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Direktes SSV (Ritzen, Selbstm*rd, …)

Was ist selbstschädigendes Verhalten?

Wir unterscheiden in indirekt und direkt selbstschädigendes Verhalten.

Direktes:

Hier sprechen wir von direkten Verletzungen am Körper, also sich selbst Brandwunden zufügen, Haare ausreißen, Ritzen, Kopf aufschlagen ect. und ganz klar fallen Suizidgedanken bzw. – versuche mit darunter.

Indirektes:

Im Prinzip alle möglichen Süchte: Arbeitssucht, Sportsucht, Kaufsucht, Schönheitsucht (ÜBERTRIEBEN viele OPs, Korrekturen ect.) usw. und natürlich Drogen-, Alkohol- und Medikamentemissbrauch. Aber auch sehr exzessives Verhalten im Se*ualleben, Ausleben von Extremsportarten sowie generell risikofreudiges Verhalten, absichtliches Ignorieren von gesundheitlichen Ratschlägen (bzgl. gefährlicher Folgen) sowie Essstörungen usw. usf.

Ihr seht, dass Spektrum ist da recht umfangreich 😌

Und warum machen Menschen das?


Genau genommen ist sich die Psychologie darüber selbst noch uneins, daher erzähle ich einfach mal aus meinen eigenen Erfahrungen.

Ich habe eine Freundin, die sich damals in der Schulzeit die Arme aufritzte und sie beschrieb es mal so, als wäre ihr Innerstes eine Cola-Flasche die man richtig doll geschüttelt hat, sodass sie kurz vorm platzen ist (innerer Druck) und indem sie die Flasche öffnete (ihre Haut verletzte), konnte dieser Druck entweichen. D.h also, die ganzen Gefühle, die sie in sich trug, konnte sie nicht anders los werden, weil sie nie eine Möglichkeit lernte (wie manch einer vllt. in einem liebevollen Zuhause) diese Gefühle adäquat rauszulassen.

Man kann also davon ausgehen das SSV dann verwendet wird, wenn kein richtiger Umgang mit Gefühlen bzw. Emotionen erlernt wurde.

Sprechen dir die Eltern z.B immer wieder deine Gefühle als nichtig oder lächerlich ab und nehmen dich nicht ernst, zwingen dich zu Sachen, lassen dich mit deinem Emotionen alleine usw, dann besteht die Möglichkeit, das entstandene Emotionschaos zu regulieren, indem du extreme Verhaltensweisen anwendetest, denn diese greifen ja wieder in den bereits durcheinandergebrachten Hormonhaushalt „positiv“ ein (Adrenalinkick z.B, Schmerzen spüren, Drogen, …-> den „Kick“ oder sich selbst spüren können).

Wie war das bei mir?

Auch meine Oberschenkel zieren lange, tiefe Narben. Dennoch war es bei mir damals kein direkt (mir bewusstes) Druck ablassen. Ich fing damit erst Anfang 20 an und tat das meist, zum einen nach emotional extrem anstrengenden Situationen (hier würde also das Druck ablassen zutreffen) und zum anderen, aus einem damals ganz unbeschreiblich schrecklichen Gefühl.

Das waren die Zeiten, als ich auch unter schweren depressiven Episoden litt und da gab es Momente, in denen sich relativ „plötzlich“ ein Gefühl in mir ausbreitete das tatsächlich nicht zu beschreiben ist. Wie ein schwarzes Loch, das sich ganz langsam in deiner Brust ausbreitet und alles von und in dir verschlingt (es war jedoch keine innere Leere und auch keine Panikattacke und mit der Depression selbst, weiß ich auch gar nicht mehr so ganz genau, ob es zusammenhängt). Um dieses Gefühl wegzubekommen hätte ich damals so ziemlich alles getan und das Verletzen meiner Haut verschaffte mir tatsächlich zumindest eine kleine Ablenkung (zudem beruhigt mich der Anblick von Blut seltsamerweise 🤔🤷‍).

Scham spielt bei mir zu alledem eine sehr große Rolle. Ich verletzte z.B meine Oberschenkel, weil ich Angst hatte das es jemanden auffällt und man mir dann sagt, ich wolle nur Aufmerksamkeit. Viele Mädchen verstecken deshalb z.B auch ihre Arme stets unter langen T-Shirts oder Pullovern.

Übrigens erzählte mein Ex-Freund auch genau das später den Ärzten damals in der Klinik: Das ich das alles nur mache, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen (obwohl ich es auch vor ihm bis dato ganz gut geheimhielt) 😒 – Obwohl ich mich heute manchmal frage, wie das ging 🤔.

Leute! Das geht gar nicht!

Niemand der sich tiefe, schmerzhafte Wunden zufügt, macht das nur damit ihn jemand bemitleidet, sondern derjenige hat tiefsitzende, ernsthafte, innere Schmerzen.
Echt mal, manchmal frag ich mich echt, was in den Köpfen anderer Menschen vor sich geht 🤦‍.

Passt auf: Aufmerksamkeit spielt in unser aller Leben eine extrem große Rolle. Wir geben ständig welche ab oder bekommen sie. Aufmerksamkeit, das Gefühl beachtet zu werden und eine real existierende, berechtigte Rolle auf dieser Welt einnehmen zu dürfen, ist für uns alle extrem wichtig und ein grundlegendes Bedürfnis für Kinder (und auch Erwachsene).

Wer dieses Bedürfnis in der Kindheit nicht gestillt bekam, durch z.B starke Vernachlässigung, der kompensiert dieses mangelnde Bedürfnis natürlich irgendwie, irgendwann in seinem Leben. Also vom daher: Ja, natürlich spielt Aufmerksamkeit eine Rolle, aber nicht so wie es sich manche einbilden. So wichtig seid ihr auch nicht, dass Menschen das nur wegen euch tun.

Selbstm*rdgedanken und -versuche

So und nun sind wir auch schon recht dicht am Thema Selbstm*rdversuche dran, denn ständig höre ich diesen Quatsch: „Ach der will doch nur Aufmerksamkeit“ auch jetzt noch ständig über andere Menschen mit Selbstm*rdgedanken – Wer bereit ist sich sein Leben zu nehmen, der hat definitiv noch ein paar andere Sorgen, als nur Aufmerksamkeit.

Die Gründe, warum sich Menschen das Leben nehmen wollen sind auch hier wieder extrem vielschichtig, aber man kann davon ausgehen, dass fast immer eine extreme Verzweiflung die Grundlage dafür ist.

Und auch hier kann ich wieder nur am besten aus meiner Erfahrung erzählen: Ich hab, hmm🤔, naja sagen wir so einige Selbstm*rdversuche hinter mir.

(Vorsicht TRIGGER!)

*

Die ersten waren als Kind und von daher noch recht stümperhaft. Es gab zwar jeweils einen Abschiedsbrief, aber ich hatte nur Aspirin und ähnliche Tabletten (und etwas Alkohol) zur Verfügung und hab davon einfach ganz viele genommen und naja (*suprise*) …. Das wurde nix.

Als Teenie fanden dann die Nächsten statt, aber auch da waren die Verletzungen nicht tief genug (ganz ehrlich? Eigentlich bin ich voll schmerzempfindlich, keine Ahnung was mich da manchmal geritten hat) und dann gabs als Erwachsene noch ein paar. Die waren schon weitaus konkreter mit Tabletten geplant, aber bis auf zweimal (was in der Klinik endete), bin ich meist nach ca. 8-10h (trotz Dosissteigerung) wieder aufgewacht – manchmal war das echt frustrierend –> Irgendwie wollte der Tod mich wohl nicht 😅.

Warum wollte ich mich umbringen?

Das ist schwierig zu beschreiben – Manchmal sind da einfach Gefühle da, die kaum auszuhalten sind und oft war da soviel Sinnlosigkeit ( ,,Warum weiter machen?“ ) und aber auch Abscheu mir selbst gegenüber. Ich denke, das war eine Mischung aus vielem, also ich könnte jetzt zumindest nicht DEN EINEN Grund dafür nennen. Mittlerweile bin ich, seit einigen Jahren, von diesen Akutgedanken und -plänen aber weg (Ich würde gerne Tipps geben wie, aber ehrlich? Ich hab keinen Plan warum es besser wurde)

*

(Trigger Ende)

Ich möchte damit nur einmal aus meiner Sicht schildern, dass es den Menschen meist nicht um ein lapidares Bemitleiden geht oder sie gar einfach nur zu feige sind, denn meist steckt dahinter weniger harmloses als manche glauben.

Übrigens, finde ich, sieht man Menschen, die wirklich Selbstm*rdgefährdet sind, jenes selten an. Bei mir hat zwar mein näheres Umfeld mitbekommen, dass ich nicht dauerhaft gut drauf war, aber das und warum und wie ernsthaftig ich es versuchte, hat nie jemand mitbekommen. Nicht einmal mein damaliger Freund. Ich habe sowohl an solch einem Tag, wie auch am Tag nach dem Versuch, einfach alles weggelächelt. Humor war schon immer mein liebstes Mittel für alles 😄, naja und wirklich tief blicken tun Menschen nun mal auch selten.

Wie handle ich als Angehöriger?

Wenn jemand also Andeutungen macht und sich in Selbstm*rdgefahr befindet, dann nehmt das bitte ernst. Für mich wäre es damals zwar eine Katastrophe gewesen, hätte man mich einfach in eine Klinik gesteckt, für andere wiederum kann es genau die richtige Rettung sein, aber das ist eben sehr individuell. Wichtig ist nur, dass ihr den Menschen nicht alleine lasst!

Ich persönlich finde zudem, so wie ich es generell immer empfehle: Redet mit den Leuten darüber, nehmt sie ernst, seid aufmerksam, fragt was los ist, wie es ihnen geht, warum sie solche Gedanken haben und versucht GEMEINSAM Lösungstrategien zu finden (ohne Forderungen und Zwang!) und meist lässt sich damit schon eine Akutsituation zumindest etwas entschärfen.

Warum ich aufhörte meine Haut selbst zu verletzen

Mein Köper ist etwas ganz tolles und ich wollte und will ihm so etwas nicht mehr zufügen. Er kann schließlich nichts dafür. Zudem hat es für mich ja keinen Mehrnutzen, sondern bringt nur noch mehr Unnötiges mit sich. Die frischen Verletzungen und Narben verbergen. Die komischen Blicke und Fragen der anderen usw.

Ich habe also angefangen mehr auf mich zu hören – Es kommt immer ganz darauf an, meist muss ich nach sehr stressigen Situationen erst nicht und nach einer Weile dafür ganz allein sein (und das äußere ich auch deutlicher als früher).

Wenn ich wütend bin hilft mir raus gehen, Musik in die Ohren und laufen (die angestaute Energie in etwas umwandeln). Wenn ich traurig bin, mache ich es mir gemütlich und mache Sachen die mir gut tun. Ich habe immer noch Probleme mit Traurigkeit- oder Verzweiflungsgefühlen und fühle mich dann oft aufgeschmissen, aber der Gedanke, dass das bald wieder vorbei sein wird und es immer eine Lösung für alles gibt, hilft mir meist extrem und daher bekomme ich mich mittlerweile meist viel schneller wieder gefangen.