Heute gehe ich auf einige Fragen ein, die in den letzten Monaten/im letzten Jahr so hereinschneiten…
Warum sprichst du so wenig über euer System?
Weil wir das nicht wollen. Äh, Punkt? 😅
Nein, ich führe das natürlich etwas aus. Mir ist bewusst, dass es Dis-Systeme gibt, die mehr über sich erzählen. Wo z.B auch die unterschiedlichen Anteile vorgestellt werden und auf das zielte diese Frage wohl auch ab. Ich persönlich finde es auch absolut interessant, wenn Anteile sich vorstellen, von sich und ihren Anschauungen, etc. berichten. Nur bei uns geht das nicht. Einer der Hauptgründe liegt darin, dass systeminterne Informationen etwas sehr gefährliches sind, womit schnell Schindluder betrieben werden kann.
Aber auch darin, dass wir ein unglaubliches Problem mit Namen haben. Ich kann euch nicht sagen, warum das so ist. Tatsächlich reden wir uns auch untereinander nicht oder nur in Ausnahmefällen mit Namen an. Wer angesprochen ist oder wem man versucht anzusprechen, funktioniert mehr auf einer „energetischen“ Ebene. Es läuft viel über spüren/fühlen, wer gerade gemeint ist, ab. Dumme Beschreibung, ich weiß. Ich denke, dass ist aber auch ein Grund, warum Innenkommunikation recht schwierig bei uns ist. Funktioniert halt nicht immer richtig mit: „Hey du da!“ . Mir ist aber aufgefallen, dass ich auch in der Außenwelt selten Menschen mit ihren Namen anspreche. Nur wenn´s halt gerade nicht anders geht. Oder wenn ich etwas deutlich machen will. Vor einiger Zeit sagte auch mal jemand ständig meinen Namen, wenn er mit mir sprach. Und mich hat das so irritiert, dass ich erstmal googeln musste, warum jemand das tut. Ich wusste halt nicht ob dahinter eine manipulative Absicht steckt oder eine freundliche oder wie ich das einschätzen soll 😅.
Um zum Thema zurück zu kommen: Wir haben ein Problem mit Namen. Und wenn man keine Namen verrät, ist es logischerweise auch schwierig Anteile, die Auftauchen, für Außenstehende auseinanderzuhalten. Was sollten wir da sagen? „Heute ist die Person da, die vorletzte Woche schon mal da war, aber nicht der ist, der gestern da war“ ? Also weißte, das macht halt wenig Sinn.
Außerdem…
…Haben systeminterne Informationen für uns auch etwas sehr privates. Das ist unsere Welt und wenn wir uns dazu bereit fühlen, teilen wir davon etwas mit. Und wenn nicht, dann eben nicht. Ähnlich verhält es sich übrigens mit Informationen über andere Systeme. Wir können tatsächlich gar nicht so gut damit umgehen, wenn man uns zu schnell, sehr private Systeminformationen nennt. Das Problem liegt da aber nicht beim Anderen bzw. Gegenüber, sondern einfach darin, dass das FÜR UNS eine große Nähe und Intimität bedeutet, die wir erstmal einordnen lernen müssen.
Diese Nähe ist rational zwar sehr cool, signalisiert innerpsychisch aber Gefahr. Wir brauchen unsere Zeit damit umzugehen. Umgedreht bedeutet es im näheren Kontakt zu anderen Menschen aber nicht, wenn wir nichts über uns mitteilen, dass grundsätzlich kein Vertrauen da ist oder der andere etwas falsch macht.
Weiß euer Umfeld von der Dis?
Das nähere Umfeld schon, ja. Und anderen Menschen gegenüber: Wir posaunen es nicht ständig in die Welt hinaus, gehen mittlerweile aber immer entspannter damit um. Wer’s weiß, weiß es eben. Zum Beispiel wenn jemand auf dem Blog stößt o.Ä.
Mit unserem nahen Umfeld sprechen wir aber trotzdem nicht darüber. Kaum systeminterne Informationen und unterschiedliche Anteile kennt auch keiner mit Namen. Bei einer Freundin zeigten sich in letzter Zeit einige und sprachen mit ihr (allerdings ohne ihren Namen zu nennen). Und mit unserer besten Freundin konnten wir früher relativ gut drüber reden. Da zeigten sich auch das erste Mal welche richtig vor jemand Außenstehenden. Wie die ganze Freundschaft zwischen uns auseinander ging, war aber eher ein herber Vertrauensbruch für viele im Inneren.
Mit dem Rest besteht da kein wirklicher Bedarf drüber zu reden. Wir haben es ein paar Mal vorsichtig versucht, aber es kamen viele Relativierungen: „Ach das hat doch jeder.“ – „Na das ist doch normal.“ usw. Und irgendwie ist mir das zu blöd, da jedes Mal gegenzureden und zu erklären, dass es eben doch ein bisschen anders ist, als bei anderen Menschen. Das kostet Energie und letztendlich führen diese Relativierungen dazu, auch wenn sie 100% nicht böse gemeint sind, dass wir das Gefühl bekommen, uns wird nicht geglaubt. Oder das man sich beweisen müsste und darauf haben wir wirklich keine Lust. Manchmal, wenn wir etwas erzählt haben, wurde sich darüber auch ausgeschwiegen und schnell das Thema gewechselt. Das ist auch nur so ein mittelprächtiges Gefühl.
Wir belassen es daher dann auch dabei. Letztendlich begegnet dem Gegenüber doch sowieso nur eine Außenerscheinung. Und das diese Wechselhaft im Verhalten ist, ist ja nichts Neues für irgendjemand. Und den Rest machen wir eh mit uns selbst aus.
Warum müssen alle „Franzi“ genannt werden?
Müssen sie nicht. Am liebsten ist uns, wenn ihr einfach gar keinen Namen verwendet. Und wenn es z.B um sowas geht wie: „Hey guck doch mal“ und wir sind gemeint, aber mehrere (Außen)Personen mit anwesend, dann passt „Franzi“ . Das ist der Frontname und in seiner Abkürzung relativ positiv besetzt. Tatsächlich geht es bei „Franzi“ nicht darum, dass [ich] die anderen nicht anerkenne und deshalb alle „meinen“ Namen tragen sollen, wie oft vermutet.
Wir haben uns einfach darauf geeinigt, da es die leichteste Lösung ist. Manches hat auch eindach nur pragmatische Gründe😅.
Es gibt noch Zwei, die uuuunlgaublich viel wert darauf legen, jeden, sobald sie da sind, vor den Latz zu knallen, dass sie jetzt gerade wirklich nicht „Franzi“ sind. So mitten im Gespräch: „Ja ich bin jetzt aber auch nicht Franzi“ . Blöd ist es dann halt, wenn sie gefragt werden, wer dann da sei. Denn darauf antworten sie auch nicht. Da kommt dann so ein: „….Jaaa….nee….Franzi passt schon“ . Ich weiß aber nicht, ob es daran liegt, dass sie ihren Namen nicht nennen wollen, also so sagen sie es. Oder ob sie da vllt doch hauptsächlich versuchen, mehr auf den Rest Rücksicht zu nehmen.
Dann könnten wir jetzt zwar noch die Anfangsbuchstaben der Einzelnen mit hinschreiben oder sagen „B.“ ist gerade vorn oder hat den Text verfasst. 1. gibt es aber ja jeweils nicht nur einen Anteil mit diesem Anfangsbuchstaben, also käme man (als Außenstehender) auch durcheinander. Und 2. existiert da auch immer noch die innere Angst, über den Anfangsbuchstaben und Verhaltensweisen könnte herausgefunden werden, wer derjenige gerade ist.
Wer schreibt auf dem Blog?
Mehrere, wenn auch nicht sehr viele. Allerdings war [ich] bisher immer mit im Co-Bewusstsein. Spätestens wenn es an die Veröffentlichung geht.
Manche schreiben Beiträge komplett. Oftmals ist es tatsächlich aber auch ein Mix pro Beitrag, zumal wir auch nicht alle Artikel an einem Stück zu Ende schreiben.
Generell schreiben wir viele Beiträge vor und veröffentlichen sie erst einige Zeit später. Manchmal packt uns die Muse und wir schreiben mehrere Beiträge in einer Woche, aber dann sind auch Phasen dabei, wo wir wochen- bis monatelang überhaupt nichts schreiben können. Dafür sind die vorgeschriebenen Beiträge dann sehr gut. Und diese Beiträge werden immer auch gegengelesen. Von mir, da ich den Blog nach Außen hin repräsentiere und schon Wert auf einige Dinge lege. Und im Inneren checkt auch immer jemand, ob das so okay ist, was geschrieben wurde oder ob jemand zu viel preis gab, was dann abgeändert werden muss.
Daher auch nochmal ganz wichtig: Social Media ist nicht die Realität. Nur weil wir z.B. (fast) jede Woche etwas veröffentlichen, heißt das nicht, dass wir mehr Energie haben, als andere oder Dinge leichter laufen. Das Vergleichen kann man nicht abstellen, aber vllt. hilft es euch, das immer mal wieder mit im Kopf zu behalten. Ihr seid nicht schlechter, fauler oder what ever, nur weil bei euch manches oftmals nicht geht. Schreiben hilft uns beim Verarbeiten und auch einen sinnvollen Zweck im Leben zu finden sowie eine Verbindung zur Umwelt aufzubauen. Euch helfen dagegen aber vllt. ganz andere Dinge und diese sind genauso wichtig und wertvoll!
Wer ist der „Host“ ?
Offiziell könnte man sagen, das ist Franzi. Allerdings kann ich, wenn ich mich als „Franzi“ vorn fühle, nicht mal sagen was genau diesen Anteil ausmacht. Ich selbst habe ein Aussehen im Inneren, fühle dieses Individuum aber nie allein vorn. Ich persönlich weiß nicht was „Franzi“ genau definiert und was nicht. Ob es überhaupt einen einzelnen Anteil mit diesem Namen gibt oder nicht. Vllt gibt es jemand, der überwiegend vorn ist und den man als Host bezeichnen könnte. Aktuell könnte ich darüber allerdings überhaupt keine zuverlässige Aussage treffen.
In Momenten, wo Zweifel am Trauma etc. aufkommen, kann es uns helfen unsere Individualität zu verstehen und begreifen. Im normalen Alltag ist es uns mittlerweile allerdings egal wer und wie viele wann vorn sind. Das kostet einfach so viel Energie und führt im Gegenteil eher oft zu noch mehr Zweifeln, als wenn wir alles einfach sein lassen, wie es ist.
Wie groß ist euer System?
Auch so eine beliebte Frage. Auch keine grundlegend verkehrte. Neugierde darf mehr als sein. Wir haben allerdings schon vor einer ganzen Weile aufgehört zu zählen und mittlerweile ist es uns auch egal. Aktuell gibt es noch immer eine große Blockade bzgl. innerer Landkarte. Vllt ändert sich unsere Einstellung also irgendwann wieder, wenn auch sowas wieder möglich ist. Momentan wüsste ich aber sowieso nicht, was eine exakte Zahl ändern sollte.
Wenn ein bestimmtes Trauma vorliegt, ist es egal ob 20 oder 200 Anteile existieren. Das Trauma bleibt ja das Gleiche. Wichtig finde ich, dass keiner unter den Teppich fällt. Aber ob er nun Anteil 8 oder 568 ist, ist doch nun wirklich Wurst.
Vllt hat sich bei mir auch eine bestimmte Resignation eingestellt, ich weiß es nicht. Aber für mich ist das Was, Wer, Wie, Wo gar nicht mehr so wichtig, sondern das, was aktuell ist. Wer was im aktuellen Moment erlebt, fühlt und denkt ist real und nicht woher er kommt. Das aufmerksame Beobachten der eigenen Vorgänge (als Anteil) führt ja automatisch zu den eigenen Hintergründen. Manchmal schneller, manchmal langsamer. Letztendlich hängen wir aber alle zusammen und wer das eine erkennt, hilft damit auch dem anderen. Kollektive Reflexionsarbeit quasi, jedem so, wie es ihm möglich ist. Und wer nicht weiterkommt, dem hilft manchmal die Erkenntnis des Anderen.
Habt ihr Anteile, die gegen euch arbeiten?
Im alltäglichen Erleben ist es ein ständiges Auf-und Ab. Was heute funktioniert, wird morgen völlig blockiert, ohne Begründung. Die Hintergründe herauszufinden, ist oftmals eine kräftezerrende Aufgabe und nicht immer fruchtbar. Hier ist also durchaus nicht alles Heididei. Und auch nicht jeder kann jeden leiden. Das stelle ich mir auch recht unrealistisch vor. Zu inneren Zwistigkeiten und Meinungsverschiedenheiten kommt es also definitiv. Dennoch stelle ich bei uns eine gewisse Form der Zusammenarbeit fest. Das heißt nicht, dass jeder Hand in Hand zusammenarbeitet, sondern nur das es ein übergeordnetes Ziel gibt. Wann das festgelegt wurde, weiß ich nicht. Oder ob es überhaupt wie in einer Art Konferenz festgelegt wurde, oder viel mehr vllt ein Wunsch ist, den alle teilen. Kann ich euch nicht sagen. Es scheint aber schon so, als würde sich daran langehangelt.
Das heißt aber NICHT(!), dass das ganze System zusammenarbeitet oder es nicht noch immer Anteile gibt/geben kann, die versteckt (ohne das es mir bewusst ist) einem anderen Ziel folgen.
Wie geht ihr mit täterloyalen Anteilen und Täterintrojekten um?
Grundsätzlich gilt: Ernst nehmen. Aber ohne Angst. Zu erkennen wie wenig Macht ich im System habe, war Anfangs mehr als beängstigend. Hat mir am Ende aber geholfen, den anderen mit weniger Angst zu begegnen. Ich kann es ja schließlich sowieso nicht ändern.
Die haben ihre Gründe für ihr Handeln und Fühlen. Ich kann das nur ernst nehmen. Es bringt nichts, wenn ich sie ständig runter mache, mich gegen sie stemme und ihnen sage wie behindert ich sie finde. Die Anfangszeit hat das nur zu noch unangenehmeren Abwehrreaktionen geführt, was jeden belastet hat. Ich persönlich habe so wenig Macht im System, dass ich sowieso niemand etwas vorschreiben kann … Also bin ich irgendwann dazu übergegangen, einfach meine Sichtweise der Dinge zu schildern und warum ich etwas denke und will. Meine Logik bzw. Kosten-Nutzen-Rechnung erklärt. Und gesagt, dass ich aber jederzeit für ein besseres Argument zu haben bin. So gehe ich ja auch mit Außenstehenden um.
Die Grundidee dahinter ist einfach nur das ernst nehmen. Wir haben ein Grundziel und verschiedene Wege/Betrachtungen/Versuche dahin zu kommen. Der sinnvollste und effektivste Weg (egal welcher Form) gewinnt. Der springende Punkt dabei ist aber, dass es nicht manipulativ gemeint ist.
Irgendwann war mir manches einfach wirklich Wurst. Zumal doch eh getan wird, was „gewollt“ wird. Ich kann daher auch nix dazu sagen, ob täterloyale Anteile und wir tatsächlich an einem Strang ziehen, nur einige oder gar keine (und ich nur an der Nase herum geführt werde). Logisch ist für mich aber, dass ich sie nicht über Bevormunden, Bestrafen, Ablehnung, Kritisieren oder Manipulation ins Boot holen kann 🤷♀️.