Wie geht Selbstreflexion?

Zuerst einmal: Was ist Selbstreflexion überhaupt?

Selbstreflexion beschreibt die Gabe, unsere eigenen Gedanken, Gefühle und Handlungen zu hinterfragen. Mit ihr haben wir die Möglichkeit einen Schritt beiseite zu treten und auf uns und unsere Handlungen und Empfindungen, aus einer anderen Perspektive, zu schauen.

Stellen wir uns unser Leben wie in einem Tunnel vor: Wir blicken stets immer nur gerade aus. All unsere Handlungen, Gedanken und Emotionen umspielen uns. Wir SIND unsere Handlungen, Empfindungen, usw. Eins bedingt das andere und so folgen wir diesem Tunnel, ohne daraus ausbrechen zu können. Sobald uns aber klar wird, dass all diese Dinge nur ein Teil von uns sind und nicht wir, bekommen wir die Möglichkeit sie von „außerhalb“ zu betrachten. Es ist, als würden wir aus dem Auto, das diesen Tunnel entlangfährt, aussteigen und es beim Fahren beobachten. Bei was brummt es, wann rollt es über etwas hinweg? Wir können aus der Beobachterperspektive andere Dinge wahrnehmen, als nur aus der Ich-Perspektive.

Selbstreflexion ist also die Fähigkeit uns selbst Wahrzunehmen. Uns Selbst über uns bewusst zu werden.

Warum ist Selbstreflexion so wichtig?

Ich persönlich erachte sie nicht nur als unablässig für den Weg der Traumaheilung, denn ohne sie bleiben wir in den Emotionen gefangen. Ich betrachte sie auch als einzigen Weg für die generelle Menschheit, etwas an den Umständen auf unserer Welt zu ändern. Ich persönlich glaube, dass all das Leid nur deshalb dermaßen große Ausmaße annehmen konnte, weil wir Menschen nicht mehr bewusst handeln und denken. Wir laufen wie auf Autopilot und zur Folge hat das, dass wir in der Opferhaltung verharren.

Die meisten Gewalttaten (gegen Menschen oder der Natur) basieren auf einem unreflektierten Inneren. Nehmen wir z.B das übersteigerte Ego, welches in einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung oft das größte Problem darstellt (weshalb man auch sagt, die Gesellschaft wird generell immer narzisstischer). Das Ego an sich, ist per se nichts Schlechtes. Es schützt unseren tiefen, inneren, verletzten Kern vor noch mehr Schmerz. Das Ego sieht die Welt allerdings nur aus seiner Perspektive. Das ist notwendig, um vor noch mehr Schmerz und Verletzung zu schützen. Ein wichtiger Punkt in der NPS Therapie ist daher, einen Perspektivwechsel einnehmen zu lernen. Zu verstehen, wie andere fühlen und warum man selbst tut, was man tut.

Kurzfristig gesehen ist diese (Ego) Strategie sinnvoll. Langfristig birgt sie allerdings viel Leid für unsere Umgebung und auch für uns Selbst. Verstehen wir unsere Handlungen (geprägt aus unseren Gedanken und Emotionen) nicht, beherrschen sie uns. Wir bleiben ein Opfer der Umstände und damit machtlos (was uns im Trauma – persönlichen und/oder kollektiven – gefangen hält). Selbstreflexion gibt uns also die Möglichkeit wieder handlungsfähig zu werden.

Ist Selbstreflexion angeboren?

Sprich, können wir das von Anfang an?

So wie es die Forschung bisher verlauten lässt und das glaube auch ich: Nein. Wir sind uns nicht von Beginn unseres Lebens an Selbst-bewusst. Im Laufe der Zeit erkennen wir uns im Spiegel als eigenständiges Wesen, das heißt jedoch noch nicht, dass wir uns selbst wirklich bewusst werden.

Wer bin ich?

Abseits aller Doktrin, die uns unsere Familien und das Kollektiv, in welchem wir aufwachsen, aufgibt.

Als Bsp. der vorherrschende „Schönheits“wahn: Will ICH schlank sein oder kommt dieser Wunsch von Außen? Fühle ich mich schlecht, wegen mir (bspw. bei Unter-/Übergewicht, weil ich mich schlecht bewegen kann, Gesundheitsprobleme habe etc.) oder weil ein bestimmtes Bild von mir erwartet wird? Folge ich dem was ICH WIRKLICH will oder einem Bild, was gar nicht mich selbst betrifft, welches ich aber (unbewusst) übernommen habe (= Introjektion)?

Ich persönlich glaube, dass wir auf die Welt kommen und das uns vorgegebene Weltbild übernehmen, wie wir es kennenlernen. Und das erachte ich so auch als richtig und wichtig für das Kind. Erst mit der Zeit werden wir bewusster und spüren, dass wir nicht nur Agieren können. Und ab da setzt die Fähigkeit zur Selbstreflexion ein. Ich sehe Selbstreflexion also nicht als etwas an, was wir von Beginn unseres Lebens können und auch nicht als etwas, was jeder Mensch ausbildet. Ich glaube, dass die Fähigkeit in jedem da ist. Ob wir uns aber dazu entscheiden sie anzuwenden, das bleibt jedem selbst überlassen.

Kann ich Selbstreflexion lernen?

Wenn wir tief im Trauma und tief in der Verletzung stecken, ist es erstmal normal nicht in die Meta- Ebene wechseln zu können. Wir sind (egal wann wir die Verletzung erleben) erstmal im kindlichen Zustand: Wir sind machtlos, auf unsere Außenwelt angewiesen. Um aus diesen Zustand allmählich herauszukommen, hilft es uns, Abstand zu alledem zu bekommen. Und das schaffen wir, indem wir in die Beobachterperspektive treten. Ich nenne jetzt einige Möglichkeiten bzw. Fragen, die man sich stellen kann. Letztendlich ist aber auch all das individuell. Am Anfang kann es vllt. auch helfen sich darüber Notizen zu machen:

Schritt 1 – Realitätscheck:

Beobachte erstmal nur die handfesten Dinge. Das was greif- und sichtbar ist. Ohne Emotionen, Wertungen etc., sondern ganz rational.

  • Was ist gerade passiert?
  • Was wurde gesagt/getan?
  • Wer ist beteiligt?
  • Wo bin ich gerade?
  • Wie begann die Situation und wie entwickelte sie sich?

Das hilft dir später beim Abgleich, ob deine Wahrnehmung und die Realität immer übereinpassen. Wenn wir z.B in eine Traumaresponse geraten, nehmen wir die Umwelt als aktive Gefahr wahr. Aufgrund eines Triggers ist das für unser Nervensystem auch richtig, d.h aber nicht automatisch, dass unsere Umgebung in diesem Moment tatsächlich auch eine Gefahr darstellt. Kann sein, muss aber nicht. Oft stoßen wir z.B andere Menschen vor den Kopf, weil wir in eben so eine Traumareaktion rutschen. Beispielsweise durch einen Satz oder eine Verhaltensweise des Anderen, die uns an früher erinnert, an etwas das Schmerz bedeutete. Der heutige Gegenüber kann aber ganz andere Absichten haben, als derjenige, an den wir erinnert werden.

Schritt 2 – Wahrnehmung:

Hier geht es jetzt darum, wie du die Situation empfindest. Daher ist der erste Schritt wichtig. So bekommst du den Vergleich zu dem, was tatsächlich im Äußeren ist und zu dem, wie sich die Situation für dich gestaltet. Wichtig ist: So oder so, das was du erlebst ist für dich real! Bei der Frage deiner Wahrnehmung ist auch unerheblich, wie die sich Situation im Außen tatsächlich darbietet. Hier geht es erstmal nur um DEINE Wahrnehmung:

  • Wie nehme ich die Situation wahr?
  • Was fühle ich? Mich bedroht? Eingeschüchtert? Klein? Unwichtig? Dumm? Weniger wert? Oder fühle ich mich wohl? Anerkannt? Gesehen?Verstanden? (…)
  • Fühle ich mich allein (aktiviert oft den Kampf- oder Fluchtmodus)? Oder fühle ich mich verbunden/unterstützt? (…)
  • Sind es Emotionen? Schmerz? Trauer? Wut? Leere? Innere Taubheit? (…)
  • Oder sind es Körperempfindungen? Schmerz oder Taubheit in den Gliedmaßen? Organen? Jucken? Kurzatmigkeit? (…)
  • Oder Unruhe?
  • Wo sitzen sie, die Emotionen oder Schmerzen? An welcher Stelle im Körper?

All das hilft uns, uns selbst besser zu verstehen. Wie denke und handle ich überhaupt? So kommen wir raus aus dem nur „Agieren“ und verstehen, wann wir was tun und wann wo was aktiviert wird.

Schritt 3 – Hinterfragen

  • Wann fühlte ich mich ähnlich? Habe ich ähnlich Empfindungen bereits einmal gespürt und wenn, wann und in welcher Situation?
  • WARUM fühle ich so? Warum fühle ich Wut, wenn man mir z.B ständig ins Wort fällt? Was steckt dahinter?
  • Welche Situation hat welche Empfindung bei mir ausgelöst? (Durch das Hinterfragen der Emotion lässt sich so auch schauen, was sie eigentlich bedeutet, woher sie kommt und warum sie in dieser Situation ausgelöst wird)

Das Hinterfragen unserer Empfindungen, Gedanken und Handlungen gibt uns die Möglichkeit zu verstehen, was dahinter steckt. Ich nehme etwas wahr, das löst einen Gedanken in mir aus, dieser wiederum ein Gefühl, welches zu einer Handlung führt. Wenn wir den Ursprung verstehen, haben wir die Möglichkeit aktiv einzugreifen und nicht nur mitgerissen zu werden.

Schritt 4 – Sichtwechsel

Wenn ich mich selbst und meine Handlungen besser verstehe. Wenn ich weiß was woraus resultiert, kann ich mich auch besser in den anderen hineinversetzen. Dabei geht es NICHT darum Handlungen zu rechtfertigen! In erster Linie geht es erst einmal darum, zu verstehen, warum Menschen tun was sie tun. Dabei verstehen wir oft schnell, dass das Wenigste in Wahrheit mit uns zu tun hat. Dinge die Menschen tun (egal welcher Gesinnung) haben immer etwas mit ihnen und ihrem Innersten gemein. Genauso wie die Dinge, die wir machen, immer etwas mit uns bzw. unserem Innersten zu tun haben. Das hilft uns Abstand zu bekommen. Eine Trennung zwischen uns und der Außenwelt (und z.B dem Täter) zu schaffen. Dadurch lernen wir, dass wir nicht dauerhaft machtlos sind und selbstverantwortlich unser aktuelles und zukünftiges Leben gestalten können.

Dass das Außen über unser Innerstes nur soviel Macht hat, wie wir sie ihm zugestehen.

Eine andere Möglichkeit

,,Wenn ich abends in den Spiegel blicke: Bin ich zufrieden mit mir oder nicht?“

Wenn sich in euch bei dieser Frage ein Wiederstand regt, geht in euch und schaut wo dieser sitzt. Was ist es mit dem ihr nicht zufrieden seid? Wenn es etwas Äußerliches ist: Was ist es? Was würdet ihr ändern wollen? Warum? Was wäre anders, wenn das verändert wäre? Was  würde es an eurer Zufriedenheit ändern? Was sitzt dahinter? Der Wunsch nach mehr Nähe? Fühlt ihr euch allein? Oder der Wunsch nach Liebe? Fühlt ihr euch nicht liebenswert? Warum? Woher kommt dieser Gedanke/dieses Gefühl?

Oder ist es ein innerer Zustand? Habt ihr das Gefühl etwas anderes erreicht haben zu wollen/müssen? Fühlt ihr euch zu faul? Was ist es, was ihr denkt zu wenig zu tun? Warum? Was würde das ändern? Oder habt ihr das Gefühl euch zu wenig durchzusetzen? Woher kommt das? Welche Situationen lösen das in euch aus? Wieso fühlt ihr euch dann so? Und warum könnt ihr nicht anders handeln? Was steht euch im Weg? Welcher Umstand? Welches Gefühl steckt hinter diesem Umstand?

Diese Frage kann als sowas wie eine „Fehleranalyse“ (beim PC) fungieren. Nicht wo ihr der Fehler seid, sondern wo der Missstand, die Blockade in eurem Leben ist. „Wo ist überhaupt dieser Missstand in meinem Leben? Das was mich nicht so leben lässt, wie ich es mir im Innersten wünsche.“ Woher rührt dieser Missstand? Wie äußert er sich? Wann taucht er auf? – Die Erkenntnis darüber ist meist der erste Schritt in Richtung Lösungsfindung. Und die taucht selten sofort auf, sondern ergibt sich mit der Zeit „von Selbst“ .

Das große ‚Warum‘

Selbstreflexion erlangen wir also, indem wir hinterfragen. Warum ist etwas wie es ist und woher kommt es?

Das sind Fragen, die die Menschheit schon seit je her angetrieben haben. Die Grundbausteine jeder Wissenschaft und Philosophie. Dabei geht es aber nicht darum, die endgültige Antwort zu finden. Leben ist ein Prozess. Unsere Wahrnehmung, unsere Empfindungen, Werte und Handlungen unterliegen ebenso einem Prozess. Es geht nicht um Perfektion, nie wieder schlechte Gefühle zu empfinden oder niemals wieder jemand zu verletzten. Das wäre super, entspricht aber nicht der Realität. Und darum geht es auch nicht.

Es geht darum, sich selbst, genauso wie alles im Leben, weiterzuentwickeln. Zu leben. Wenn wir uns selbst nicht gewahr werden, stagnieren wir. Wir kommen aus selbstschädigenden Handlungsmustern nicht heraus, ebenso wenig aus Gedankenspiralen und destruktiven Verhaltensweisen gegenüber unserer Umwelt. Wir bleiben im kindlichen Opferzustand hängen. Selbstreflexion bringt Selbstverantwortung mit sich.

Über das, was andere uns antun und was wir vllt. sogar durch die Natur (Katastrophen etc.) erfahren, haben wir keine Handhabe. Auch nicht über die Verletzungen, die diese in uns hinterlassen. Aber wir haben die Handhabe darüber, wie wir sie in unser zukünftiges Leben integrieren und wie wir selbst unserer Außenwelt gegenüber auftreten.

Wir selbst sind unsere Heilung. Kein Täter. Kein Staat. Keine Natur. Kein Universum und auch kein Therapeut. Der Impuls kommt aus uns, wenn wir es zulassen.

Gesellschaftliche Erwartungen an Opfer se*ueller Gewalt

Angelehnt an die Gefühle, resultierend aus meinem letzten Traum:

Erstmal gilt: Das ist nicht zu verallgemeinern. Es gibt überall auf der Welt tolle Menschen, die nicht so reagieren und diese schätzen wir bitte richtig doll.

*Was ich hier nenne, gilt im Übrigen genauso für alle anderen Arten von Traumata

Es gibt aber schon so einen gemeinsamen Konsens, wie mit traumatisierten Opfern umgegangen wird. Am Anfang gibt es (manchmal) eine kurze Karenzzeit, wo man dir die Zeit einräumt wieder klar zu kommen, aber danach:

  • Kehrst du bitte zum Alltag zurück
  • Tu einfach so, als wäre nichts passiert, denn das macht es leichter für uns
  • Die Vergangenheit ist vergangen, hör einfach auf daran zu denken“ – Ja, genau so funktioniert das auch. Das wir hier von 2 verschiedenen (aktiven) Gehirnbereichen sprechen, besonders in Bezug auf Flashbacks, das ignorieren wir einfach mal
  • Geh bitte deiner Arbeit weiterhin nach, denn nur wer fleißig ist, ist ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft, ansonsten bist du ein „Sozialschmarotzer“ – „Für solche Leute wie dich, muss ich also arbeiten?!“ (Genauso gesagt bekommen)
  • Zeig bitte, wie traumatisiert du bist, denn sonst glauben wir dir nicht
  • Zeig aber bitte nicht zu viel, denn sonst denken wir, du schauspielerst und dann glauben wir dir erst recht nicht
  • Ein echtes Opfer zeigt Gefühle
  • Zeig aber bitte nicht zu viel Gefühle, denn damit können und wollen wir nicht umgehen, deshalb sagen wir, dass jeder der ( „unerwünschte“ ) Gefühle zeigt, „schwach“ ist
  • Wenn du gar keine Trigger zeigst, glauben wir dir dein Trauma nicht
  • Wenn du aber deine Trigger zulässt und offen zeigst/kommunizierst, fühlen wir uns davon überfordert und das wollen wir gar nicht, deshalb sagen wir, „du übertreibst“ – „Stell dich nicht so an
  • Bitte geh mit all deinen Gefühlen und Problemen allein um, denn wir wollen in unserer Illusion bleiben, wo alles immer toll ist und niemand Leid erfährt und das bisschen Leid, das jeder hat: „Damit muss man eben umgehen können“ = „Ich bin auch manchmal schlecht drauf und steh trotzdem auf“ . Deine Probleme wollen wir gar nicht wissen
  • Aber bitte zeig uns auch deine Gefühle, denn wie sollen wir denn glauben, dass es dich schlimm getroffen hat (und dein Erzähltes echt ist) , wenn du rational und ohne Emotionen darüber sprichst?
  • Bitte sei immer zuvorkommend und rücksichtsvoll und hör IMMER zu, egal wie es dir geht
  • Wir müssen das dagegen nicht, denn unser Befinden geht gerade vor (Du hat es nicht so schön emotional wie wir erzählt, deshalb ist deins bestimmt weniger wichtig)
  • Wie? Du willst jetzt was erzählen? Hä? Was? Ne?! Ich hab doch zu tun?! Für sowas hab ich keine Zeit. Komm damit bitte alleine klar
  • Respektiere bitte all meine Probleme und Triggerpunkte, auch wenn ich sie dir vorher nicht sagte. Ich erwarte Gedankenlesen von dir und wenn du das nicht hinbekommst, bist du ganz schön scheiße
  • Was, ich? Ne, ich muss das bei dir nicht. Auch nicht, wenn du mir vorher sagtest, was dich triggert. Das ist mir egal, denn ich will ja leben wie ich will. Wo kommen wir denn da hin? Wenn dich was triggert, musst du schon selbst damit klar kommen. Bin ich dein Psychiater, oder was?! (Das wurde mir tatsächlich auch einmal exakt so gesagt)
  • Bitte hab eine normale Sexualität. Nicht zu wenig (denn dann bist du verklemmt), aber auch nicht zu viel (denn dann bist du eine Schl*mpe) – [beide Varianten sind übrigens absolut normal bei se*uell traumatisierten Menschen)
  • Bitte zeig Spaß am Leben, sei fröhlich, denn wir mögen nur fröhliche Menschen (auch wenn wir das selbst nicht bieten und dich damit selbst weiter herunterziehen)
  • Wie du lachst? Dann kannst du kein Trauma erlebt haben! Traumatisierte oder psychische kranke Menschen lachen doch nicht – Du willst nur Aufmerksamkeit!
  • Wir erwarten, dass du deine Angelegenheiten alleine regelst und ja nicht um Hilfe fragst, aber da du ja nie um Hilfe fragst, kann es doch auch nicht so schlimm sein, oder?!
  • Bitte such dir psychologische Hilfe, aber wenn du dir psychologische Hilfe suchst, dann stufen wir dich als „Psycho“ ein, mit dem wir nichts zu tun haben wollen
  • usw.

Ich muss dabei auch immer an Natascha Kampusch denken, da ihr bzw. durch die Gesellschaft leider öffentlich genau das gezeigt wurde, was von einem Opfer erwartet wird: Es ist nie perfekt genug, dass man dir glauben kann. Es ist nie genug, was dir geschehen ist. Immer kommt jemand, der sagt: „Mir erging es aber schlimmer!“ oder „Eigentlich wolltest du das ja!“ (Wie bei Natascha z.B, wo behauptet wird, sie hätte sich mit 9 Jahren freiwillig dazu entschieden, zu diesem Mann zu ziehen und sich von ihm missbr*uchen zu lassen – Jap, genau so läuft das ab… Glaubt ihr das eigentlich selbst? )

Und genauso ist es auch. Es wird IMMER jemand geben, den es schlimmer geht/ging als dir. Wisst ihr warum? Weil der menschlichen Abscheulichkeit und Gewalt keine Grenzen gesetzt sind. Es geht IMMER einen Ticken schlimmer, aber macht DAS das Leid des Einen weniger schlimm? Tut dein Schnitt durch ein Küchenmesser weniger weh, nur weil ein anderer einen Arm verloren hat? Nein, oder?

Kann ein Opfer immer gleich sein?

Nein. Punkt.

Weil jeder ein Trauma anders erlebt. Weil jeder eine andere Emotionslage dazu hat und einen anderen Schutzmechanismus, wie er damit umgeht. Ich sage permanent, dass für mich nicht die körperlichen Schmerzen das Schlimmste waren. Ginge man davon aus, müsste man ja sagen, dass emotionaler Missbrauch viel schlimmer als körperlicher wäre. Aber ist das so?? Hat ein Mensch, dem die körperliche Gewalt mehr zusetzte, damit unrecht? Ist er deswegen weniger traumatisiert? Wenn er sagt, die körperliche Gewalt setzte ihn mehr zu, als die psychische, was soll ich dann sagen?: „Hast recht, ich habe mir den Rest nur eingebildet“ ? Nein, denn meine Erfahrungen waren so schlimm für mich, wie sie eben waren. Egal was ein anderer erlebte. Und genauso waren die Erfahrungen des Anderen schlimm, auch wenn dessen Schwerpunkte nicht meine waren.

Wir lachen viel. Das ist unsere Art auf Schmerz und unaushaltbare Dinge zu reagieren. Sind wir deswegen weniger Opfer der Taten, die begangen wurden? Die Taten blieben doch dir Gleichen, oder? Jemand der weniger lacht, ist er deswegen weniger Opfer, weil „Man kennt das doch so, von Traumatisierten, dass sie lachen“ ? Nein, er ist ebenso genau das Gleiche Opfer der Taten.

Resultat

Lasst uns bitte (🙏) darauf scheißen, was andere Menschen sagen. Nee, ich kann das auch nicht einfach so. Im Gegenteil, ich kann das nur sehr schwer. Und das ist auch keine Aufforderung im Sinne von: „Wenn selbst ich das kann, kannst auch du das“ – Viele vor mir konnten das auch, deshalb kann ich trotzdem nicht einfach auf andere scheißen. Als ginge das so einfach…

Aber ich versuche mich mehr darauf zu konzentrieren, dass es Menschen gibt – ich habe sie kennengelernt – die mich so nehmen, wie ich bin. Egal ob du lachst oder traurig bist. Sie glauben dir trotzdem. Und ich würde das auch. Besonders weil ich selbst nicht so bin, aufgrund von Oberflächlichkeiten zu verurteilen, muss es doch auch andere geben, die es genauso sehen. Also warum sollte ich mich auf Menschen konzentrieren, die anders sind? Warum sollte ich Menschen überzeugen wollen, die nicht überzeugt werden wollen? Warum sollte ich mir Mühe geben, Menschen, die nicht mein wahres Ich sehen wollen, mein wahres Ich zu zeigen?

Geht es mir dadurch besser? Nein. Die permanenten Ängste vor Menschen und ihren Reaktionen – wenn du nicht so funktionierst wie du sollst – sind trotzdem ständig da.

Aber der Kampf, jedem irgend etwas beweisen zu wollen, wird weniger. Ich hasse Kampf und ich will endlich da raus, mein Leben nur als Kampf anzusehen. Besonders die Erkenntnis, dass ich so lange versucht habe, es jedem Recht zu machen und das trotzdem nichts brachte, andere trotzdem ständig etwas auszusetzen hatten/haben, hilft mir, mich mehr auf mich zu konzentrieren. Wie gesagt: Das funktioniert nicht gut, aber besser als früher. Weiten besser, als früher. Und darüber lerne ich auch Scham abzubauen. Ein Gefühl, was sehr stark in meinem Leben vorhanden ist.

Erlernte Hilflosigkeit („Opferhaltung“) vs. Opfer sein

TriggerwarnungIm Beitrag könnte einiges Triggern, im fortlaufenden Text erkläre ich alles aber näher

Opferhaltung ist ein sehr negativ konnotiertes Wort und ich muss zugeben, dass auch ich damit auf Dauer nur schwer umgehen kann.
Mich strengt es besonders an, wenn entweder ausschließlich anderen die Schuld und die Verantwortung auf Änderung zugeschoben wird oder/und das Menschen ihre Leidspiralen immer und immer wieder durchkauen, was ich als Angehöriger bzw. Gesprächspartner sehr anstrengend finde, da es keine Veränderung gibt. Und wenn sich Leid immer wieder im Kreis dreht und dem scheinbar nicht entkommen werden kann, triggert das auch bei mir alte Ohnmachtsgefühle wieder an. Zudem kostet es auch unglaublich viel Kraft, die ich ehrlich gesagt nicht zur Verfügung habe. Daher ziehe ich mich meist zurück, sobald ich merke, dass derjenige (auf Dauer) in so etwas feststeckt und auch nicht vor hat, daran etwas zu verändern.

Dennoch ist es aber so, dass Menschen sich nicht aus Bösartigkeit oder „Faulheit“ so verhalten, sondern dahinter steckt ein Störungsmuster und zwar die erlernte Hilflosigkeit.
Weiter gibt es zudem auch noch einen Unterschied zwischen Opferhaltung und Opfer-sein, was leider viel zu oft durcheinander geworfen wird.
Schauen wir uns das alles einmal näher an …

Wichtig: Es ist absolut normal, sich auch einmal in die „Opferhaltung“ fallen zu lassen. Sich zu fragen was das alles soll und warum es ausgerechnet einem selbst so geht. In einem geordneten Maß hat dies m.E. sogar etwas Gesundes an sich. Heilung ist ein Prozess, ein Spektrum auf welchen man solche Gedanken und Gefühle nicht über Nacht ausstellen kann. Diese zuzulassen ist sogar sehr wichtig, denn jedes Gefühl gehört zu uns und es kann zudem dazu beitragen, Mitgefühl für sich selbst zu empfinden.

Gemeint ist heute also eher die generelle Denkeinstellung und nicht phasenweises Mitgefühl oder auch Hoffnungslosigkeit (u.a ein Symptom bspw. der Depression) mit und bei sich selbst. Es geht eher darum, ob derjenige generell mehr auf die Probleme in seinem Leben konzentriert ist, für deren Änderung er aber auf andere wartet. Oder ob er sich eher auf der Suche nach Lösungen befindet, denn jene Denkweise lässt uns (unveränderbares) akzeptieren und umwandeln lernen. Sie lässt uns zurück ins Leben finden. Stagnation dagegen ist der T*d.

Und auch hierbei geht es nicht um das Verurteilen, sondern darum zu verstehen, was dahinter steht. Manchmal kann ein Mensch nicht anders, als er gerade handelt. Und das ist okay.

Erlernte Hilflosigkeit

Der Begriff ‚erlernte Hilflosigkeit‘ beschreibt einen Zustand, bei dem der Betroffene glaubt seine Situation nicht verändern zu können und dafür auch selbst verantwortlich zu sein.
Zurückzuführen ist dieser Begriff auf Dr. Martin Seligman, der jenen, unterstützt durch Tierversuche, im Jahre 1967 prägte.

Ursachen

Betroffene gelangten früher meist in eine oder mehrere Situationen, in der sie tatsächlich handlungsunfähig und ohnmächtig waren. Beispiele können dafür Gewalttaten sein, aber auch Verluste oder schwere Krankheiten und Behinderungen.
Die Unkontrollierbarkeit der Situation prägte sich so stark ein, dass sich ihre Selbstwahrnehmung veränderte. Sie haben nicht mehr das Gefühl handeln zu können. Sie fühlen sich unfähig dazu, was zur Folge hat, dass sie ihre Selbstwirksamkeit verlieren. Was früher so war, wird noch heute als Realität angesehen (weil es auch noch immer die innere Realität ist = die alten Verletzungen sind noch nicht überwunden).

Auch Fehler, wiederholte Rückschläge oder bspw. ständige Abwertung und zu hohe (nicht erfüllbare) Erwartungshaltungen der Bezugspersonen können die erlernte Hilflosigkeit begünstigen.

„Die Grundaussage der Theorie über die erlernte Hilflosigkeit ist: Wenn Menschen oder Tiere in einer Situation die Erfahrung machen, dass sie ein bestimmtes Ereignis nicht kontrollieren können, entwickeln sie die Erwartung, in anderen ähnlichen Situationen auch keine Kontrolle zu haben“ 

(Fincham & Hewstone 2001, S. 252).

„[…] unkontrollierbare Konsequenzen verringern die Motivation, willentlich Verhalten auszulösen […]“.

(Seligman 1999, S. 34)

Symptome

Tritt heute eine ähnliche oder generell stressige Situation auf, reagieren sie (unterbewusst) wieder mit Hilflosigkeit. Sie nehmen sich als Opfer ihrer Umstände wahr, gegen die sie nichts ausrichten können. Das auch, wenn sich die Realität eigentlich ganz anders gestaltet und veränderbar wäre.
Zur Folge hat das, dass sie in der Situation verharren bleiben, keinen Ausweg sehen und oft immer tiefer in Depressionen und Angstzustände abrutschen.

Typische Denkweisen sind oft:

  • – „Es bringt doch sowieso nichts
  • – „Ich kann mir nicht selbst helfen
  • – „Ich kann das einfach nicht und werde es nie können“ (manche Dinge kann man wirklich nicht, der Unterschied liegt da, es zumindest zu versuchen und/oder sich stattdessen auf das zu konzentrieren, was man kann)
  • – „Es wird sich niemals etwas verändern/Das wird für immer so bleiben
  • – „Es trifft immer mich
  • – „Ich kann eh nichts tun. Was soll ich schon ausrichten?“
  • – „Es ist ausweglos
  • – „Selbst wenn ich mich anstrenge, ich versage sowieso

Folgen

Die erlernte Hilflosigkeit führt dazu, nicht aus dem Leid ausbrechen zu können. Sei es aus toxischen Beziehungsmustern oder auch aus dem eigenen destruktiven Denken. Zum Beispiel: Gedankenspiralen, Selbstabwertung, Trauer, Schwarz-Weiß-Denken, Ohnmachtsgefühle, usw.
So können auch keine Glaubensmuster verändert werden, was alles beim Alten belässt.

Wie in der Einleitung bereits angesprochen, führt die erlernte Hilflosigkeit aber auch zu Problemen im sozialen Feld. Ich kann nur aus meiner Erfahrung sprechen und da finde ich es sehr anstrengend, wenn jemand darin feststeckt. Denn mit der Zeit dreht sich mehr oder weniger alles nur noch um sein Problem und dieses wird hoch und runter durchgekaut. Und das meist, weil derjenige sich (logischerweise) unglücklich damit fühlt.

Es wird viel geklagt (generell oder situationsspezifisch), aber kein Versuch unternommen, etwas zu verändern (oft fängt diese Veränderung in uns an, bei Blockaden, Glaubenssätzen, usw.), weil auf Veränderung vom Außen gewartet wird ( „das Außen hat dafür gesorgt, dass ich mich so fühle und nur, wenn sich das wieder verändert, kann ich mich auch wieder besser fühlen“ ). Dieses Außen ist aber eben meistens wie es ist, sonst wäre die Situation ja auch nicht die, die sie ist.


Es ist sehr wichtig, über Probleme sprechen zu können. Nur ist niemanden damit geholfen, wenn es sich nur noch darum dreht und kein Ausweg in Sicht ist.


Eine Variante davon ist auch die Selbszverurteilung: „Hätte ich mich anders verhalten, dann wäre XY anders zu mir gewesen/bei mir geblieben“ – Nein, XY hat sich dir gegenüber verhalten, wie er es freiwillig entschieden hat, sonst wäre eine Vergew*ltigung ja auch gerechtfertigt, weil die Frau den Mann mit einem kurzen Rock“provoziert“ hat. Jeder entscheidet selbst, wie er sich verhält. Mag sein, dass dein Verhalten dazu geführt hat (z.B. übertriebene Eifersucht führt zur Trennung). Dann hat es aber nicht gepasst. Du bist ja gerade so, aus Gründen. Du kannst dich doch nicht verstellen (kannst du schon, aber dann ist der Andere eben auch nicht mit dir, sondern irgend einem Trugbild zusammen – und ob das so fair ist?), du musst diese Gründe doch erstmal anschauen und integrieren und wer weiß, ob dieser Partner dann überhaupt noch der Richtige wäre.

Wenn dir etwas an deinem Verhalten nicht gefällt: Schau dir die Hintergründe an und ändere es dadurch demnächst. Beschwere dich aber nicht nur darüber, dass XY deshlab ZX getan hat, weshalb es dir jetzt schlecht geht. Solange du den anderen nicht gerade psychisch missbr*uchst, ist sein Verhalten, SEINE freie Wahl. Lass diese Verantwortung also auch bei ihm und übernimmt du nur Verantwortung für deine Punkte.

Tipp:

Kommuniziert deutlich was ihr braucht. Manchmal will man das innere Leid einfach nur verbalisieren und jemand bei sich wissen, der einem zuhört. Das ist nicht nur okay, sondern auch mehr als wichtig.

Findet die Konversation in dieser Form statt: „Ich weiß nicht was ich tun soll … Was soll ich nur machen?… Was denkst du/Hast du einen Rat für mich?…“ , dann kommuniziert ihr damit, dass ihr auf der Suche nach Lösungen und Veränderung seid. Oft ist es jedoch so, dass das aber (noch) gar nicht wirklich „gewünscht“ wird (weil innere Blockaden das verhindern). Solange der Blick auf das Außen gerichtet ist, ist Veränderung auch nur schwer möglich, da Veränderung aus einem selbst kommen muss.

Diese Diskrepanz zwischen dem Gesagten und eigentlich Gewünschten führt daher schnell zu Konflikten mit anderen Personen, die das Gefühl bekommen (und dann Aussagen treffen wie): „Der will ja gar nichts verändern! – Der will doch Opfer bleiben!“ – usw.

Was man tun kann

Selbstverantwortung.
Nicht umsonst spreche ich in jedem 2. Beitrag davon. Ohne Selbstverantwortung,  bleibt man nämlich in der Opferhaltung gefangen.

Ich habe klein angefangen. Immer mal wieder Kleinigkeiten im Alltag, die mir zeigten, dass ich eben doch handlungsfähig bin.


Selbstreflexion ist auch unglaublich wichtig.
Denn darüber konnte ich z.B. herausfinden, warum ich mich manchmal so gelähmt fühle. Meist steckt meine Angst dahinter und herauszufinden woher diese Angst kommt und was mit ihr zusammenhängt, war da der Knackpunkt für mich.

Irgendwann kam auch der Moment, wo ich dachte, dass ich sowieso nichts mehr zu verlieren habe. Wenn ich ins Handeln komme und scheitere, was soll dann schon passieren? Es ist doch sowieso alles so unerträglich, dass ich es nicht mehr aushalte. – Ich schaue immer, dass ich eine Lösung finden kann. Irgendwo einen winzigen Schritt, der mir hilft, den Blick nicht dauerhaft auf das Leid zu richten, sonst würde ich kaputt gehen. Das würde ich nicht aushalten. Vieles im Leben sind Schutzstrategien der Psyche und meine dauerhafte Lösungssuche ist definitiv eine davon. Das ist die einzige Möglichkeit für mich, nicht in meinem Schmerz zu ertrinken. Das einzige, was mir aufgezeigt hat, dass das Leben doch lebenswert sein kann.

Das ist leider auch ein Grund, warum mir deshalb manchmal fiese Gedanken in den Sinn kommen, wenn jemand so felsenfest in seiner erlernten Hilflosigkeit steckt und sich weigert, einen anderen Blickwinkel einzunehmen. Weil ich mir dann denke: „So schlimm kann es dann ja doch noch nicht sein“ (natürlich ist es das trotzdem – solche Gedanken kommen meist aus dem Gefühl der eigenen Hilflosigkeit – Es geht bei sowas nicht ums Wollen, sondern um innere Blockaden, die man aufspüren und auflösen muss – Eins ist aber trotzdem wichtig:).

Denn das ist der wichtigste Punkt:
Der Wille zur Veränderung muss da sein (ist dieser nicht offensichtlich, gilt es sich den Sekudärgewinn anzuschauen, der ebenfalls das Überleben sichert – bspw. kann jemand nicht einfach mit dem Rauchen aufhören, weil das sein bisher einziger Weg ist Stress zu lindern).

„Das richtige Mindset“

Da kommen wir daher auch zu einem Thema, was ich sehr kritisch beäuge, weil es oft nicht differenziert genug betrachtet wird.
Im Prinzip ist das mit dem „richtigen Mindset“ nicht falsch. Es liegt nämlich in meiner Entscheidungsgewalt, wie ich über etwas denke.


Ein Bsp.: Ich saß bereits schon 9h im Zug. Alles hatte Verspätung, überall waren Leute und nervige, laute Kinder. Ich war sehr schlecht drauf und im innerlichen Hochstreß. Dann hielt der Zug in einem Bahnhof und zwar genau so, das gefühlt der einzige, dicke Sonnenstrahl mir ins Gesicht schien: „War ja klar. Irgendjemand hasst mich doch da oben“ war mein Gedanke. – Dann kam mir in den Sinn: „Obwohl, eigentlich mag ich doch die Sonne 🤔. Über was rege ich mich gerade auf?“ . Ich schloss die Augen und genoss die warmen Sonnenstrahlen, kam ein Stück zur Ruhe und hatte schon weniger das Gefühl, dass ich für irgendetwas bestraft werde. Ich hatte zwar nicht die Kontrolle über die äußeren Umstände, aber darüber, ob ich denke alles hasst mich oder denke: „Cool, wenigstens ein Lichtstrahl“ – im wörtlichsten Sinne. Die Umstände konnte ich nicht beeinflussen, wohl aber wie mit ihnen umgehe.

(Das heißt aber NICHT!, dass wir jede für uns negative oder problematische Situation rational beeinflussen können. Bei einer Depression, Angstzuständen, etc. hilft es oft tatsächlich wenig, nur „positiv“ zu denken. Ebenso kannst du dir auch keine Flashbacks einfach positiv umdenken. Wir sprechen hier nämlich von unterschiedlichen Hirnarealen. Kommt die Angst, kommt sie aus der Amygdala. Der rationale Verstand ist jedoch im Neokortex beheimatet, welcher heruntergefahren wird, sobald die Amygdala aktiviert ist. Es geht also nicht bei allem um eine bewusste Entscheidung, weil wir nicht auf jeden biologischen Vorgang in uns einen direkten, bewussten Einfluss nehmen können. – Stichwort: Differenzieren!)

Also ja, es liegt schon an uns, wie wir etwas betrachten und bewerten. Uns zu entscheiden anders zu denken, bringt uns auch aus der Ohnmacht und Opferhaltung.

Jedoch funktioniert das nicht auf der Ebene: „Du musst es nur genug wollen“ – Daran liegt es nicht und solche Aussagen machen Menschen nur Schuldgefühle und noch mehr das Gefühl, es nicht hinzubekommen. Das verstärkt zudem die Hilflosigkeit letztendlich nur noch weiter. Viele wollen eine Veränderung, aber schaffen es trotzdem nicht (solange innere Blockaden unentdeckt sind, sabotieren sie die Veränderung auch weiterhin). Es liegt also nicht direkt am: „Du willst es nur nicht genug“ , sondern m.E. daran, dass der Betroffene erst lernen muss, aufzuhören auf eine Veränderung der äußeren Umstände zu warten.

Warum ich Dinge „positiv“ sehe

Vor einiger Zeit beschwerte sich jemand im System darüber, ich wäre eine: „Eso-Tussi, die alles immerzu positiv sieht“ – Das fand ich ja schon fast ein bisschen beleidigend 😅.
Ich sehe Dinge nämlich nicht positiv, ich suche nach dem, was nützlich sein könnte. Positiv denken halte ich für Augenwischerei. Es nützt niemand etwas, wenn man sich Illusionen hingibt. Es ist wichtig die Realität so zu nehmen, wie sie ist.
Aber Probleme müssen eben nicht nur Probleme sein. Was passiert oder wie es einem geht, ist, kann und darf trotzdem Mist bleiben. Aber wenn ich bspw. mit jemand aneinander gerate, dann ist es doch sinnvoller zu schauen, was ich für mich nützliches aus der Situation ziehen kann, als mich nur darüber zu beschweren, oder?

Man kann an allem wachsen.
Nein, negative Situationen sind dazu nicht nötig und „müssen deshalb geschehen“ (wie im New-Age weit verbreitet). Aber manchmal geschehen sie eben einfach. Die äußeren Einflüsse haben wir nicht unter Kontrolle und wenn sie geschehen, dann kann ich mich entweder von ihnen überrollen lassen oder schauen, was ich letztendlich damit anfange.
Ich muss mich keinem Schicksal hingeben, ich lege mehr Wert darauf, mein Leben selbst zu gestalten. Auch wenn es manchmal sehr schwer ist. Das ist Freiheit für mich. Und die fängt für mich im Kopf, mit einer Entscheidung an. Der Entscheidung, ob ich Opfer bleiben will oder nicht.

Opfer sein

Jetzt ist das zwar alles so schön gesagt, aber nur weil man sich dazu entscheidet, ist man weder die Täter noch andere schreckliche Umstände los. Deshalb sage ich: Man muss da sehr differenziert ran gehen. Destruktive Beziehungen, Täterkontakt, Armut, Traumafolgen, etc. hängen noch mit vielen anderen Faktoren zusammen. Der erste Schritt muss jedoch irgendwann einmal gemacht werden und dieser beginnt im Kopf, bei mir selbst.

Dennoch bleibe ich Opfer meiner Erlebnisse. Ich bleibe ein Opfer von Gewalt. Auch würde ich ein Opfer eines Autounfalls bleiben, usw. Ich wurde ein Opfer der Umstände bzw. Anderer, als geschah, was geschah. Ich trage auch weiterhin die Folgen. Die Symptome und Narben.
Und ich werde auch immer sagen, dass ich ein Opfer von Gewalt war und bin. Opfer von einer Tat oder einem Umstand zu sein, ist etwas anderes, als erlernte Hilflosigkeit. Denn Opfer war/bin ich in der Situation. Ich kann danach aber entscheiden, ob ich (innerlich) auch weiterhin das Opfer bleiben möchte. Ob ich den Tätern/der Situation auch in meinen Gedanken weiterhin die Macht über mich gebe, sie als allmächtig betrachte oder nicht. Für meine Heilung heute, bin ich nämlich alleine zuständig. Das ist weder fair noch spaßig – ja – eine (produktive) Alternative dazu wüsste ich aber leider nicht.


Natürlich kann (und darf und sollte) ich mir Hilfe suchen. Auch geht es mir bspw. stets darum zu verstehen, warum bin ich so und oft möchte ich auch, dass andere diese Gründe verstehen. Nicht, um sie als Entschuldigung zu nutzen, sondern um Verständnis aufzubauen und dadurch den Druck herausnehmen. Das ist vollkommen okay. Finde Strategien, die dir den Weg erleichtern, solange du dich nicht auf Entschuldigungen ausruhst ( „Ich verhalte mich so, weil… und deshalb kann ich daran auch nichts verändern“ ).

Denn die grundsätzliche Heilung findet in uns selbst statt. Diese Arbeit kann mir keiner abnehmen, mich dabei höchstens begleiten und unterstützen.

Und wenn morgen jemand bei mir einbricht oder mich beleidigt o.Ä., dann war ich auch ein Opfer davon. Für diese Taten trägt derjenige, der sie begangen hat, die Verantwortung. Da helfen mir auch keine positiven Gedanken. Es ist und bleibt, was es ist. Ich darf traurig, wütend und verzweifelt sein. Das sind alles normale menschliche Reaktionen. Aber dann muss ich schauen, wie ich damit umgehe. Muss ich nicht, ist aber förderlich. Verzweifle ich daran oder arbeite ich mit der Situation und suche Lösungen heraus? Denke ich problem- oder lösungsorientiert?

Traum – Meine Eltern (Gaslighting, Rechtfertigungszwang & Oversharing)

Heute Nacht hatte ich einen spannenden Traum, in welchem ich meinen Eltern mit meinem heutigen Bewusstsein entgegentreten konnte, statt wie früher in den Träumen, mit meinem Kind-Ich.

Ich habe schon lange keine Träume mehr niedergeschrieben, wenn gleich ich viele spannende hatte. Vllt. trage ich die irgendwann einmal nach, wenn ich die Muse dazu finde.

Traum

Er begann, dass meine Schwester aus dem Wasser kam. Womöglich waren wir am Strand o.Ä.
Sie war sehr nass und ihr war kalt, weshalb sie sich anziehen wollte. Meine Eltern sagten jedoch „Nein“ dazu.
Zwischen mir und meinen Eltern war eh schon schlechte Stimmung, und ich wollte nur meiner Schwester zuliebe noch einmal mit ihnen sprechen. Mir stieg dieses, wieder einmal scheinbar sinnlose, Verbot jedoch sehr in die Nase. Ich meinte zu ihnen, dass sie sich natürlich anziehen darf, schließlich sei ihr kalt. Daraufhin entgegneten sie, dass der Schrank, in dem sich ihre Kleider befänden, abgeschlossen wäre und es deshalb jetzt nicht ginge. Ich glaubte ihnen allerdings nicht und ging zum Schrank, zog an den Türen und der Schrank war offen.
Ich meinte in einem lauteren Ton zu meinen Eltern:
„Seht ihr, der Schrank ist überhaupt nicht abgeschlossen. Warum lügt ihr schon wieder? Warum durfte sie sich nicht anziehen?!“
Und meiner Schwester sagte ich, dass es mir leidtäte und ich es ihr zuliebe wirklich versucht habe, aber genau wegen so etwas geht der Kontakt einfach nicht.

Etwas später sitzen meine Eltern in der Küche, in unserem damaligen Haus.
Ich suche derweil eine große Reisetasche, um meine Sachen zu packen und zu meiner Oma zu ziehen. Ich wohnte wohl schon länger nicht mehr fest da, da ich schon erwachsen war, zum Teil waren aber auch immer noch meine Sachen dort [analytisch gesehen, könnten mein Teil der Sachen, die noch immer dort waren, auch bedeuten, dass es der Teil meiner Gedanken und inneren Realität ist, der noch immer bei ihnen in der Vergangenheit lebt – Was quasi noch nicht abgeschlossen ist].

Sie saßen am Tisch und nahmen mich, wie immer, nicht ernst. Hier übernahm besonders mein Vater die Führung, während meine Mutter im Traum zwar mit am Tisch saß und mitmachte, ich sie jedoch nicht sehen konnte.
Ich sagte zu ihnen, dass sie ständig nur zu ihrem Vorteil lügen würden und ob sie das überhaupt selbst merken.
Woraufhin mein Vater spöttisch lachte und meinte, dass ich „mal besser bei dem ausziehen“ sollte. Womöglich meinten sie einen Freund o.Ä. und sahen das als Grund dafür an, dass ich ihnen das nun entgegnete (und damit nicht mehr ihr Spiel mit spielte) und endgültig ausziehen wollte. Sich selbst zogen sie als Grund gar nicht in Betracht. Das regte mich im Traum sehr auf, weil wieder nur die anderen Schuld hatten. [Ich kann mich auch wirklich nicht erinnern, dass meine Eltern einmal für etwas die Verantwortung übernahmen]

Ich entgegnete, dass ich überhaupt nicht „bei dem“ wohnen würde und genau, dass das Problem wäre. Dass sie sich, ohne einmal nachzufragen, irgendeine Meinung bilden und diese dann einfach als Realität betrachten. Egal ob es stimmt oder nicht.

Nach dem Aufwachen…

…. fielen mir dabei viele Parallelen, besonders zu meinem ersten Ex-Freund ein, aber auch zu vielen anderen Menschen, die ich in meinem Leben kennenlernte.
Und es ist eigentlich wirklich krass, wenn ich mir überlege, dass ich so aufwuchs. In einer Umgebung, die ihre eigene, zusammengeschusterte Realität einfach mir überstülpte [allerdings machten sie das so auch bei anderen Menschen, nicht nur ich fiel dem zum Opfer] .

Meine Eltern (ebenso wie mein Ex-Freund) bildeten sich eine Meinung, nur anhand ihrer Informationen, denn sie fragten nie nach. Diese nahmen sie als Realität an und konfrontieren mich damit. Und wenn jemand davon ausgeht, dass du etwas Schlimmes gemacht hast, dann wirst auch dementsprechend bestraft, egal ob es wirklich stimmt oder nicht, denn in dessen Realität stimmt es ja bereits.

Sie ließen von ihrer Meinung auch nicht mehr ab.
Ganz im Gegenteil, sobald ich sagte, dass es nicht stimmt (mich also begann zu rechtfertigen), fühlten sie sich nur noch mehr im Recht.

Sie lachten auch früher, natürlich darüber, dass ich sie schon wieder anlügen würde. Dabei waren sie es, die die ganze Zeit logen.
Absurd, oder? Aber leider ist es sehr oft so, dass die Menschen exakt das selbst machen, was sie dir vorwerfen.

Das Absurde dabei ist, dass du bei solchen Menschen keine Möglichkeit mehr hast, da herauszukommen. Widersprichst du, bestätigt sie das nur in ihrem Bild von dir, dass du sie nur anlügen würdest und demnach ein schlechter Mensch bist. Stimmst du ihnen zu, bestätigt sie das auch in ihrem Bild von dir, dass du ein schlechter Mensch bist. – Versteht ihr das Prinzip? Diese Menschen konstruieren ein Bild von dir und werden davon nicht abzubringen sein, egal was du tust. Alles, was du dem versuchst entgegenzusetzen, wird sie in ihrem Bild nur noch mehr bestätigen. Daher entferne ich mich mittlerweile von Menschen, die mir partout nicht zuhören wollen. Ich kann es nur jedem, für das eigene Seelenheil, empfehlen.

Rechtfertigungszwang und Oversharing

Früher neigte ich unheimlich stark dazu, mich ständig und sofort für alles mögliche zu rechtfertigen. Auch dazu, Situationen bis in letzte Detail zu schildern, was andere Menschen manchmal völlig irritierte. Denn 1. ist es nicht nötig, sich ständig zu rechtfertigen und 2. gab ich viel zu viele Informationen, die oft gar nicht notwendig waren.

Mit dem Wissen heute, ist mir das aber nur nachvollziehbar.
Wenn jemand ständig jemanden aus dir macht, der du überhaupt nicht bist (indem er dir seine Realität von dir uberstülpt) und dich anhand dieser falschen Realität bestraft, dann versucht du dem aus dem Weg zu gehen, indem du alles sofort bis ins letzte Detail schilderst. In der Hoffnung, dass der andere von seinem falschen Bild von dir ablässt, sieht wie die Wirklichkeit ist.

Auch der Rechtfertigungszwang ist nur nachvollziehbar. Ich war es ja gewohnt, dass man mir irgendetwas unterstellte. Also begann ich auch später direkt schon im Vorne herein mich zu rechtfertigen, alles zu erklären.
Bis heute ist mein erster Gedanke oft, dass mein Gegenüber mir nicht glaubt. Denkt, ich würde lügen. Dass es heute nicht mehr so ist, irritiert mich noch oftmals.

Bis heute reagiere ich jedoch unheimlich allergisch darauf, wenn ein Mensch mir etwas unterstellt und nicht davon ablassen möchte. Auch dieses Lachen, wenn ich sage, dass es nicht stimmt, hallt mir von verschiedenen Menschen im Kopf wieder. Dieses Lachen, das ausdrücken soll, dass man durchschaut hätte, dass ich mich gerade herausreden und lügen würde.
Ehrlich gesagt, ist da mittlerweile bei mir das Gespräch sofort vorbei. Und auch im gesamten Verhältnis zu demjenigen gibt es dann einen sehr großen Knacks. Das hat im ersten Atemzug sehr einsam gemacht. Im Großen und Ganzen konnte ich so aber all diese giftige Umgebung aussortieren.

Ich bin so müde geworden, gegen alles Mögliche anzukämpfen, daher lasse ich sehr vielen mittlerweile einfach ihr Bild über mich, was sie sich von mir zusammengebastelt haben. In vielen Fällen hat das nicht im Geringsten etwas mit meinem echten Ich gemein. Ihr Blick, wenn ich sage: „Ja stimmt, du hast recht“ ist dabei aber oft göttlich, denn meistens rechnen sie nicht damit. Sie rechnen mit Gegenwehr. [Was übrigens bedeutet, dass sie zumindest in ihrem Unterbewusstsein bereits wissen, dass sie nicht richtig liegen]

Scheinbar brauchen sie dieses falsche Bild von mir, um sich ihre eigene Scheinrealität weiter aufrechterhalten zu können. Genau betrachtet, eigentlich sehr traurig für diese Menschen. Und mit etwas emotionalem Abstand finde ich sogar einen Brocken Mitgefühl für diese Leute.

Körper: Feind oder Freund?

Körpergefühl und Symptome

Viele, besonders se*uell traumatisierte, haben ein sehr schlechtes Körpergefühl. Teilweise fühlt sich der eigene Körper an, wie dein größter Feind. Unter anderem kommt es bei chronisch traumatisierten Menschen auch oft zu somatoformen Beschwerden. Man läuft von Arzt zu Arzt, aber es gibt einfach keine klare Diagnose. Und selbst wenn: Man bekommt Tabletten, aber es verändert sich entweder nicht wirklich viel oder der Schmerz tritt an einer anderen Stelle zu Tage.

Ich sehe da auch ein großes Mango in der derzeitigen Schulmedizin, welche dem heutigen Zeitgeist der Symptomunterdrückung mehr folgt, als der Ursachenerforschung/-behebung. Symptome können teilweise so schlimm werden, dass Tabletten bzw. eine Symptomlinderung (z.B. auch im psychischen Bereich die Skills) absolut notwendig ist. Symptomlinderung ist nicht falsch, sondern teilweise sogar sehr wichtig.

Was ich als problematisch ansehe ist jedoch, dass wir uns nur noch darauf konzentrieren. Symptome sind aber nicht der Feind, sie sind ein wichtiger Indikator dafür, dass etwas nicht stimmt. Wenn wir uns nicht der Ursache annehmen, werden sie demnach nie verschwinden. Im Gegenteil, werden sie sogar schlimmer. Entweder an der gleichen Stelle oder an einer anderen.

Beispiel:

Als ich mich vor 7 Jahren das erste Mal zum Psychiater traute, bekam ich direkt im ersten Gespräch Medikamente aufgeschrieben. Darunter waren Anti-Depressiva und erst ein Neuroleptikum, was müde machen sollte (da ich Sui*idgefährdet war, fielen herkömmliche Schlaftabletten für den behandelten Arzt heraus). Ich hatte große Schlafschwierigkeiten und mit vielen Alpträumen zu kämpfen. Nach ungefähr 1,5 – 2 Monaten wurde die Dosis der Anti-Depressiva auf das Doppelte (die Höchstdosis) erhöht. Und auch von den Medikamenten, die mir beim Schlafen helfen sollten, bekam ich mittlerweile 3 verschiedene. Kurz darauf verschrieb man mir andere Anti-Depressiva und kurz darauf die Nächsten, weil keine anschlugen.

Nach ungefähr einem 3/4 Jahr setzte ich diese ab, da ich sowieso nichts spürte. Ich machte das von heute auf morgen, macht das aber bitte nicht nach! So etwas sollte man ausschleichen lassen. Ich bin da manchmal etwas stur und wenn ich etwas nicht mehr will, will ich etwas nicht mehr. Das kann aber erneute (schwere) depressive Schübe zur Folge haben, sowie Sui*idpläne und Umsetzungen. Ärzte haben mit dem Ausschleichen also nicht Unrecht ….

Das Problem waren mehr die Medikamente zum Schlafen. Denn die halfen. Ich nahm sie und war ca. eine halbe bis Stunde darauf einfach weg und träumte auch die ganze Nacht lang nicht. Das war wundervoll für mich damals. Nach ca. einem Jahr kamen die Alpträume jedoch wieder durch, also nahm ich mehr der Tabletten. Ich nahm immer mehr davon, bis zu einem Moment, wo ich die ganze Nacht so schlimme Alpträume hatte, wie in meinem ganzen Leben noch nicht. Alle 10 Minuten wachte ich auf. Bei jeden Aufwachen eine Schlafparalyse und bei jedem Einschlafen ebenfalls. In jeder (kurzen) Schlafphase furchtbare Alpträume.

Ich wollte nach dieser Nacht nie wieder schlafen, weil ich es als so schlimm empfand. Trotz mittlerweile 7 Tabletten abends, statt wie verschrieben einer. Es wurde immer schlimmer. Weil auch Träume ihren Sinn haben. Nachts verdrängte ich und tagsüber auch, über Alkohol oder andere Drogen oder Dissoziation. Alles ist ja in deiner Psyche und deinem Körper gespeichert, wo soll diese Energie denn hin, wenn wir nur verdrängen und unterdrücken? Natürlich äußern sie sich dann immer stärker…

Mein Körperbild früher

Ich glaube, ich fiel noch nie wirklich in die typische Traumasymptomatik, was das angeht. Meinen Körper mochte ich die meiste Zeit. Ich habe ihn nicht abgelehnt oder gehasst. Ich wusste ja auch immer, dass ich gut aussehe, also gab es für mich keinen Grund dazu. Aber das ist auch nur die halbe Wahrheit …

Anfang 2023 tauchte ein Glaubenssatz auf, der mir erklärte warum ich da immer etwas aus dem „typischen“ Bild fiel: Ich habe über meinen Körper meinen Wert definiert. „Liebe“ bzw. etwas, was für mich damals dem Nahe kam, erhielt ich u.A., wenn jemand meinen Körper wollte. Hinzu kam, dass ich gar kein Selbstwertgefühl hatte. Ich fühlte mich dumm und schlecht. Für mich gab es keinen Sinn, warum ich eine Existenzberechtigung auf dieser Welt haben sollte, AUßER jemand wollte mich eben benutzen.

Hieß nach dieser Logik: Stimmt etwas mit meinem Körper nicht, erhalte ich auch keine „Liebe“ mehr. Ein richtiges Gefühl an ihn hatte ich, heute im Rückblick, aber nicht wirklich. Er war mehr wie ein Gefährt. Etwas, in dem ich sitze. Wie ein Auto. Ein N-u-t-z-g-e-g-e-n-s-t-a-n-d. Ein Gegenstand, auf den man achten muss. Den man hegen und pflegen musste und kritisieren durfte („Ich mag dich nicht, wenn du nicht so und so bist!“ – „Das ist falsch und muss noch verbessert werden“ ), wenn er nicht erfüllte, was man von ihm erwartete.

Mein Körper im Wandel der Zeit

Vor ca. 1,5 – 2 Jahren begann plötzlich mein Körperbild immer schlechter zu werden. Also klar, das fing schon eher damit an, dass ich damals fast 10 Kilo durch die Tabletten zunahm. Von 55kg war ich plötzlich auf 65kg und seitdem erreichte ich auch nie wieder die 55kg. Damit war ich zwar unglücklich, aber das schlechte Körperbild fing erst einige Jahre später an.

Und deshalb verstand ich auch anfangs nicht, warum das nun so ist. Ich fühlte mich immer unwohler. Jedoch bekam ich auch immer mehr ein Gefühl zu meinem Körper, wodurch ich überhaupt erst etwas hätte schlecht finden können. Ich hatte immer mehr Probleme mit meinem Gewicht, was ich früher stets hinter einer dicken, dissoziativen Barriere versteckt hielt. Ich fühlte mich immer dicker und obwohl meine Kleidung, seit Einsetzen dieses Gefühls, nicht nennenswert enger wurde, sah ich im Spiegel die dreifache Menge von mir. Immer mehr gab es an mir, was ich bemängelte. Die Hautfalte hier und den „Speck“ dort.

Was mir half aufzudecken, dass hier ein unguter Glaubenssatz dahintersteckt, war, wie ich über andere Menschen denke: Ich habe schlanke und übergewichtige Menschen kennengelernt. Also auch Menschen, die ein gesundheitlich bedenkliches Maß an Gewicht überschritten. Aber es ist für mich (also auf das Außen projiziert) egal, ob derjenige ein knochiges oder fleischiges Gesicht hatte: Menschen mit einem schönen Charakter, sind schöne Menschen. Punkt.

So wie ich damals aussah (und auf was ich meinen Wert begrenzte), wäre noch vor 100 Jahren (oder in Teilen der heutigen Welt) absolut unattraktiv gewesen. Sehen wir uns die Frauen aus der Antike an, war keine bis auf die Knochen abgemagert. Im Gegenteil. Also versteht mich nicht falsch: Ich habe trotzdem meine Präferenzen und diese sollte, und vor allem darf, jeder Mensch haben. Aber meine Präferenzen, egal ob ich auf weniger oder mehr Gewicht stehe, sagt NICHTS über den Wert des anderen aus. Gar nichts.

Also wenn ich das so sehe und mit anderen Menschen so umgehe, warum sollte ich es bei mir anders sehen? Was sollte mich schlechter oder anders als andere Menschen machen?

Mein Körpergefühl heute

Ich kam also stückchenweise meinem Glaubenssatz auf die Spur und versuchte ihn zu verstehen und daran etwas zu verändern. Also versuchte ich mehr auf die Symptome zu hören: Warum ist mein Körpergefühl jetzt so anders? Was steckt dahinter? Wenn es um den Nutzen geht, den ich anderen durch meinen Körper bieten kann, will ICH das überhaupt? Ist das alles, was ICH von anderen und der Welt erwarte? Benutzt zu werden?

Als ich das aufdeckte, wurde es trotzdem noch nicht besser und Spoileralarm: Nur indem dir sowas klar und bewusst wird, ist weder deine Essstörung, noch dein furchtbares Körpergefühl behoben. Das ist ein Weg, ein Prozess, auf dem es viele Höhen und Tiefen gibt. An manchen Tagen ist es viel besser, an manchen fühlst du dich wieder wie am Anfang.

Ich habe festgestellt, umso mehr Traumata auftauchten, umso mehr ließ ich auch meinen Körper schleifen. Vorher kümmerte ich mich um ihn, wegen anderer. Denn wie gesagt: Funktioniert er nicht, habe ich keine Existenzberechtigung mehr. Aber als ich feststellte, dass ich gar nicht heiß, schlank, schön oder unansehnlich für andere sein will. Das ich mich, im Gegenteil, von anderen dahingehend trennen möchte, ihnen die Macht über mich wegnehmen- und mir zurückgeben will. Umso mehr kam ich auch mit meinem Körper wieder in Kontakt.

Ja, ich habe lange Zeit meinen Körper definiert über andere. Aber heute will ich das nicht mehr, also warum fühlte ich mich noch immer schlecht? Im Gegenteil sogar schlechter als früher?

Weil mein Körper mir sagen wollte, dass es jetzt Zeit wird, mich um MICH zu kümmern … Symptome eben ….

Positives Körperbild lernen

Das funktioniert für mich nur, über mich selbst. Ich lerne nicht auf meinen Körper zu hören, wenn ich in meinen Gedanken bei anderen bin. Und wie gesagt, das kannst du nicht einfach abstellen. Das ist ein Prozess. Ein winziger Schritt nach dem anderen.

Solange ich jedoch daran denke, dass ich mein Körperbild dazu b-r-a-u-c-h-e (=benutze!), um darüber leben zu können, sei es in Form von: „Wenn mein Körper nicht mehr richtig ist, dann will niemand mich mehr und ich sterbe (denn für ein Kind bedeutet Ablehnung sterben)“ oder „Mein Körper ist dafür verantwortlich, dass man mir so viel Gewalt antat. Nur wenn er nicht mehr ansehnlich oder nicht da ist (=Dissoziation), kann ich überleben, weil ich mich dadurch vor Gewalt schützen kann“ , solange bin ich nicht bei mir selbst.

In beiden Fällen (und mit ihren vielen Varianten dazwischen) sind wir bei anderen. Wir benutzen unseren Körper genauso wie andere ihn benutzt haben. Das Leid, was uns andere Menschen zufügten, wurde zu unserer Realität. Und heute benutzen wir unseren Körper genauso, wie die Menschen, die uns Schlimmes antaten, uns benutzten (Stichwort: Täterintrojekte).

Wenn uns aber jemand zu seinem Zweck benutzt, sieht er dann uns selbst? Versteht er dann, was wir sagen oder wer wir sind? Erkennt er unsere Sensitivität, unsere Wut, unsere Liebe und unseren Hass oder sieht er nur sich selbst und das was er von uns will? Versteht so jemand denn was wir ihm mitteilen wollen? Was z.B. das Kind versucht damit zu bezwecken den Missbrauch selbst zu initiieren, nachdem dieser vom Täter 100x zuerst begangen wurde? Genauso wie das ein Hilfeschrei ist, ein Versuch wieder Boden unter den Füßen zu bekommen, das letzte bisschen Kontrolle zu erhalten, was uns blieb …

… genauso schreit unser Körper um Hilfe

Er schreit, ihn bitte anzusehen. Ihn wahrzunehmen. Früher sah ich (und das schon zu den Zeiten, wo ich mich „spirituell erleuchtet“ fühlte) meinen Körper als etwas, das da ist, an. Heute sehe ich ihn als Teil meines Selbst. Ich bin nicht mein Körper, aber ich bin ein Teil meines Körpers, genauso wie mein Körper ein Teil von mir und meinem Geist ist. Wenn ich meinen Körper verleugne und ablehne, lehne ich auch Teile von mir selbst ab.

Aber sind wir einmal ehrlich: Es sind nicht wirklich wir, die wir ablehnen (wollen). Es sind die Täter und ihre Taten, die wir ablehnen.

Heute sprechen wir darüber (zu Recht!) das Kleidung, etc. keine Vergew*ltigung ausmacht, sondern das dafür Vergew*ltiger verantwortlich sind. Also was genau sollte unser Körper dafür können? Er existiert genauso wie du und ich und hat niemand etwas Schlechtes getan. Er ist einfach nur da. MEIN KÖRPER KANN NICHTS FÜR DEN MISSBRAUCH. Egal wie er wann aussah/aussieht. Diese Verantwortung lassen wir schön bei den Tätern.

Alles was mein Körper heute tut, was mir signalisiert das wir Feinde sind, ist, dass er Hilfeschreie sendet. Wie das kleine Kind, das nie gehört wird (lasst uns das hier als Analogie sehen). Erst sendet es (bewusst oder unbewusst) kleine Signale und dann immer lautere und deutliche, aber niemand hört es. Alle sagen dem Kind nur, es soll endlich still sein. Aufhören mit seinen Quengeleien, mit seinen Worten und Emotionen (=Symptomunterdrückung). Das ist für alle in der Umgebung sehr einfach, denn niemand muss sich näher mit dem echten Problem auseinandersetzen.

Aber ist es das auch für das Kind? Dem Kind, das trotzdem mit all dem leben muss? Nur weil alle anderen es ignorieren, verschwinden ja die Verletzungen nicht. Sie verschwinden erst, wenn wir uns liebevoll um sie kümmern. Ihnen Beachtung schenken. … Wir sollten heute nicht das Gleiche machen, was die Täter (und ihre Komplizen) mit uns machten. Unser Körper ist nicht unser Feind! Das Tätertum ist es, das wir beheben müssen…

Update Teil 2 – Social Media, Kontakte & Zukunft

[*30.November – Die Datumsanzeige scheint zu spinnen ⬆️, darum muss ich mich die Tage erstmal kümmern]

Schwupp, sind schon wieder mehrere Wochen seit dem ersten Teil vergangen 😅. Naja. heute geht’s aber endlich zu Teil 2 meines Updates.

Mails beantworten

Sowohl bei Whatsapp wie auch in meinem eMail-Fach sammeln sich Nachrichten, auf die ich teilweise nicht nur noch gar nicht reagiert habe, sondern im Gegenteil, manches noch nicht einmal gelesen oder abgehört habe.

Mir ist ganz besonders wichtig euch zu sagen, dass das nichts mit euren Nachrichten oder generell mit euch zu tun hat. Wenn ich etwas nicht angemessen finde, sage ich das meist auch recht deutlich. Außer auf Beleidigungen, Vorwürfe, etc. reagiere ich normalerweise auf alles, sofern es mir möglich ist. Ich fühle mich aktuell allerdings so ausgebrannt, dass es mir sehr schwer fällt mit Menschen zu interagieren. Ich bin momentan sehr im Rückzug, allerdings nicht aus (innerem) Zwang, sondern weil ich merke, dass ich das gerade brauche. Und daran strebe ich auch über den Winter nichts an zu verändern. Momentan nehme ich mir diese Zeit und Ruhe also ganz bewusst für mich. Heißt, dass eine Reaktion von mir auch erstmal weiterhin noch länger dauern kann.

Dementsprechend wird es vorerst auch weiterhin keine festen Tage geben, an denen ich Beiträge veröffentliche. Das werde ich in den nächsten Monaten ganz nach Gefühl machen.

Social-Media

Einige werden sich sicherlich schon gewundert haben: Derzeit sind alle meine Social Media-Kanäle dicht. Das fing damit an, dass ich im August kaum mehr klar denken konnte (siehe Update Teil 1). Die Depression wurde so stark, dass ich auch keinen Sinn mehr in meiner Arbeit sah. Ich dachte, ich würde sowieso keinen Mehrwert bieten und es wäre egal, ob ich nun hier bin oder nicht. Im Gegenteil dachte ich sogar, es wäre für alle anderen besser, wenn ich aufhöre. Das sind eben typische Gedanken der Depression. Ich teilte dann meine Gedanken ( „Sinnfragen“ ) auch auf Instagram und bekam daraufhin eine sehr merkwürdige, private Nachricht, die ich zugegebenermaßen bis heute nicht ganz verstehe.

Diese Nachricht bestand aus Vorwürfen, dass ich diejenige „weggetriggert“ hätte und ja mal eher hätte erwähnen können, das ich auf meinen Beitrag keine Antwort möchte (ich deaktivierte die Kommentare und erwähnte explizit, dass ich keine aufbauenden oder anderweitigen Reaktionen will, einfach weil ich damit in dem Moment nicht umgehen konnte – Allein trotz dieser Bitte sowas zu schreiben, empfand ich schon als Grenzverletzung). Mein Inhalt wurde dann als, Zitat: „Eimer Scheiße“ den ich „hingekotzt“ hätte, bezeichnet. Den Rest weiß ich nicht mehr, etwas mit „Tschüß, es war schön mit dir“ kam auf jeden Fall am Ende.

Was das mit mir machte

Diese Person kam aus meiner Community und ich glaube ihr, dass sie mein Beitrag wirklich getriggert hat, denn der hatte es vor lauter Hoffnungslosigkeit in sich. Und ich vergaß auch die Triggerwarnung. Jetzt ist es aber so, dass dieser Beitrag sich immer weiter aufbaute, man merkte also relativ zügig, welche Richtung er einschlug. Und hier sind wir bei der Eigenverantwortung: Wenn es dich triggert, hör auf zu lesen.

Ebenso gibt dir kein Trigger der Welt das recht, so mit mir zu sprechen. Diese Person befand sich auf meinem Profil, ich schrieb sie nicht persönlich an (so wie sie mich) o.Ä. Und wie man an meinem Beitrag unschwer feststellen konnte, hatte ich zu diesem Zeitpunkt sowieso schon keinen Lebenssinn mehr.

Egal wie sehr ihr von einem Video, Beitrag, Kommentar etc. getriggert werdet, es liegt in eurer Verantwortung, ob ihr den anderen dafür niedermacht oder euch zurückzieht und euch damit mit Fürsorge begegnet.

Diese Nachricht, die ich direkt am frühen Morgen nach meinem Beitrag las, ließ mich darin bestätigt fühlen, dass ich falsch bin. Das es auch falsch ist, seine Gefühle zu äußern, denn das führte schon damals zu Ausschluss und dem Gefühl, dass ich dem anderen damit schade. Lustigerweise schrieb ich sogar in diesem Beitrag „Sinnfragen“ , dass ich für jegliche Gefühlsäußerung früher von meiner Mutter Ärger, Strafe und Ablehnung erhielt. Und dann wird genau auf so einen Beitrag erneut mit Ablehnung, Beleidigung und der Androhung, dass man jetzt nichts mehr mit mir zu tun haben möchte, reagiert. Das war schon sehr schräg. In dem Moment hat es mich darin bestätigt, dass es nicht gut ist, seine Gefühle zu zeigen, dass was die Community ja aber angeblich ständig sehen möchte, um sich darin „wieder zu finden“ . Also merkt ihr diese Abstrusität?

Daraufhin veröffentlich ich auf Instagram noch einen Beitrag, worin ich meinen Rückzug ankündigte und meinen Gefühlen und Gedanken relativ „freien Lauf“ ließ.

Weitere Nachrichten

Und auch auf diesen Beitrag kamen weitere Mails, diesmal von anderen Personen. Einige wirklich lieb, andere so… naja. Mir ist es einfach ein Rätsel, was einen sich dazu entscheiden lässt, eine Nachricht (und teils echt lange) zu verfassen und dann abzuschicken, die solche grenzwärtigen Inhalte haben (von Selbstbetroffen wohlgemerkt).

In diesem letzten Beitrag war ich tatsächlich recht im Selbstmitleid gefangen. Aber auch das darf eben sein, solange es kein Dauerzustand bleibt. Auch das gehört zur Authentizität dazu, dass es auch schlechte Tage und Zeiten gibt und ich möchte genau da heraus, diese Phasen immer wieder zu verstecken und damit auch mich zu verstecken. Ich leide darunter, dass mich keiner wirklich kennt. Mich kann aber auch keiner wirklich kennen, wenn ich mich ständig verstecke. Und solange ich da wieder herausfinde und nicht in der Opferrolle gefangen bleibe bzw. andere für mein Leid und Glück verantwortlich mache, bin ich mit diesen Phasen mittlerweile auch ziemlich fein.

Einigen Personen hat dies allerdings so sauer aufgestoßen, dass mir mehrere Dutzend Personen direkt entfolgten (innerhalb von 2h) und es, wie erwähnt, teils wütende und teils auch sehr verletzende Nachrichten gab. Sorry not sorry, kommt damit klar oder geht weiter. Ich empfand das nach all der guten und kostenlosen (!) Arbeit für euch, eine Frechheit.

Eine Nachricht blieb besonders hängen

Diese Nachricht empfand ich als besonders unangenehm, da ich sie sehr belehrend, in der Situation völlig unangebracht und grenzüberschreitend wahrnahm. Ob das tatsächlich so gemeint war, glaube ich nicht. Womöglich wollte diese Person mir tatsächlich in irgendeiner Form helfen. Es geht mir also nicht um die Person oder den Inhalt generell, womöglich wäre er zu einem anderen Zeitpunkt von mir ganz anders aufgenommen wurden. Aber das war eben ein Zeitpunkt, wo ich sowieso generell mich als Fehler in der Welt ansah (und das so auch ansprach).

Bevor ihr irgend etwas abschickt, überlegt euch also bitte 3x, ob das der Person gerade wirklich hilft oder, noch besser, fragt vorher erstmal, ob ein Rat oder eine generelle Erläuterung gerade überhaupt gewünscht ist.

Der Einleitungssatz begann mit: „Dein Text ist sehr opferhaft, weshalb ich ihn kaum lesen konnte“ (dann lies ihn nicht?) – Das ist okay, das du das so empfunden hast. Und wenn das ein längerer Zustand wäre, ist es sogar gut, so etwas einmal anzusprechen. Aber wie kommt man in so einer (akuten) Situation darauf? Fast alle meiner Texte sprechen von Selbstverantwortung, vllt. hätte man erstmal einige davon lesen sollen, um die Sachlage besser zu verstehen. Die kannte sie nämlich scheinbar nicht.

Denn wie sie weiter mitteilte, ist mein Profil „nicht so interessant für mich“ (was mir damit bestätigte, dass sich für meine Arbeit keiner interessiert ➡ In der Depression gleitet man schnell in Superlative = „Wenn einer das sagt, sehen ALLE das so“ , dass entspricht natürlich nicht der Realität, wird in dem Moment aber oft so empfunden). Grund dafür nannte sie, weil ich nicht so viel persönliches teile ( „Ich weiß nicht, warum du das nicht machst“ ) . Wo ich mir wieder denke: Ich mache mich auf diesem Blog seelisch komplett nackt, wem Selfies mehr interessieren, den muss ich enttäuschen.

Mir geht es auch nicht darum, dass jemand mein Privatleben verfolgt, sondern um den Inhalt meiner Texte. Ich helfe Erkrankungen, sich selbst und andere besser zu verstehen. Ich bin aber nicht euer Therapeut oder eure beste Freundin. Sorry, dass ich das so hart sage, aber manchmal nehmen sich Menschen einfach einen Ticken mehr raus, als ihnen zusteht.

Und weiter schrieb sie dann, dass sie sich lieber lustige Tiervideos etc. anschaut. Und das ist genauso vollkommen okay wie das du mein Profil nicht so interessant findest, ich mache das selbst oft so. Man kann sich nicht nur mit Erkrankungen, Symptomen oder andern eher negativen Dingen beschäftigen. Wir brauchen einen Ausgleich. Allerdings musst du meine Sachen auch nicht lesen, ich habe dich nicht persönlich angesprochen oder eine Rechtfertigung von dir oder anderen verlangt. Ich sprach lediglich über meine Gefühle.

Warum erzählst du mir also all das? All diese Aussagen lösten nur in mir aus, dass ich falsch bin und etwas an mir ändern muss. Bis dato habe ich, soweit es mir in Erinnerung ist, auch noch nie einen Kommentar oder eine Nachricht von dieser Person bekommen, was diese Mail umso schräger für mich machte. Warum gerade da? Und was mir noch sehr hängen geblieben ist, war ein Satz, ganz am Ende: „Ich habe aufgehört die Welt retten zu wollen. Vielleicht solltest du auch kleiner denken“ – Ich empfand diesen Satz als unglaublich anmaßend.

Ich wollte meine Gefühle teilen, meine Sorgen und aktuellen Probleme. Was mich belastet und worüber ich mir Gedanken mache. Und es ist nun mal mein Blog, wo genau so etwas auch Platz finden darf. Nirgends wollte ich allerdings einen Ratschlag oder generell eine Reaktion, was ich auch deutlich sagte und weshalb ich auch bei diesem letzten Beitrag auf Instagram die Kommentare deaktivierte. – Leute, ich mache sowas nicht zum Spaß. Wenn ich die Kommentare ausstelle oder explizit sage, dass ich keine Reaktion möchte, dann möchte ich das auch nicht.

Warum spreche ich das an?

Weil ich mir wünsche, dass ihr demnächst richtig zuhört bzw. lest. Nicht nur bei mir, sondern auch bei anderen Menschen. Wenn ich sage, ich will etwas nicht, will ich es wirklich nicht. In diesem Fall, weil ich wusste wie empfindlich ich in dieser Phase bin und das ich alles 10x auf die Goldwaage legen würde. So wie es ja dann auch war.

Natürlich hilft mir positive Unterstützung, besonders in solchen Phasen, aber nicht jeder meint es gut und da ich weiß, wie sehr mich sowas in so einer Phase treffen kann oder ich Dinge auch missverstehe, will ich lieber gar keine Reaktionen.

Das Nächste ist: Reflektiert bitte erst einmal, warum ihr das gerade tippen oder sagen wollt. Ich kritisierte in diesem letzten Beitrag nämlich auch, dass immer weniger Reaktionen kommen, im Gegensatz dazu, wie viele den Beitrag anklicken. Und Social Media (das ist aber auch beim Google-Algorithmus ähnlich) lebt nun mal von Anklicken, Likes, Teilen und Speichern. Wenn ihr etwas gut findet, dann reagiert doch bitte darauf, egal bei wem. Teilt es, drückt gefällt mir, kommentiert. Irgendwas.

Wisst ihr, auf der einen Seite merke ich selbst die Unterversorgung guter Aufklärung. Es gibt noch so viele Stigmata, so viel Unkenntnis. Und genau das bekomme ich auch zurückgemeldet. Das Fremde oder die Angehörigen nicht verstehen und verurteilen. Nicht wissen wie man mit den Betroffenen psychischer Erkrankungen umgeht, gravierende Fehler machen, teilweise wirklich schädliche Ratschläge geben, usw. Dann liegt es aber auch an euch, zu unterstützen das solche Aufklärung unter die Menschen kommt. Wie soll Stigmatisierung abgebaut werden, wenn die Informationen nicht zu den Leuten kommen? Wenn auf Social Media wenig auf dich reagieren, dann sagt der Algorithmus: „Alles klar, ist unrelevant“ und deine Reichweite sinkt immer weiter.

Meine Arbeit und die anderer steht euch kostenlos zur Verfügung. Das ihr hin und wieder etwas teilt oder den Algorithmus pusht, ist da aus meiner Sicht nicht zu viel verlangt, auch wenn das einige so (laut mancher Aussagen aus den Mails) glauben.

Die Frage ist also, wolltet ihr mir das wirklich schreiben, um mir zu helfen u.Ä. oder habt ihr euch angegriffen gefühlt? Denn das war der erste Beitrag, nach 3 Jahren Arbeit, der so Negativ und hoffnungslos geschrieben war. Ich bezweifle, dass es wegen einiger Tage so drauf sein, so viele Leute in die Flucht schlägt, wenn man mich ja eigentlich ganz anders kennt. Schaut also bitte immer erstmal, warum ihr gerade so reagiert, wie ihr es tut.

Denkt also bitte ab und an darüber nach, dass hinter solchen Accounts auch immer Menschen stecken. Menschen mit Gefühlen und eigenen Problemen. Keiner von uns ist nur für euch da und darf beleidigt oder irgendwelche Sprüche gedrückt bekommen, weil euch etwas nicht passt.

Wie es jetzt mit SocialMedia weitergeht

Aber auch ich selbst habe meinen genügenden Teil dazu beigetragen, dass die Reichweite immer weiter sank. Ich war teilweise oft nur noch in Social Media online, wenn ich eben etwas postete und sonst nicht. Wenn du dich aber nicht integrierst , dann kannst du 1. nicht auf dich aufmerksam machen und 2. will der Algorithmus, dass du dich selbst auch am sozialen Miteinander beteiligst. Sprich: Selbst likst, kommentierst, usw. Likes habe ich zwar fleißig verteilt, dagegen aber so gut wie nie kommentiert. Auch das hängt so ein bisschen mit meinen sozialen Ängsten zusammen, da ich dachte, ich gehöre eh nicht dazu (was man auch nicht kann, wenn man sich nicht beteiligt) und die Angst hatte, das dann auch so gezeigt zu bekommen und zum anderen, weil ich eben selbst gar nicht so viel auf anderen Profilen unterwegs bin.

Social Media frisst so viel Zeit, die ich einfach gar nicht habe, um zusätzlich so viel Zeit dort zu verbringen, wie man es eigentlich machen müsste als Creator. Und die finanzielle Kapazität jemand dafür zu engagieren, wie viele es tun, habe ich nicht. Zudem fände ich es auch nicht richtig, wenn jemand in meinem Namen mit anderen interagiert.

SocialMedia macht mir persönlich aber auch viel Druck. Du musst als Creator regelmäßig posten, ich habe jedoch oft viele und längere Pausen gemacht und auch das sieht der Algorithmus nicht sehr gerne. Hinzukommt, dass ich mich im Laufe des letzten Jahres immer stärker verglichen habe. Andere Profile, die viel seltener posten und auch viel weniger umfangreich (wenn trotzdem mit sehr guten Inhalten) und viel mehr Aufmerksamkeit bekamen. Ich habe das lange versucht zu ignorieren und runterzuschlucken, weil ich ja weiß, dass das Schwachsinn ist mit dem vergleichen. Die anderen können überhaupt nichts dafür und trotzdem entwickelte sich bei mir eine Art depressiver Neid.

Und Social Media lädt eben auch sehr zum Vergleichen ein. Ich würde mir eine Plattform ohne all das Gelike, etc. wünschen, habe bisher allerdings noch keine gefunden.

Mit so etwas wie Neid hatte ich bisher nie großartig zu kämpfen und das mochte ich auch kein Stück an mir. Aber wie alles, war oder ist auch das nur ein Symptom. Bei mir wurde immer stärker das Gefühl angetriggert, wieder nicht dazu zu gehören, falsch zu sein und auch nicht wichtig für andere. Mir ist das z.B. mehrfach aufgefallen, dass wenn ich Geschichten aus meinem Leben teilte, oft gar keine Reaktion kommt. Während (und hier sind wir wieder beim Vergleichen) andere auf ihre Erzählungen so viel Mitgefühl und Anerkennung bekamen.

Bei mir nahm ich das nicht wahr und deshalb stieg wieder das alte Gefühl auf: „Hmm, dann ist es wohl doch nicht so schlimm bei mir. Dann übertreibe ich nur. Oder bei mir finden das Menschen einfach nicht schlimm genug.“ – Das Gefühl nicht ernst genommen zu werden und auch einfach nicht wichtig genug zu sein, dass jemand schlimm fände, was mir passierte.

Ich hatte also mit der Zeit immer mehr zu kämpfen und irgendwann wusste ich nicht mehr, wie ich das unterdrücken sollte. Deshalb meine ich, dass dieser depressive Neid, der entstand, auch nur ein Symptom dafür war bzw. ist, dass ich mir eben all das, was ich oft bei anderen wahrnehme, auch wünsche. Am Ende kann ich dafür aber nicht andere verantwortlich machen.

Ich glaube, dass ich im Schildern mancher Dinge oft sehr abgeklärt wirke, so als läge all das bereits in weiter Ferne. Oft relativiere ich auch selbst meine Erzählungen, weil ich denke, wenn jemand das dann nicht kümmert oder sogar darüber spottet, kann ich mich durch diese Relativierung „retten“ , da ich dann so tun kann, als fände ich es selbst nicht so schlimm. Dadurch würde ich meine Verletzung nicht so stark nach Außen tragen. Gleichzeitig signalisiere ich nach Außen damit aber auch, das ich es selbst gar nicht so schwer nehme.

Ich versuche daher erst einmal bei mir anzusetzen, mich selbst ernster zu nehmen. Denn dann bin ich auf die anderen nicht mehr so angewiesen und werde dahingehend logischerweise auch weniger getriggert. Ich denke, dann gehe ich auch wieder entspannter mit allem um.

Umgangston

Weiter geht mir aber auch der Umgangston auf Social Media ziemlich auf die Nerven. Daran kann ich nichts ändern, da es zu viele Menschen gibt, die aufgrund der Anonymität glauben, sie könnten sich alles erlauben. Viele sehen nur, was sie gerade selbst belastet und nervt und vergessen einfach (oder vllt gibt es manchen auch einen Kick), dass hinter dem anderen PC auch ein Mensch mit Gefühlen sitzt, den sie sehr stark und teilweise auch mit langfristigen Folgen verletzen können. Das treibt man nicht aus, das können nur diese Personen selbst. Ich kann aber für mich entscheiden, ob mir das meine Mühen und Nerven überhaupt wert ist.

Ich weiß nicht, ob man einfach nur ein dickes Fell braucht. Vllt. liegt es nämlich nicht am eigenen fehlenden, dicken Fell, sondern daran, dass es nicht okay ist sich so zu benehmen, wie es einige tun. Es ist einfach nicht in Ordnung. Aber gerade das Negative bekommt von uns Menschen so viel Aufmerksamkeit. Artikel mit Hatekommentaren darunter, haben mit die meiste Reichweite bei mir bekommen. Weil immer mehr darauf reagierten und dann so’n „Hate-Club“ entstand. Das ist doch irre. Was denkt ihr auch, warum viele Influencer gezielt Skandale inszenieren? Aber ich für mich finde es nicht okay. Ich bin nicht dafür da, mir die Unzufriedenheit anderer Menschen zu geben.

Ich muss also erstmal für mich schauen, was ich will und wie ich das erreiche. Es gibt viele Möglichkeiten die eigene Arbeit unter Menschen zu bringen. Ob ich dazu wieder zurück zu Social Media komme, kann ich aktuell nicht einschätzen. Mal denke ich Ja, mal denke ich Nein. Ich würde sagen, dass wird die Zeit zeigen.

Wohnung und Weiterbildung

Im Sommer bekam ich eine Mieterhöhung und so langsam kann ich mir meine Wohnung nicht mehr leisten. Das Problem daran ist: Es gibt kaum günstigere und ich fühle mich extrem wohl, wo ich derzeit lebe. Ich will hier also nicht wegziehen. Das hat mich zusätzlich in ein tiefes Loch gerissen (ja, wenn’s kommt, dann kommt’s gebündelt), mir jedoch auch den notwendigen Anstoß gegeben, mir eine neue Stelle zu suchen, die mir ein paar Euro mehr im Monat einbringt, womit ich zumindest hoffentlich erstmal die Wohnung weiterbezahlen kann. Mit der Wohnung ist das immer noch ziemlicher Mist, allerdings gab mir das auch wieder neue Motivation. Naja, und in einer neuen Wohnung hätte ich zumindest wieder freie Wände, um sie zu bemalen 😅. Also mal schauen, was daraus wird.

Jetzt schließen wir noch mit etwas sehr Positiven ab:

Ich mache derzeit nämlich eine Weiterbildung per Fernstudium zum psychologisch-, systemischen Berater und das macht mir sehr großen Spaß 💚.

Update Teil 1 – Mutterwunde, Ablehnung, Narzissmus und Reflexionen

Seit Sommer wurde es recht ruhig um mich und wie man an den letzten Beiträgen vllt. merken konnte, lag es daran, dass es mir nicht sehr gut ging.
Die letzten Monate waren sehr anstrengend, aus verschiedenen Gründen. Ein großes Thema spreche ich heute an. Generell wird es jedoch langsam wieder besser und viele mir bisher versteckte Themen konnte ich beginnen zu bearbeiten.

Der Beitrag wurde etwas länger als geplant, daher entschied ich mich dazu das Update in 2 Teile aufzuteilen. Im ersten erzähle ich euch das Kernthema, an welchen ich dieses Jahr bei mir arbeite. Im zweiten Teil gehe ich dann noch auf meine derzeit geschlossenen SocialMedia-Kanäle ein und erzähle, was es sonst noch so Neues gibt. Momentan bin ich im Beantworten von Nachrichten und eMails nicht sehr gut. Seit Monaten bleibt das teilweise auf der Strecke liegen, jenes spreche ich dann aber ebenfalls nochmal gesondert an. Den 2. Teil peile ich morgen an zu veröffentlichen, aber möglicherweise kommt er auch erst in ein paar Tagen. Wie ich es eben zeitlich schaffe mit dem Schreiben.

Dieses Update wird auch gleichzeitig mein Jahresrückblick sein, es wird zum Jahreswechsel also sehr wahrscheinlich keinen mehr geben.

Das aktuelle Thema

Dieses Jahr stand ganz im Thema Mutterwunde. Ich habe festgestellt, dass alles was in den letzten Monaten so an Erinnerungen, Gefühlen und Glaubenssätzen aufkam bzw. mir bewusst wurde, mit einem Kerntrauma bzgl. meiner Mutter zusammenhing/-hängt ( „Bindungstrauma“ ) .

Letztes Jahr war das Thema ‚benutzt-werden‘ riesen groß. Nicht weil ich im letzten Jahr viel benutzt wurde, sondern weil das Gefühl erstmals zu mir durchdringen konnte (wir sind hier also nicht bei einem aktuellen Trauma, sondern bei der Traumaaufarbeitung). Ich habe das vorher nie so bewusst und stark gespürt. Doch plötzlich war in meinem Kopf präsent, was mir all die Jahre angetan wurde. Vorher war mir vieles zwar rational klar, aber einfühlen konnte ich mich nur schwer. Es war wie wenn ich über das Leben eines anderen nachdenke oder spreche. Die Gefühle waren bis dato noch hinter einem dicken Schleier der Dissoziation versteckt.

Mir gingen dann all die vergangenen Kontakte durch den Kopf, wo ich immer wieder für die Zwecke anderer benutzt wurde und mich benutzen ließ. In Folge dessen rückte also auch das Thema ‚Grenzen-setzen‚ wieder sehr stark in den Vordergrund. Ich überprüfte noch einmal, wo überhaupt meine Grenzen liegen, was ICH will und was nicht und begann dies auch umzusetzen.
Letztes Jahr war daher wie die Vorstufe zu diesem Jahr.
Denn erst musste die Basis her, bevor es weiter gehen konnte. Alles baut aufeinander auf.

In diesem Jahr ging es dann nämlich an ein Kernthema: Die Angst vor Ablehnung. Ich beschreibe gleich näher, was es damit genau auf sich hat…

Diese Angst konnte ich ausfindig machen als Hintergrund meiner Depression, meiner Ängste (sozial wie beruflich) und meiner (Selbst)Isolation.
Hinter jeder Erkrankung steckt etwas. Eine Depression kann die Ursache eines hormonellen Ungleichgewichts oder Virus  sein, hinter ihr kann sich ein Verrat (von anderen oder an sich selbst, wenn man z.B. ständig die eigenen Grenzen übertritt) verstecken oder, wie in meinem Fall, fehlende (Selbst*)Liebe. Die Bandbreite ist da riesig.

* (denn ja, mir fehlt zwar scheinbar die Liebe vom Außen, jedoch ist das heute als Erwachsene nur ein Problem, weil ich mir diese Liebe bisher auch selbst nicht zur genüge gab. Dadurch machte ich mich abhängig von der Liebe des Außen und wie ich gleich erläutere, ist das was ich unter Liebe verstand – nämlich Missbrauch – der Grund, warum ich immer wieder genau das Gegenteil anzog. Umso mehr ich mir aber selbst Liebe entgegenbringe, umso weniger lasse ich sowas in mein Umfeld. Um Selbstliebe kommen wir also nicht herum, wenn wir heilen und etwas in unserem Leben positiv verändern möchten)

Was hinter meiner Depression steckt

Im Frühsommer diesen Jahres beschäftigte ich mich näher mit den verschiedenen Ursachen von Depressionen, weil ich herausfinden wollte was eigentlich hinter meiner steckt. Ich wollte sie endlich ein für alle mal loswerden. Ich war auch sehr guter Dinge, dass das klappen wird.
Nur leider ist die Depression ja auch nur ein Symptom. Sie verschwindet solange nicht, wie die Ursache nicht behoben wurde. So wie es mit den meisten Erkrankungen ist.

Um meine Depression besser verstehen zu können, ging ich gedanklich in die Situationen zurück, die bei mir einen schweren Schub auslösten. Und siehe da: Es waren überwiegend soziale Situationen.

Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Es waren tatsächlich, soweit ich mich erinnern kann, immer Situationen in denen wieder das alte Gefühl der Ablehnung aufkam. Das Gefühl keine Liebe zu erfahren, weggestoßen zu werden, falsch zu sein, keine Existenzberechtigung in dieser Welt zu besitzen.
26 Jahre befand ich mich in einer Dauerdepression und wie lange befand ich mich im Umfeld hochgradig toxischer und missbrauchender Menschen? Genau! Exakt 26 Jahre.
2 Jahre lang war danach die Depression komplett verschwunden. Noch nie meinem Leben hatte ich soviel Energie und Lebenslust verspürt. Ich kannte das ja gar nicht, der Zustand vorher war mein „Normalzustand“ . Und das war auch genau die Zeit, als ich den Kontakt zu allen abbrach und wegzog.

Und wann fing sie wieder an?
Als ich Kontakt zu einem sich wieder missbräuchlich verhaltenden Mann hatte.
Wann kamen stärkere Schübe? Wenn ich in den letzten Jahren soziale Streitigkeiten hatte, die mit Vorwürfen, Kontaktabbrüchen, nicht verstanden oder ernst genommen werden (denn das führte früher meist zu wirklich schlimmen Situationen), etc. einhergingen.

Also ging ich der Sache weiter auf die Spur: Warum ist das so? Warum war ich bei solchen Menschen? Wie kam ich dahin? Warum hauen mich solche Situationen manchmal so raus? Wo liegen die Trigger, welches Gefühl verursachen sie und was steckt hinter diesem Gefühl? Was will es mir sagen?

Was das mit meiner Mutter zu tun hat

WICHTIG: Es geht NICHT darum, meiner Mutter die Schuld für mein heutiges Dasein zu geben. Sie hat die Verantwortung für ihr damaliges Verhalten und die behält sie auch. Wie ich mich heute verhalte, liegt jedoch ebenso in MEINER Entscheidungsgewalt, wie ich sie von ihrer Verantwortung, aufgrund ihrer Kindheit, nicht freispreche. Ich kann nicht sagen: „Ist schon okay, du hattest es ja auch schwer. Da konntest du gar nicht anders, als so zu mir zu sein.“ – Nein, einfach nur nein. Dieses Argument zählt nicht. Aber wenn dieses Argument für sie nicht zählt, kann es auch für mich nicht gelten. Meine Mutter ist also nicht Schuld an meinem Heute. Um mich selbst zu verstehen und etwas an meinem Zustand ändern zu können, muss ich für mich aber die Hintergründe und Zusammenhänge verstehen.

Als Baby vergötterte mich meine Mutter. Niemand durfte mich ansehen, geschweige denn hochnehmen. Sie behandelte mich wie ihr kleines Püppchen … Und dann war es vorbei. Über Nacht kann meine Mutter an Dingen die Lust verlieren und ich gehörte dazu. Plötzlich wollte sie mich weder sehen noch etwas mit mir machen.

An meine Mutter kann ich mich in meiner Kindheit, bis ich den Kontakt vor 12 Jahren abbrach, nur als abweisend erinnern. Ich nervte sie und das gab sie mir auch stets deutlich zu verstehen. Sie schickte mich immer wieder weg („Hau ab!“ -„Mach dich auf dein Zimmer!“ ), gab abfällige Kommentare bis Beleidigungen über meinen Körper, mein Verhalten und mein generelles Dasein. Sie spottete über mich (das Mobbing aus der Schule setzte sich unter meinen Eltern also zuhause fort, als Hauptinitiator meine Mutter), glaubte mir nie etwas (unterstellte mir also pauschal schon das Lügen, dementsprechend konnte sie mich auch nicht schützen, denn sie hat mir ja nichts geglaubt).

Auch stand sie nie hinter mir, verteidigte mich nie, ekelte sich vor mir (z.B. durfte meine Wäsche nicht zusammen mit denen meiner Eltern in die Maschine) und war furchtbar eifersüchtig, wenn ich nur im gleichen Raum wie mein Vater war (statt Schutz gab es daher Vorwürfe).

Es gab also einen unglaublich starken und schnellen Wechsel von: „Du bist alles für mich. Ich hab dich soooo lieb“ zu: „Ich ertrage dich nicht eine Sekunde“ . Und als Kind kannst du noch NICHT reflektieren. Kinder beziehen alles auf sich. Die Fähigkeit zur Reflexion und zum Perspektivwechsel entwickelt sich erst später …

Warum Ablehnung so schlimm ist (für mich und das Gehirn)

Es ist also gar kein Wunder, dass ich das so auf mich bezogen habe. Das ich dachte, ich wäre das Problem. Und auch, dass diese Angst vor Ablehnung bei mir so stark ist. Denn als kleines Kind, und besonders als Baby, bist du auf die Fürsorge deiner Bezugspersonen angewiesen. Dein Überleben hängt buchstäblich davon ab, ob sie sich um dich kümmern oder nicht (das ist auch ein Grund, warum Vernachlässigung und psychischer Missbrauch in der Kindheit ebenso schwere Traumata hinterlassen kann, wie physische Gewalt).

Die Ablehnung in meiner Kindheit hat also zu einer Todesangst bei meinem kleinen Ich geführt. Deswegen ist sie noch heute manchmal so überwältigend. Aber soziale Ablehnung führt auch zu realen Schmerzen in unserem Körper, weshalb der Geist logischerweise Methoden versucht zu finden, diesen Schmerz zu umgehen (bei mir ist es Isolation, Soziale Ängste und Perfektionismus – bei andern sind das z.B. Unterwerfung, in Form von die Meinung anderer annehmen, „Mitläufer“ sein oder auch Aggression, nach dem Motto: „Angriff ist die beste Verteidigung“ , usw.)

Ablehnung ist per se kein schönes Gefühl. Niemand steht wirklich darauf abgewiesen zu werden und das aus guten Grund: Wir Menschen sind soziale Wesen und früher wie heute auf ein soziales Umfeld angewiesen. Einsamkeit macht bekanntlich psychisch wie physisch krank. Auch war die Chance zu überleben in einer Herde früher weitaus höher, als allein.

Soziale Ablehnung wird von unserem Gehirn als Schmerz eingestuft. Es unterscheidet nicht, ob du körperlich verletzt wurdest oder zurückgewiesen. Bei physischen Schmerz aktiviert unser Gehirn bspw. das natürliche Schmerzsystem, welches körpereigene Opioide freisetzt, um den Schmerz zu lindern. Eben diese werden auch in einer Situation sozialer Not und Isolation ausgeschüttet. Eine Studie hat gezeigt, dass Menschen mit einer höheren Resilienz mehr dieser Stoffe freisetzen, was erklärt, warum diese besser mit Widrigkeiten umgehen können.

Eine weitere Studie zeigte, dass Liebe unser Belohnungssystem aktiviert. Dieser Bereich hängt eng mit unserer Motivation, unserem Verlangen und unserer Emotionsregulierung zusammen. Dieser Bereich spielt aber auch bei Süchten eine Rolle. Bei sozialer Ablehnung kommt es daher auch nicht selten zu einer Art Entzugserscheinungen: zu starken Gefühlen des Unglücklichseins, zu Motivationslosigkeit, Sinn- und Hoffnungslosigkeit, Sehnsucht und zwanghaften Verhaltensmustern (auf der Suche nach der geliebten Person).

Der Schmerz nach einer Ablehnung ist also auch in unserem Körper real.

Glaubenssatz: Lovebombing = Liebe

Wie sich vllt. unschwer erkennen lässt, litt meine Mutter an einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Ebenso wie ihre Mutter. Die NPS ist hier eine Reaktion auf ihr Trauma. Und ich will auch gar nicht wissen, wie viele Generationen der Missbrauch hier zurückreicht. Trauma vererbt sich und unreflektiert wird es auch durch das eigene Verhalten gegenüber den Kindern weitergegeben.

In meinem Leben kam ich nun immer wieder an ebenso narzisstische Menschen. In meinen Partnerschaften war ich quasi jedes Mal aufs Neue mit meiner Mutter zusammen. Sie verhielten sich ausnahmslos alle so, in verschiedenen Abstufungen jedoch. Also habe ich mich gefragt, wie das sein kann. Die haben ja kein Schild um den Hals hängen und teilweise war es auch nicht so, dass ich mir diese Leute (partnerschaftlich WIE „freundschaftlich“ ) aus einer großen Masse explizit ausgesucht habe. Sie waren manchmal einfach da. Was ich jedoch gemacht habe, war nach dem Erstbesten zu greifen (ich lebte ja schon immer überwiegend in Isolation, also nahm ich das, was da war – Ich bringe da gern dieses Beispiel mit der Wüste: Wenn du am Versdursten bist, nimmst du, was du bekommen kannst und sei es eine verdreckte Pfütze) und das waren eben diese Leute.

Aber WARUM machte ich das? Klar, Freund’s Wiederholungszwang ist mir bekannt. Dadurch habe ich verstanden, dass sich unaufgearbeitete Dinge wiederholen. Aber ich verstand noch nicht komplett, was dahinter steht. Ist das irgendeine überirdische Macht, handelt die Psyche wie ein eigenständiges Wesen oder wie kommt es dazu? Wisst ihr was ich meine?

Und vor kurzen ging mir dann endlich ein Licht auf: Die viele Aufmerksamkeit, die ich von meiner Mutter anfangs bekam, das vergöttern und idealisieren (= in der Partnerschaft kennt man es als ‚Lovebombing‘ ) habe ich als Liebe abgespeichert. Denn das war das Einzige in meiner Kindheit, was Liebe nahekam. Und bis heute springt in meinem Inneren etwas an, wenn jemand so zu mir ist. Weil ich denke, jetzt bekomme ich endlich Liebe.

Idealisierung ist jedoch keine Liebe. Idealisierung kommt immer aus der Polarität, es gibt da keinen Mittelweg. Wenn du jemand idealisierst, dann siehst du nur das, was du gerne sehen möchtest. Das, was sich dein Inneres wünscht. Das, was deinen inneren Schmerz tilgen kann, was ein Loch in dir stopft, etc. Aber du siehst nicht die echte Person. Idealisierung kann man jedoch nicht ewig aufrechterhalten, früher oder später holt dich die Realität ein.

Das sind dann diese Momente, wo der andere abgewertet wird. Denn dieser verhält sich gerade nicht, wie es in das idealisierte Bild passt. Dieser soll wieder die vorher idealisierte (Traum)Gestalt annehmen, er soll nicht so sein wie er ist, also wird kritisiert, gegaslighted, abgewertet usw. (Manipulation) und die Schuld bei ihm gesucht ( „Sie/Er ist plötzlich so anders. Sie/Er hat mich die ganze Zeit belogen“ – und schwupp wird aus Liebe Hass, nicht weil sie so eng beieinander liegen, sondern weil Idealisierung aus dem Ego stammt, ebenso wie Hass. Mit echter Liebe hat das nichts am Hut)

Es hat also gar nichts damit zu tun, dass ich mir gezielt (bewusst) solche Männer und Freundschaften aussuchte, sondern damit, dass ich ihr Verhalten am Anfang mit Liebe und Zuneigung gleichsetzte.

Trigger

Warum ließ ich mir das gefallen? Wieso bin ich nicht direkt gegangen, wenn mich Leute abwertend behandelt haben? Heute weiß ich, dass ich das nicht nötig habe. Und dennoch triggern mich manche Dinge immer noch so sehr, dass sie mich völlig aus der Bahn werfen.

Triggern kann dich nur, was in deinem Inneren ist. Ein Reiz kann nichts in dir hervorholen, was nicht bereits da ist. Im Sommer gab es bspw. eine private Situation, wo ich durch eine Aussage das Gefühl hatte, dass ich wieder überflüssig bin. Wieder falsch. Wieder der Störfaktor. Betonung liegt auf: Ich hatte das Gefühl. Das ist nämlich mein Filter, mit dem ich auf die Welt blicke, nicht automatisch aber auch die Realität. Mein Inneres scannt alles nach Ablehnung ab, nach potenzieller Gefahr und will mich schützen. Wenn irgendwas dem also Nahe kommt, ergreift mein Inneres Maßnahmen. Wenn du getriggert wirst, dann befindest du dich wieder in der alten Situation und genauso war es auch. Ich konnte nicht mehr klar denken.

Aber warum triggerte das so? Weil in mir eben immer noch etwas glaubt, dass ich tatsächlich überflüssig und ein Störfaktor bin. Genauso wie ich im Inneren immer noch zu einem Teil glaube dumm zu sein, wenn jemand meine Kompetenz angreift, usw. In mir kommt dann sofort der Gedanke: „Siehste, du hast wieder was falsch gemacht! Du bist eben doch falsch“ , denn wir erinnern uns: Das Kind von früher glaubte was ihm gesagt wurde und dachte wirklich es wäre der Fehler. Ich ließ mir das also so lange gefallen, weil ich unterbewusst dachte (und manchmal noch denke), dass sie recht haben, ich etwas falsch mache und das nur ändern muss, damit ich wieder geliebt werde.

Aber merkt euch: Für Liebe muss man NICHTS leisten!

Was für mich Idealisierung/Aufmerksamkeit war

Ein witziger Funfact: In Beziehungen erinnerte ich mich immer gern an die ersten Tage zurück, denn das waren stets die schönsten. Danach ging es meist rapide abwärts.

Wenn ich Idealisierung sage, dann klingt das so, als wäre ich da mit Komplimenten und Geschenken überhäuft wurden. Das machen nämlich viele so. Aber ich habe schon emporgehoben (und damit selbst idealisiert ☝!), wenn jemand gern Zeit mit mir verbringen wollte und nett zu mir war. Das war’s.

Egal ob Freundin oder Partner, am Anfang waren die Leute meist mega begeistert von mir. DIE beste Freundin. DIE Traumfrau. Sie waren nett, verbrachten gern Zeit mit mir und gaben mir das Gefühl, eine Lebensberechtigung auf dieser Welt zu haben. „So schlimm kann ich ja dann doch nicht sein“ , dachte ich mir. „Endlich mag dich jemand. Endlich gibt’s Liebe!

Und nach kurzer Zeit war das dann vorbei. Es war immer wieder wie damals: Ich ging den Leuten auf die Nerven, meine bloße Anwesenheit reichte oft. Man ignorierte mich, schwieg mich an, usw. Was am Anfang so toll an mir gefunden wurde, war plötzlich eine Todsünde. Völlig banale Dinge wurden als Erklärung genommen, warum man mich so behandelte, wie es dann getan wurde. Dinge, an denen man mir die Schuld gab. Ich war zu laut, zu leise, zu ordentlich, zu unordentlich, zu faul, zu engagiert, zu dumm, zu intelligent, zu verlogen, zu ehrlich, zu langweilig, zu aufgedreht, usw. usf. – Und all das kam oft aus dem Nichts.

Wenn es jemand partout stört, wenn bspw. die Wohnzimmertür offen gelassen wird, dann merkt man sich das einfach und schließt sie demnächst. Das sind normale Kompromisse. Aber diese „Gründe“ für den psychischen Missbrauch änderten sich jeden Tag. Was heute gut war, war morgen schlecht.

Also versuchte ich jeder potenziellen Fehlerquelle aus dem Weg zu gehen, um die negativen Reaktionen zu vermeiden (= Perfektionismus) und mich zu schützen. Und auch weil ich dachte, das es ja an mir liegen muss. Ich habe das nicht nur ständig gesagt bekommen, sondern ich war ja auch der (scheinbar) einzig gemeinsame Nenner. Also dachte ich weiter an mir als Wesen wäre etwas falsch.

Aber das sind Menschen, die selbst sehr unglücklich und unzufrieden mit sich sind. Aus diesem Grund idealisieren sie ja. Auch ihnen fehlte die Selbstliebe, so wie sie mir fehlte (= niedriger Selbstwert zieht meist niedrigen Selbstwert an). Ein mit sich selbst zufriedener Mensch benimmt sich nicht so. Dieser übertritt weder seine eigenen Grenzen noch die der anderen.

Zur Folge hatte dieser Perfektionismus dann irgendwann die Sozialphobie, denn egal was ich tat oder nicht tat, es war trotzdem nicht richtig. Meine Angst vor Menschen wurde immer größer, meine Angst die mir sagen wollte: „So geht das nicht weiter. Menschen verletzen uns, also müssen wir Menschen meiden“ . ➡ Unser Körper und unsere Psyche machen keine Fehler und sind auch nicht gegen uns, wir müssen nur lernen zu verstehen, was sie uns sagen wollen.

Fazit

Dieses Jahr ging es also in großen Schritten an meine sozialen Ängste. Eine sehr spannende Erkenntnis fand ich da auch, dass es mir ja eigentlich unheimlich wichtig ist, so selbstständig und frei, wie es gerade nur möglich ist, zu leben. Alles, was meine Freiheit einschränkt, macht mich wahnsinnig. Deshalb reagiere ich auch sehr allergisch auf Manipulation und Druck. Selbst in meinem Namen steht das Wort Freiheit schon, denn Franziska bedeutet so viel wie ‚die Freie‘ . Witzig, oder? Aber was tue ich? Ich nehme mir vor lauter Angst die eigene Freiheit. Wie viele Dinge tat ich in meinem Leben nicht, weil ich solch furchtbare Angst hatte, etwas falsch zu machen? Wie viele Dinge brach ich ab? Und wie lange sperre ich mich deshalb schon Zuhause ein?

Indem ich meiner Angst und meinen Symptomen nicht zuhörte, sie immer nur weg bekommen wollte – mir selbst dadurch nicht zuhörte! – habe ich mir auch ein großes Stück weit selbst die Freiheit genommen. Das was mir soo wichtig ist. Das war eine krasse Erkenntnis. Ich sah meine falsch verknüpften Überzeugungen gar nicht und hab dadurch mein Muster immer und immer wieder wiederholt. Nicht die Angst oder die Depression ist das Problem, sondern das ich ihnen nicht zugehört und sie nicht verstanden habe.

Erledigt ist durch diese Reflexionen und Erkenntnisse noch nichts. Aber dadurch ist viel ins Rollen gekommen und bietet mir jetzt eine neue Chance für eine bessere Lebensqualität.

Blog offline: Was los war und ist

Triggerwarnung!!
Ich schreibe aus meinen aktuellen Gefühlen und Gedanken, diese sind sehr pessimistisch und können sich jederzeit ändern. Sind aktuell aber, was sie sind. Wenn ihr selbst destruktive Gedanken oder Hoffnungslosigkeit erlebt, dann lest das bitte nur, wenn ihr diese Worte von euch und eurer Situation abgrenzen könnt.

Blog offline

Mein Blog war lange offline.
Dafür gab es mehrere Gründe.
Einer dieser Gründe war, das Vergleichen. Das Gefühl, einfach per se schlechter als andere zu sein. Gar nicht mehr zu wissen, warum ich überhaupt mit dem Schreiben anfing.

Das es mir psychisch nicht gut geht, war mir schon als Teenager klar. Aber ich habe mich nie damit ernsthaft befasst. Dachte immer, dass ich das schon hinbekomme. Keine Therapie brauche und eigentlich einfach nur mit mir etwas nicht stimmt. Das ich mich nur mehr auf die Reihe bekommen müsste. Diese Gedanken kamen nicht nur rein aus mir, sondern diese wurden mir so auch stets von Außen widergespiegelt (das muss ich mir gerade wieder bewusst machen, um diese Gedanken nicht zu sehr mit mir zu identifizieren).
Wer aus psychischen Gründen nicht kann, der ist „nur zu faul“ . Schließlich „könnte er ja“ .

Diese Botschaften waren in meiner Familie stets Gang und Gäbe. So „treibt“ sich die Familie heute noch an.
Und so tut es auch der Rest der Gesellschaft.
In einer Leistungsgesellschaft musst du Leistung erbringen, wie eine Maschine. Und wenn du keine Leistung mehr erbringst, dann wirst du auch wie eine kaputte Maschine aussortiert.
Mit dir ist etwas komisch! Warum bist du nicht einfach wie andere? Wo ist das Problem? Einfach machen!

Und irgendwann fragst du dich diese Fragen selbst.
Bei mir waren sie sooo lange hinter einem dicken Schleier an Dissoziation verborgen. Also so, dass ich mir diese nie übermäßig stellte oder sie fühlte.
Klar, ich sollte es als gutes Zeichen ansehen, dass es jetzt anders ist: Dissoziative Barrieren fallen und so … Kann man so sehen, muss man aber nicht so fühlen.

Zudem kam aber auch mein (ich weiß nicht, ob ich es objektives Denken nennen kann?), dass ich kein Versager bin, nur weil ich kein Rädchen im System bin. Deshalb bin ich nicht schlechter als andere. Innerlich fühle ich das irgendwo.
Mir ist schon klar, was ich im Gegensatz zu vielen, die so etwas sagen und oft nicht „viel mehr“ (wenn gleich auch jeder seine Sorgen und Probleme hat, nur sind sie diesen scheinbar weniger bewusst, sonst würden sie anders reden – Wer tatsächlich „echte“ Probleme hat, der redet nicht so, sondern fühlt mit), leisten, erreicht habe.

32 Jahre überleben.

Ich persönlich finde es noch immer schräg so etwas zu sagen, denn „Überleben“ impliziert für mich Krieg und Katastrophe.
Aber richtig reflektiert, zurückgeblickt: War nicht genau das mein Leben?
Keine Gewehre, nein. Aber die ständige Angst am Abgrund zu stehen. Nicht zu wissen, ob es weiter gehen wird.
Nicht nur das Gefühl. Das war die Realität.
Heute zurücküberlegt, weiß ich nicht, wie ich bisher überhaupt überleben konnte. Körperlich wie psychisch.
Ich weiß es wirklich nicht.
Ich kann nur meinem Körper dafür danken. Eine andere Erklärung weiß ich nicht.

Es war immer der Gedanke:
Ein Schritt nach dem Nächsten. Nicht nachdenken, nur handeln“ – Das ist aber kein Leben, das ist ein Überlebensmodus. Fühlen kann ich das nicht, aber würdest du mir das als Außenstehender so erzählen, dann wäre es das, was ich dir antworten würde.

Warum war mein Blog offline?

Das überwältigende Gefühl nicht gut genug zu sein. Abgeschnitten von der Umwelt zu sein. Falsch zu sein.

Das Gefühl, dass alles an mir falsch ist.
Das ich allein bin.
Und das Gefühl, dass sich das niemals ändern wird.
Das ich immer alleine bleiben werde, emotional, menschlich. Weil ich falsch bin. Ich bin anders und Andersartigkeit will niemand. Auch das Gefühl, dass einfach zu viel an mir kaputt ist, als das sich jemals jemand langfristig damit abgeben würde. Das so viel kaputt ist, dass es niemals heilen kann.

Und das trotz aller meiner Bestreben, ich bisher niemals etwas daran ändern konnte.
Der Gedanke kam also, und er ist noch nicht weg, dass ich trotz all meiner Handlungen keine Änderung herbeiführen kann. Denn ich habe es ja versucht. So sehr.
Die Hoffnung ist verflogen diesen Sommer, also die, die uns die ganze Zeit am Leben erhielt.

Und dann kam diese unbeschreibliche Scham.
Nur die Scham konnte und kann sich gegen all die rationalen Gedanken von: „Das ist doch nicht so. Sieh was du alles erreicht hast“ durchsetzen.
Die Scham, sich überhaupt in die Welt hinausgewagt zu haben. Der Gedanke: „Wie konntest du das zulassen?! Du weißt doch, dass die Welt gegen uns ist!
Infolgedessen also noch Schuld mit. Die Schuld dafür, Inneren durch meine Öffentlichkeitssuche geschadet zu haben. Obwohl das Gefühl der Schuld eher zweitrangig ist. Schon immer. Das ist zwar stark.
Die Scham falsch zu sein und allen zu schaden ist der aber der Haupttreiber.

Rationale Gedanken…

Helfen hier nur bedingt.
Rational ist mir „alles“ bewusst:

Mir ist bewusst, dass meine Gedanken „nur“ aus der Depression heraus kommen.
Depressionen hatte ich schon seit ich denken kann. 2 Jahre hatte ich sie einmal nicht, nur deshalb kenne ich den Unterschied, sonst würde ich behaupten: „So fühlt man sich doch normal, oder nicht?
Und schon oft gingen positive Gedanken in schweren Episoden verloren. Aber noch nie die Grundhoffnung. Der Glaube daran, dass sich irgendwann alles zum Besseren wenden wird.
Irgendetwas gab es im Inneren immer, dass uns am Laufen erhielt. Das dafür sorgte, weiter zu machen. In allem etwas sinnvolles zu sehen.
Ich bezeichne es, als das „Feuer, das uns am Leben erhielt“ .

Und das fühlt sich wie erloschen an.
Irgendwas ist da immer noch, sonst würde ich heute hier nicht schreiben.
Auch das sehe ich als Funken der Hoffnung an.
Aber etwas hat sich verändert.
Und das ist bitter zu schlucken.

Denn ohne dieses Gefühl bringt all die Rationalität, dass „alles etwas sinnvolles mit sich trägt, aus dem man lernen/wachsen kann“ nichts mehr. Und wenn der nicht mehr da ist, fragt man sich hier: „Warum weiter machen? Warum, wenn sich keine Hoffnung auf Änderung mehr ergibt?

Nicht spontan

Das kam, rückblickend, aber nicht spontan.
So hat es sich zwar angefühlt, ja.
Aber eigentlich war es das nicht. Ich spürte schon länger, dass ich meinen Alltag nur noch mit Sport und TikToks verbringe, weil ich sonst keinen Sinn mehr sehe.
Anfang August kam eine „Banalität“ (meine Therapeutin sagt, es wäre keine gewesen, daher setze ich das in Gänsefüsschen), die als Auslöser dafür galt.
Das war quasi der Moment, der das Fass zum Überlaufen brachte.
Aber ein Fass kann eben auch nur überlaufen, wenn vorher schon Unmengen hineinflossen … Wie groß dieses Fass ist, ist bei jedem ganz unterschiedlich.

Und ich würde einmal behaupten, dass bei den allermeisten Traumatisierten dieses Fass eh schon, von klein auf, bis fast zum Rand gefüllt ist.
Eine gesunde Umgebung kann dabei helfen, vieles davon abzuschöpfen. Ob dieses Fass jemals leer werden kann dadurch, weiß ich nicht. Aber ein gesundes Umfeld kann dabei helfen, es zu leeren.

Trauma hat es aber leider so an sich, dass man sehr oft eben jenes wieder rekonstruiert, was man erlebte.
Man kommt immer wieder in toxische Umgebungen, diese kennt man so ja auch.
Sie vermitteln, scheinbare, Sicherheit.
Es ist also fast schon ein Te*felskreislauf an Leid.
Wie sollst du also heilen, wenn du all das, was das Fass überhaupt erst so voll machte, wieder und wieder erlebst?

Reflexionen dazu

Klar… : Also rational klar, nicht emotional. Denn emotional finde ich das extrem unfair … Aber wie heißt es so schön? „Das Leben ist nicht fair“ …. Cooooole Aussage. Wieder so ein Motivationsschub. Aber falsch ist sie auch nicht. Nur halt Scheiße.

Aber faktisch ist erstmal „klar“ , dass man diesen Te*felskreislauf nur selbst durchbrochen bekommt. Keiner kann einen das abnehmen. Das toxische Umfeld, das man so unfreiwillig angesammelt hat und ansammelt, sicher nicht. Warum sollten die etwas ändern? Sonst wären sie ja gar nicht erst so toxisch.
Also kann man das nur selbst. Rational soweit klar.

Aber dazu braucht man Energie. Kraft.
Und woher nimmt man diese Kraft, wenn sie von nirgends zu einem zurückkommt? Es keine äußere Quelle dafür gibt?
Wenn das Leben wie ein einziger Kampf erscheint? Ein Kampf, der dir jedes Mal jegliche vorhandene Energie abzieht.
Aber diese Kämpfe übersteht man eben auch nur, wenn man überhaupt erstmal Kraft hat.
Ohne, wäre man direkt verloren.
Das ist also schon wieder so ein Te*felskreislauf.
Unsere Energie, für die bisherigen Kämpfe und die bisherige „positive“ Einstellung kam nur aus dem Gedanken, dass irgendwann alles gut wird. Alles besser.

Das war der Antreiber.
Er kam also aus uns selbst.
Und Selbstliebe usw. ist natürlich die Grundessenz. Ohne Selbstliebe (also das, was Kraft in deinem Inneren erzeugt, der Gedanke das du es überhaupt wert bist ), wirst du Liebe von Außen niemals echt und nachhaltig zu schätzen wissen. Vllt. Das glaube aber auch nur ich.
Aber Selbstliebe ist eben auch nur bis zu einem gewissen Grad möglich, denn du bist immer noch ein Mitglied der Außenwelt. Wie lässt sich Selbstliebe aufrecht erhalten, wenn du keine Form von Liebe aus der Umwelt erfährst? Woher soll deine Kraft, deine Motivation kommen? … Also außer du bist eh sehr destruktiv, dann schöpfst du deine Power vllt. daraus, dass Menschen sich so eklig gegenüber eingestellt sind, wie sie es sind. Who knows. Menschen sind ja unterschiedlich…


Nietzsche sagte mal: „G*tt ist tot“ und aktuell fühle ich das auch. G*tt ist für mich universell und nicht für unsere einzelnen Bedürfnisse zuständig (wenn Leid geschieht sehe ich „ihn“ also als nicht verantwortlich), aber wenn auf dieser Welt keine Liebe (generell, partnerschaftliche ist im besten Falle nur ein Teil davon) mehr existiert, wie kann ich noch auf Besserung vertrauen? Wie kann ich noch an G*tt glauben?
Das ist daher sehr bitter, dass ich meine Verbindung dahingehend aktuell als verloren fühle. Die Verbindung zum Universellen, zur Umwelt, entwickelte sich erst im letzten Jahr und gab mir soviel Kraft.
Ich empfinde die Welt gerade als so sehr leer und grau. Obwohl etwas in meinem Inneren immer noch nach dem Gegenteil schreit.

Aber das ist gerade auch nur meine Grenze. Womöglich gibt es noch viel mehr/ist immer noch da. Sehen kann ich es gerade aber nur schwer.

Der Funke, der also da war, der alles am Laufen erhielt, ist nun weg. Naja, oder zumindest auf Sparflamme, von der eh bisherigen Sparflamme.
Die Kraft fehlt also.
Und die Frage ist da: „Woher die Kraft nun nehmen? Und wofür sie überhaupt ausschöpfen, wenn der Sinn fehlt?

Therapie und der innere Kampf

In der Therapie sagte meine Therapeutin letztens: „Das Leben ist kein Kampf. Ihr Leben war es bisher, ja. Aber das generelle Leben ist kein Kampf. Lassen Sie uns dahin kommen

Kann ich das fühlen? Nein.
Gibt es mir aber zumindest einen Funken Kraft?
Ja.
Es scheint Menschen zu geben, bei denen es also anders ist. Also muss das doch erreichbar sein. Es kann keine Utopie sein.
Hier kommen dann aber Gedanken auf von: „Für andere ist es das, ja. Aber für dich nicht. Weil du falsch bist. Du hast dieses Recht auf Glück in diesem Leben nicht. Lass es sein

Momentan ist es so, dass ich nicht weiß an was ich glauben will. Ob ich überhaupt für die Rückkehr zur Hoffnung kämpfen will, weil sich diese für mich so anfühlt, als wäre sie dafür verantwortlich, mich in diesem Leben gefangen zu halten. Am liebsten würde ich auch den letzten Kern von ihr, der noch übrig ist, bekämpfen wollen.

Die letzten Wochen wollte ich aus dem Bett gar nicht mehr aufstehen.
Wenn es mir schlecht geht, dann „gönne“ ich es mir oftmals, mich dann ins Bett zurückzuziehen. Aber diesmal wollte ich generell nicht mehr aufstehen. Ich wollte keine aufmunternden Aussagen aus dem Inneren mehr. Keine Hoffnung mehr. Ich habe alle aus dem Inneren, aus meinen Gedanken verbannt, was leider auch zu vermehrten Blackouts führte.
Und dazu, dass ich überhaupt kein Gefühl mehr für diese Realität habe. Als wäre ich nur noch Zuschauer. Nur noch ein Statist, während die anderen machen. Aber das eben auch nur in Destruktivität.


Das Alkohol-trinken nahm daher wieder Überhand. Ungesund Überhand. Betäuben. Ich weiß, wer dafür „verantwortlich“ ist. Und ich kann es nicht verübeln. Denn im Juni erst, in der Therapie, da versprach ich da zu sein. Ich meinte das ernsthaft so. Ich fühlte es sogar. Deshalb dieses innere Gefühl der Besserung. Ich versprach die Verantwortung zu übernehmen und zu kämpfen. Deshalb gab es Veränderungen sogar im Inneren. Aber dieses Versprechen konnte ich nicht einhalten. Ich habe, beim für mich kleinsten Ding, aufgegeben. Also was erwarte ich? Was sollte ich weiterhin versprechen?


Daher also erneut ein Gefühl von: „Täglich grüßt das Murmeltier. Warum versuchst du überhaupt noch was?“ .

Auf der anderen Seite, spüre ich aber immer noch den Kampf darum, dass alles wieder Reine wird. Alles „wieder gut“ .
So wie vorher.
Da war der Kampf gegen die Depression da und das sogar relativ erfolgreich (bis vor dem Rückfall eben). Und so viel positives Gefühl. Der ernsthafte Glaube daran, dass sich jetzt etwas ändern wird. Weil sich so viel änderte Das gab so viel Kraft.

Aber heute erscheint mir dieser Glaube daran, wie eine Pharse. Wie ein schlechter Scherz.
Ein Trigger von früher, glaube ich: Die Hoffnung/der Glaube an etwas Schönes, der dann so bitter enttäuscht wurde. Die kindliche Freunde auf etwas, dem etwas Böses folgt.
Wie die Lockung mit dem Lolli in den dunklen Van …
Vllt. lehne Ich auch deshalb aktuell das Innere, das an Besserung glaubt, so stark ab. In der Hoffnung, so nicht mehr enttäuscht zu werden.

Schlusswort

Ich wollte mit diesem Blog nichts mehr zu tun haben, weil er für mich das Sinnbild meiner Scham war. Das Sinnbild dessen, in dieser Welt falsch zu sein.

In den letzten Wochen versuchte ich mich viel mit TikTok abzulenken (wer nicht denkt, fühlt halt auch nicht) und dort wurden mir wieder einmal (wie auch schon zuvor auf anderen Plattformen) einige Interpreten angezeigt, die Musik machten oder andere Kunst. Und die auch viele Hindernisse kannten, aber nicht aufhörten, weil ihnen ihre Kunst wichtig war.
Und ja. Das sollte es mir auch sein.
Die Wochen, wo ich nicht schrieb, spürte ich deutlich. Es gab schon öfters Zeiten, längere sogar, wo ich nicht schrieb. Aber diesmal tat ich es aus dem Gedanken heraus, dass ich es nie wieder tun dürfte. Und das setzte zu.

Aber ich muss das gar nicht für andere machen.

So ist mein Blog ja aber eigentlich aufgebaut: Aufklärung für andere.
Und das tue ich aus tiefsten Herzen. Und das möchte ich langfristig so auch weiter fortsetzen, weil ich anderen das anbieten möchte, was ich am Anfang meiner Reise vermisste (was andere so auch anbieten, nur diese fand ich damals nicht).
Aber ich muss auch mehr zu mir zurückkommen. Das dieser Blog für MICH existiert.
Allein diese Zeilen wieder zu schreiben, tut mir so gut.

In den nächsten Wochen, eine zuverlässige Zeit wann ich Posts veröffentliche kann, kann ich derzeit nicht angeben, aber ich möchte einige meiner Reflexionen der letzten Wochen schreiben.
Ich versuche etwas mehr aus dem „Perfektionismus“ herauszukommen. Inwieweit ich das schaffe, wird sich zeigen.
Aber ich möchte wohl endlich FÜR MICH schreiben. Das habe ich bisher nur zum Teil.

Ihr seid herzlich eingeladen, mir dahingehend zu folgen. Wer es aber nicht tut und mir entfolgt (zu diesen Erfahrung schreibe ich nächstes Mal etwas), der darf das natürlich auch tun.
Und irgendwann, vllt. eher, vllt. später, wird der Blog vllt zum Alten zurückfinden, aber erstmal möchte ich bei mir bleiben.
Fur mich fühlt sich das übrigens gerade an falsch das so zu schreiben, weil ich das Gefühl habe, der Außenwelt etwas schuldig zu sein. Schräg oder?
Es Bedarf also wohl noch viel Reflexion

Sinnfragen

Als ich klein war, gab es einen Moment, wo ich ausgelassen und fröhlich die Treppe hochhüpfte. Ich dachte mir nichts dabei und war einfach gut gelaunt.
Meine Mutter stauchte mich daraufhin zusammen, weil sie mein Verhalten sehr störte.
An sich ist diese Szene nicht wirklich nennenswert, war sie schließlich keine Ausnahme. Aber ich erinnere mich noch so genau an das Gefühl, was in diesem Moment damals in mir aufkam. Diese Überraschung, die Angst und der Schmerz, hatte ich doch keine bösen Absichten gehabt. Es war nur ein kurzer Moment der Freude, der jedoch nicht sein durfte.

Ich erinnere mich daran, weil diese Szene so sinnbildlich für mein ganzes Leben ist. Nicht weil mir jemand kein Glück vergönnt, sondern dieses Gefühl ist es, was mich stets begleitet. Der Wunsch einfach nur glücklich und ausgelassen zu sein und die furchtbare Angst vor den Folgen, wenn ich mir dies zugestehe. Die Angst vor diesem inneren Schmerz.

Es ist auch so ein Gefühl, als würde das Gute direkt hinter der nächsten Tür warten. Als wäre es gerade mal einen Wimpernschlag entfernt. So nah, dass ich es fast greifen kann. Und ich wünsche es mir so sehr, also versuche ich mich dafür zu öffnen. Mich meinen Ängsten zu stellen und meine Mauern abzubauen. Ich gestehe mir sogar den Hauch einer Vorfreude zu, weil ich es wirklich zulassen will.
Aber kurz bevor ich das Glück berühren kann, tritt an seine Stelle das Gegenteil. Und wieder ist er dann da: der Schmerz. Und der Ärger darüber, die Deckung fallen gelassen und sich der Illusion auf Änderung hingegeben zu haben.

Ich integriere Traumata, baue dissoziative Barrieren ab, lerne den Kontakt zu meinem Körper zurückzufinden, mich selbst zu lieben und für mich zu sorgen. Grenzen zu setzen, konfrontiere mich mit meinen Ängsten, reflektiere ohne Ende, hinterfrage alles, decke Glaubenssätze auf und wandele sie um, löse Gefühlsblockaden auf. Sorge für meinen Körper und meine Seele, öffne mich gegenüber Menschen, versuche bewusst und achtsam mit meinen Gedanken umzugehen, versuche meinen Blick auch auf die schönen Dingen zu legen, verstehe die Mechanismen der psychologischen Vorgänge und weiß mittlerweile in sehr vielen Fällen, wie ich mich beruhigen und mit Situationen umgehen kann. Ich versuche es, ich gebe mir wirklich Mühe und trotzdem … Trotzdem sitze ich noch in „Täglich grüßt das Murmeltier“ fest.

Langsam fehlt mir die Motivation.

Mir ist auch durchaus bewusst, dass es mich wieder volle Kanne in die Depression gekickt hat und diese Sinnfragen und meine Gefühle daher kommen. Aber da sind wir schon beim nächsten Punkt: In den letzten Monaten konnte man dabei zu sehen, wie ich mich immer weiter aus der Depression herauskämpfte.
Mein Ziel für dieses Jahr war: endlich Schuss mit der Depression. Ich will endlich leben!

Mir ist auch bewusst, dass es immer wieder Rückschläge gibt. Das gehört dazu. Mir ist sogar bewusst, was ich tun könnte, um aus den jetzigen Gefühlen wieder herauszukommen. Schließlich habe ich das immer und immer wieder getan. Und ich weiß auch, dass ich das kann. Daran habe ich keinerlei Zweifel.
Vor einigen Tagen gab es eine Situation, die für sich gesprochen nicht wirklich schlimm war. Nicht auf der objektiven Ebene, aber sie hat meinen (DEN) großen Haupttrigger getroffen. Logisch also, dass es mich jetzt so weggekickt hat. Die Sache ist beseitigbar und das wahrscheinlich sogar ohne enorme Anstrengung. Mir ist sogar bewusst, in welche gute Richtung das weiter gehen könnte.

Alles ist da in meinem Kopf.
Die Lösung, die notwendige Handlung und auch das wahrscheinliche Ergebnis.
Alles vorhanden.
Ich brauche nichts lesen oder mich mit jemand darüber austauschen. Ich bin auch nicht verzweifelt, wütend, traurig oder blockiert.

Ich bin einfach nur müde.

Ich weiß gerade nicht mehr, was ich überhaupt noch bereit bin, zu tun. Es ist nicht so, dass mir die Hindernisse in meinem Leben unüberwindbar erscheinen. Ganz im Gegenteil. Ich weiß nur nicht, wie viel Sinn es überhaupt macht, meine Energie dafür noch aufzuwenden, wenn das Ergebnis am Ende eben doch stets das Gleiche bleibt. Wenn auch in unterschiedlichen Abstufungen. Aber das ist auch der Knackpunkt: Nur weil der eine Dreck weniger stinkt, als der andere, will ich mich damit zufriedengeben?

Ich denke auch nicht (mehr), dass das Leben mich bestrafen will, ab und an vllt. noch. Aber das ist es alles nicht.
Ich frage mich stattdessen, warum ich immer wieder aufstehe und weiter kämpfe, wenn das letztendlich ein Nullsummenspiel bleibt?
Ich bin nicht hoffnungslos in dem Sinne. Mir ist bewusst, dass ich auch aus dem Trigger wieder herauskomme. Dass das Gefühl nachlässt, dass ich sogar wunderbar mit diesem Trigger demnächst arbeiten könnte. Aber ist das der Sinn vom Leben? Aufstehen und kämpfen, nur um wegen jeder Kleinigkeit wieder an den Anfang des Weges zurückgeworfen zu werden? Um dann wieder aufzustehen und zu kämpfen, nur das dann alles wieder von vorn los geht?
Warum sich aus der Depression kämpfen, wenn das kleinste Ding bereits ausreicht, sie wieder vollends hervorzuholen?
Will ich wirklich ständig darum kämpfen, aus den psychischen Leiden herauszukommen? Einfach nur glücklich sein zu dürfen? Oder ein normales Leben zu leben? Oder gesehen und gehört zu werden? Oder mich frei zu fühlen? Oder Liebe zu erfahren? Oder akzeptiert zu werden? Oder ich sein zu dürfen? Oder oder oder
Ist das das Leben? Ein einziger Kampf? Jeden Tag aufs Neue?
Wofür kämpfe ich denn aber? Um weiter kämpfen zu dürfen?
Ich weiß nicht, ich denke, das entspricht nicht meiner Vorstellung vom Leben.

Mir ist alles bewusst, was ich tun muss, um meine jetzige Situation zu verändern. Ich weiß auch, dass ich das hinbekomme. Locker. Aber ich will nicht mehr ständig nur handeln. Ich bin allmählich zu müde zum Kämpfen. Mir fehlt einfach der Sinn dahinter. Wofür denn? Dass es mit den Menschen stets gleich ausgeht? Für das Gefühl eh nie dazuzugehören? Oder für die Isolation und Einsamkeit, die sich wie ein roter Faden durch mein Leben zieht? Oder doch eher für die ständigen Trigger oder dem Realisieren, was einem eigentlich alles angetan wurde? Wofür?
Guck dir Welt doch mal an. Wo soll denn hier irgendwas Positives um die Ecke kommen?

Mir ist auch bewusst, dass ich gerade völlig im pessimistischen Denken drin bin. Natürlich sind Dinge nicht „Immer“ und „stets“ so. Auch das ist mir alles bewusst und das weiß ich sogar vom Gefühl her. Aber ich WILL daran gerade gar nichts ändern. Ich möchte so fühlen. Hört sich merkwürdig an, aber ich will gar nicht zurück in diese Scheinillusion von „Alles wird gut“ . Denn: wozu?

Für mein Kind stehe ich auf. Natürlich. Aber auch dieses zu sehen ist seit Jahren ein einziger Kampf. Sich auf die gemeinsame Zeit zu freuen, ist schwer, sitzt mir doch ausnahmslos dabei etwas anderes mit im Nacken. Und mittlerweile plant er seine Zukunft auch bereits um seine Familie dort vor Ort, 800 km entfernt von mir. Ich denke, die Hoffnung, dass er irgendwann zu mir zurückkommt, geht Jahr um Jahr weiter gen Null.

Es fühlt sich an, als wäre mein Leben im Dauerausnahmezustand und das hört nicht wirklich auf. Vllt. tut es das doch und es fühlt sich nur für mich so an, käme aber so oder so auf das Gleiche heraus. Ob es nun wirklich so ist oder nur mein Gefühl nicht aufhört … Gehupt wie gesprungen.

Ich könnte weiter Faktenchecks machen und meinen Blickwinkel ändern, jop. Kostet aber auch wieder Kraft und lohnt es sich wirklich, diese in scheinbar sinnlose Unternehmungen zu investieren? Oder für ein Leben aufzuwenden, das ich so eigentlich gar nicht will? Ein Leben im Dauerkampf?
Keine Ahnung, wer weiß das schon.

Ich möchte bitte auch keine aufmunternden oder andere Worte hierzu. Ich brauch’ gerade und will momentan auch mit niemand reden, aber ich möchte mir Dinge von der Seele schreiben.
In den nächsten Wochen geht’s erstmal noch mit den Beiträgen weiter, die ich vor der Sommerpause geschrieben habe und dann gucke ich mal, wie ich mit dem Blog und dem ganzen Zeug weiter verfahre. Ich schätze mal, ich finde „meine“ Motivation wieder und dann geht das Ganze wieder von vorn los. Klug geschissenes Blabla, Selbstarbeit und kämpfen, bis dann irgendwann hoffentlich auch endlich mal die letzte Kraftreserve aufgebraucht ist. Ist mir sowieso ein Rätsel, woher immer wieder diese Drecks-Kraftfunken kommen. Es ist, als würde dich jedes Mal, wenn du gerade einschlafen willst, jemand erneut mit etwas wach halten.