verbot mir den Kontakt zu diesen deshalb. Weil ich so widerlich wäre und sicher kein guter Kontakt für es. „Sorry das ich mit hab vergew“ltigen lassen. Hast recht, ich bin ein schlechter Mensch“
Der Typ will heute auf Personenschützer machen, es ist so absurd … Ich meine, er ist furchtbar. Ich weiß das. Ein schrecklicher Mensch und selbst einer meiner Täter und trotzdem tut es weh. Denn andere Frauen beschützt er, wenn sie von ihrem Mann geschlagen werden. Es tut so weh, dass ich niemand genug bedeute, wengestens einmal sauer zu werden. Das es bei allen scheinbar schlimm ist, nur bei mir nicht.

Das ist nur mein Gefühl, das ist mir bewusst.
Aber warum hört das nicht auf?

Auch meiner besten Freundin damals war es das nicht wert. Auch sie überging die Geschichte. Über alles mögliche regte sie sich auf, aber nicht darüber.
Meine Therapeutin damals fand es erst schlimm, weil ich an organisiertes Verbrechen geraten bin und nicht „Nur bei jemand fremdes im Bett aufwachte“, wie sie es sagte. Wir konnten in der Therapie auch keine wirkliche Traumaarbeit machen, weil ich ja kaum Erinnerungen an die Traumata in der Kindheit habe. Aber ich hatte doch so viele im Erwachsenenalter, an die ich mich erinnere. Keins davon sprach sie an, im Gegenteil überging sie vieles, wenn ich darüber sprechen wollte. Das fühlte sich so an, als wären diese Traumata wohl einfach nicht schlimm genug gewesen. Nichts für die Traumatherapie … Aber wenn ich mich mit anderen Menschen unhalte, dann haben sie nicht all diese Dinge erlebt und werden trotzdem ernst genommen. Machen trotzdem Traumaarbeit. Was war denn an meinen Erfahrungen anders?
Ich würde es einfach nur so gerne verstehen. Ich nehme mich heute ernst und ich find all diese Dinge sehr wohl schlimm. Und die Menschen reagieren doch auch auf andere. Warum wird bei mir stets so verhalten reagiert?

Nicht ernst genommen werden, unwichtig sein…
Ich weiß heute, dass das ein großer Trigger bei mir ist und Trigger lassen einen die Welt nicht unbedingt immer real betrachten. Oft interpretiert man Dinge falsch, weil sie einen so an das Schlimme von früher erinnern. In der heutigen Realität sind diese Sachen aber manchmal ganz anders.
Heute hab ich mich selbst auch lieb, sodass ich wirklich keinen logischen Grund weiß, warum man ausgerechnet mich ignorieren sollte. Ich weiß nicht, was an mir so schlimm sein sollte, dass man alles Mögliche auf der Welt schlimm findet, nur nicht das, was mit mir ist.
Rational weiß ich das.
Und das sage ich mir auch immer wieder.

Aber warum wird es dann immer wieder angetriggert? Liegt das nur an mir? Interpretiere ich das nur falsch? Bei anderen Dingen tue ich das doch auch nicht so stark. Oder erwarte ich einfach zu viel?

Das Gefühl anderen unwichtig zu sein, wie soll ich das aber selbst auflösen, ohne die anderen? Ohne positive, neue Erfahrungen? Ohne Erfahrungen, die mir das Gegenteil zeigen?

Wenn ich heute einer Freundin schreibe, dass meine Depressionen gerade wieder in einer schweren Phase sind und keine Antwort darauf kommt, tut das weh. Ich fragte sie, warum sie darauf gar nicht reagiert hat und sie sagte, dass sie nicht wusste wie. Ich glaube ihr das, sie ist kein schlechter Mensch und auch keine schlechte Freundin. Aber es tut trotzdem weh.
Noch viel mehr weh tut es, weil ich weiß, dass sie auf sowas reagieren kann. Denn mit einer anderen Freundin von ihr schreibt sie lange Chats. Geht auf sie ein, tröstet sie, ist für sie da. Während auf mich und wenn ich etwas erzähle, was mich gerade belastet, nur ein: „Hmm, ja echt doof…. Du, weißte was bei mir grad los ist?“ kommt. Das tut soooo weh. Warum bin ich es nicht wert, dass man mich tröstet oder für mich genauso da ist? Warum denken Menschen ständig, dass ich das nicht brauche? Warum ist es bei anderen so schlimm, aber bei mir so selbstverständlich?

Es tut auch weh wenn Menschen zu mir nach Hause kommen oder mit mir telefonieren und als erstes von sich und ihren Problemen erzählen. Und wenn ich von mir etwas nur irgendwo zwischendurch schnell einschieben kann. Schnell, weil es sich für mich so anfühlt. Ich muss die Lücke abpassen, die der andere im Reden lässt, um kurz etwas von mir zu erzählen. Und oft sind das auch nur Beispiele, die ich dann anbringe, weil es thematisch zu dem passt, was der andere erzählt. Also nichts, wo es wirklich um mich geht, sondern mit dem Erzählten möchte ich dem anderen dann zeigen: „Du bist nicht allein“ – „Ich verstehe dich“ – „Ich habe damals so und so reagiert, vllt. hilft dir diese Perspektive“ – usw.
Selbst wenn ich sage: „Mir geht es heute nicht so gut“ , dann wurde trotzdem einfach über sich geredet. Auch wenn ich gerade nicht über meine Themen sprechen möchte, würde ich mir so wünschen, dass man trotzdem einfach für mich da ist. Mir zeigt, dass es trotzdem mal um mich gehen darf. Egal wie. Und nicht nur umgedreht.

Ich bin gerne für andere da. Wirklich gerne. Aber ich verstehe nicht, warum bei diesen nicht der Gedanke aufkommt, dass ich das vllt. genauso brauchen könnte? Das ich es genauso brauchen könnte, dass es mal nur um mich geht und man mir einfach nur zuhört. Aufmerksam, ohne auf die Sekunde wartend, wo man endlich wieder über sich reden kann.
Aber auch das bilde ich mir nur ein. Nehme nur ich so wahr, wurde mir schon so oft gesagt … Ich weiß es nicht. Vielleicht. Vllt. fällt denjenigen das aber auch nicht auf und sie schieben deshalb alles von sich und geben meiner Wahrnehmung die Schuld.

Dann denke ich mir und manchmal sagen sie es auch, dass es ihnen eben so schlecht geht, dass sie keinen Raum für mich haben. Das ist okay und eine wichtige Grenze.
Aber wenn das ständig oder fast überwiegend der Fall ist, frage ich mich schon manchmal: „Geht es mir dann einfach doch nicht so schlecht? Sind die anderen doch schlimmer dran, als du? Denn wenn du dich zurückhalten kannst, um für denn anderen da zu sein und der das nicht kann, dann muss es dem ja schlechter gehen“ und weil ich das denke, halte ich mich dann wieder zurück. Bin weiter für den anderen da, höre zu, mache mir Gedanken und trete damit über meine eigenen Grenzen. Aber ich äußere doch schon deutlich wie es mir geht. Warum hören das die anderen nicht?
Und da bin ich wieder an dem Punkt, wo ich mich frage, wie laut ich rufen muss, um gehört zu werden?

Es wird zwar gesagt und angeboten: „Wenn du reden willst…“ , aber ich kann dann doch nicht reden. Sie hören gar nicht richtig zu. Sind mit etwas anderem nebenbei beschäftigt, abgelenkt, geistig nicht richtig anwesend, gelangweilt. Es tut so weh, wenn ich sehe, wie der Blick so langsam abtriftet, weil derjenige sich langweilt. Gelangweilt von meinem Schmerz ist. Von meinem Kampf ums Überleben.
Oder sie reden ständig zwischenrein. Also nicht so normal, weil einem ein Gedanke kommt, sondern ich werde dann so komplett überredet, sodass ich gar nicht richtig weiterreden kann und es doch wieder nur um den anderen geht.
Wieso nehme ich das denn wahr, wenn nichts davon stimmt? Wovon werde ich denn dann getriggert? Ich will es einfach nur verstehen, dann könnte ich vllt. auch besser damit arbeiten.

Oder es geht generell überwiegend nur noch um die Themen des anderen.
Beziehungstress, während ich da sitze und davon erzähle, dass ich Angst habe, dass noch Täterkontakt besteht, weil es Indizien dafür gibt. Während auch bei mir weiter im Trauma zu meinem Kind gerührt wird, von Täterseite. Während Traumaerinnerungen hochkommen usw. Es ist so viel los und wenn es dann im Chat oder Gespräch immer wieder auf dieses eine Thema des anderen zurückswitcht, fühlt es sich wieder an, als wäre ich unwichtig. Nur für andere da. Um benutzt zu werden….

Das ist so stark dieses Thema, seit letztem Jahr.
Manchmal ertrage ich es kaum noch. Dieses Gefühl für niemand wichtig zu sein. Nur für den Gebrauch. Ja, es ist schön, dass die Dissoziation fällt, aber das bringt auch soviel Schmerz ans Tageslicht.

Ja, die Menschen sagen, es ist nicht so. Das sie mich nicht benutzen.
Und das will ich ihnen auch glauben. Mein Umfeld ist lange nicht mehr das Gleiche, wie es das früher war. Auch meine Antennen für ausnutzendes Verhalten sind viel besser, ebenso ziehe ich heute sehr starke Grenzen.
Wie gesagt, rational weiß ich auch, dass es Quatsch ist. Es gibt keinen Grund, warum ich weniger als andere Wert sein sollte. Auch ich bin nicht der Nabel der Welt, bei dem alles anders ist.
Aber das Gefühl geht nicht weg.
Und ich habe ja Reaktionen kennengelernt, wenige, aber sie waren da, die mir zeigten: „Ah, so sieht es also aus, wenn jemand schlimm findet, was man dir antat“ – Wenigstens weil die Sache an sich schlimm ist. Ob ich demjenigen wichtig war, dass kann ich deshalb trotzdem nicht fühlen.

Und ich weiß nicht, was ich tun soll.
Soll ich noch mehr Menschen aussortieren? Da bleiben nur noch 2 übrig. Oder muss ich es einfach akzeptieren, weil die Welt und die Menschen nun einmal so sind? Aber bei anderen können sie das doch auch.
Oder jammere ich gerade nur herum? Gebe ich anderen die Schuld, muss ich mich noch mehr selbst kümmern?
Oder liegt es daran, dass ich noch immer die falschen Menschen anziehe? Muss ich erst noch mehr heilen?
Muss ich mich noch mehr anstrengen und meine Trigger bearbeiten? Liegt es daran? Bewerte ich alles nur falsch?
Aber irgendwie ist es mir auch zuwider, dieses „noch mehr machen müssen“ – Sind das nicht auch Traumagedanken? Das man erst dies und jenes tun muss, um sich geliebt zu fühlen? Weil es nicht reicht, das man einfach ist?
Aber wenn es an den Anderen liegt, dann kann ich auch nichts tun. Nicht handeln. Das ist also genauso Mist und nicht akzeptabel für mich.

Ich will das alleine schaffen. Niemand anderes dazu brauchen, auf niemand angewiesen sein. Obwohl auch das wieder nur Traumagedanken sind, oder?
Aber da ist sowieso der Punkt, wo ich scheitere. Ich weiß nicht wie ich das alleine hinbekomme. Ich habe Selbstliebe aufgebaut und trotzdem wünsche ich mir das Gefühl, auch einmal für jemand anderes wichtig und bedeutend zu sein.
Ja, manche Leute sagen es wäre so, aber ihre Handlungen lassen mich das nicht fühlen.

Ich stehe hier an einem Punkt, wo ich nicht weiß, wie ich das ohne die Hilfe anderer schaffe. Zumal es dabei ja um andere geht. Aber genau davor habe ich Angst. Denn dazu muss ich anderen erst einmal zeigen, dass ich sie brauche und wenn ich noch nicht mal das Gefühl habe, das ICH gesehen werde, wenn ich mit „Bröckchen“ (obwohl Depressionen und Vergew*ltigung jetzt auch keine Bröckchen sind) ankomme, dann wird es nur umso schlimmer, umso offener und verletzlicher ich mich noch zeige und wieder keiner Reaktion kommt. Ich will auch einfach nicht mehr darum kämpfen müssen, gesehen und geliebt zu werden. Jemand wichtig zu sein.
Ich fühle mich hier in einer Pattsituation, weil ich nicht weiß, wie ich dieses Thema ohne andere schaffe. Aber auch nicht, wie ich es mit schaffen soll. Ich gebe mir wirklich Mühe, aber es haut nicht hin. Keine Ahnung