Erschöpfung

Kennt ihr diese Gewichtswesten?

Aktuell fühle ich mich so, als hätte man mir so eine umgebunden. Oder eher als würde sie auf meinen Schultern liegen.
So bis mittags geht’s und ab dann fühle ich mich so extrem kaputt, als würde mich irgendetwas Schweres nach unten ziehen.
Nicht psychisch.
Dissoziiert, ja. Seit gestern auch wieder sehr. Der Kopf fühlt sich teilweise an, als hätte sich jemand darin übergeben. Ich vergesse gefühlt alle 2 Minuten was gerade abging und hab das Gefühl, ich bin nur noch teilweise da. Auch die Zeitrelation, also welcher Tag und Monat ist überhaupt, ist aktuell mal wieder total im Eimer und muss mehrfach am Tag nachgeprüft werden.

Aber das ist trotzdem kein psychisches Loch. Ich bin nicht traurig oder etwas in der Art.
Körperlich bin ich so k.o.
Ey, allein schon das 5 min in der Küche stehen und schnell etwas zu essen zuzubereiten ist so mega anstrengend.
Das Gefühl, du kannst dich keine Sekunde mehr länger auf den Beinen halten. Du musst dich ich irgendwo hinlegen.
Als wäre unter mir ein Magnet, der mich gen Boden ziehen will.
Krank bin ich nicht.
Genug Schlaf bekomme ich in den letzten 2-3 Wochen auch und trotzdem bin ich seit Tagen so müde. Als könnte ich mich den ganzen Tag schlafen legen. Will ich aber nicht.

Ich weiß nicht, ich fühle mich als hätte ich an einem Marathon teilgenommen und jetzt schmerzt alles und ist erschöpft.
Oder als wäre ich von einem Laster überfahren worden.
Selbst sitzen ist anstrengend.
Reden. Nachdenken. Dinge tun.
Alles strengt so an, als würde ich gerade einen Berg besteigen.

Kaputt bin ich oft, aber das ist momentan so … anders anstrengend. Anders kaputt.
Ach ich kanns nicht wirklich beschreiben. Es ist nichts dramatisches, nur total nervig.

Hüllen-ANP

(ANP = anscheinend normaler Persönlichkeitsanteil)

Da die Frage nach mehr Informationen dazu letztens aufkam, wollte ich heute mal näher darauf eingehen.

Ich möchte den Beitrag gerne ich 2 Hälften teilen. Einmal werde ich erzählen warum ich, wie ich ja in dem einen Beitrag angeschnitten hatte, mit dem Begriff „Hüllen-ANP“ in Resonanz gehe und wie ich das wahrnehme. Im zweiten Teil möchte ich über die Hüllen-Programmierung sprechen.

Bitte haut das beides jetzt aber nicht in einen Topf. Ich erzähle nur mein persönliches Erleben zu etwas, sage damit aber nicht, dass ich diesbezgl. einer Programmierung unterliege.

Teil 1 – Mein Erleben

Als ich erstmals davon hörte

Als ich erstmals direkt von dem Begriff „Hüllen-ANP“ hörte, war das abseits der rituellen Thematik bzw. ging es aus dem Text nicht klar hervor, das dies nur in diesem Kontext vorkommt. Ich könnte mir auch vorstellen, dass sich so eine Hüllen-Funktion ebenfalls in einem reaktiven Dis-System entwickeln kann, wenn es früher notwendig war. Allerdings sind das gerade nur Überlegungen von mir. Nehmt das jetzt also nicht als wissenschaftlich fundierte Aussage oder so 😅.

Einige Zeit, bevor ich von diesem Begriff las, sprach Tina von D.I.S Ding in einem Video darüber, dass sie sich eher wie eine Art durchlässigen Schleier (sie benutzte aber glaub ich irgendeinen anderen Begriff 🤔) wahrnimmt, durch den die anderen hindurch agieren. Und da ist mir fast ein Stein vom Herzen gefallen. Ich war ja anfangs recht viel in den Dis-Gruppen unterwegs und irgendwie wirkte das bei denen alles so anders. Also nicht das da nicht auch Leute drin waren, die mein Erleben kannten. Nur hab ich sie halt nicht gefunden. Und das hat mich sehr irritiert und (was auch sonst) wieder an der Diagnose zweifeln lassen. Als Tina das dann erzählte, dachte ich so: „Puh krass, okay. Es kennt also doch jemand 😅“ . Das heißt jetzt nicht, dass mein Erleben mit ihrem beschriebenen zu 100% identisch ist. Nur das ich mit der Richtung etwas anfangen kann.

Und mit dem Begriff „Hüllen-ANP“ war ich dann recht froh endlich auch einen Begriff gefunden zu haben, der mein Erleben eigentlich ziemlich gut in einem Wort zusammenfasst.

Wie ich es empfinde/erlebe

Alles wäre soviel einfacher, wenn ihr alle den Film „Pacific Rim“ kennen würdet 🙈. Damit kann ich so vieles beschreiben. Für alle die ihn nicht kennen, versuche ich das jetzt aber nochmal auszuführen: Im Film gibt es eine Art riesige Roboter, in deren Kopf Menschen einsteigen, sich mit ihnen verbinden und sie dadurch steuern können. Die Piloten des Roboters können durch eine riesige Scheibe im Kopf rausschauen und verbinden dann ihr Gehirn mit dem Roboter, weshalb sich z.B sein Arm bewegt, wenn sie ihren im Inneren bewegen usw. (Mir fällts gerade beim Schreiben auf, dass ich uns die ganze Zeit schon unbewusst mit einem Roboter vergleiche 🤦‍♀️)

Stellt euch den Körper jetzt als den Roboter vor und im Inneren nehmen meistens 2 bis 3 Leute Platz. Sie sind die, die in diesem Moment zusammen den Körper steuern und mit der Außenwelt (durch Verbindung mit dem Roboter) agieren. Und ich nehme mich selbst nicht so wahr, dass ich auf einem dieser Stühle im Inneren sitze, sondern eher als dünne Membran, die sich an der Innenseite des Roboters (Körpers) befindet (wer sich also mit dem Roboter verbindet, verbindet sich auch automatisch mit mir, was ich aber meistens nicht mitbekomme). Quasi zwischen Roboter und den anderen (inneren) Personen geschaltet. Ich kann rausgucken, ich kann auch den Körper bewegen usw. Also ich bin nicht handlungsunfähig oder so. Aber ich habe eigentlich ständig das Gefühl das andere durch mich durch handeln, während ich aber stehenbleibe und den Roboter mime.

Wie ein Fenster das stehenbleibt und von Außen gesehen werden kann, während andere von Innen (Achtung: Metapher) es anmalen, öffnen, schließen, durchsprechen o.ä. Man sieht nur das Fenster von Außen und ob es bemalt ist, geputzt, welche Geräusche herauskommen oder sonst was. Aber man sieht nicht wer es von Innen so herrichtet, wie man es gerade sieht. Es bleibt einfach das Fenster. (Ich hab immer so komische Beschreibungen, oder? Irgendwie hab ich immer das Gefühl, das versteht doch kein Schwein😅).

Allerdings heißt das nicht, dass ich immer alles (im Außen) mitbekomme. Ich kann ausgetauscht, ausgeknipst (oder was auch immer die dann machen) werden und dann habe ich eine klassische Amnesie. Auch kann ich nicht entscheiden wer sich auf die Stühle setzt. Ein inneres Aussehen hab ich trotzdem, also zumindest nehme ich mich etwas (wenn auch nicht gravierend) anders als den Körper wahr, genauso wie ich etwas jünger als der Körper bin. Irgendetwas von mir existiert also schon, wenn ich auch manchmal nicht genau weiß, was ich bin und was nicht 😅.

Hüllen-ANP bei DDNOS

Bei der DDNOS bzw. pDis ist der ANP meistens auch eine Hülle, durch den die anderen hindurch agieren. Deshalb lässt sich die Multiplizität dort oft auch so schlecht erkennen, denn die „Hülle“ checkt ja meist selbst nicht das das alles nicht sie ist. Gerade für die Diagnostik fallen da außerdem meist auch die z.B für die Dis üblichen Amnesien weg. (Alles weitere äußert sich dort dann im Prinzip genauso, wie weiter unten beschrieben)

Viele Tätergruppen bauen deshalb auch das Prinzip der DDNOS in ihre Programmierung mit ein. Bspw. kann es einen ANP (der als Frontperson agierten soll) mit DDNOS geben, hinter dem sich aber das eigentliche, komplexere System befindet. Weder der Betroffene, noch der behandelten Arzt/Psychologe kann dadurch etwas von der wahren, inneren Komplexität mitbekommen. Und Zugriff auf Traumata, spezielles Wissen (zum Kult) oder was aktuell noch so abgeht, ist dadurch natürlich auch nicht vorhanden.

Teil 2 – Hüllenprogrammierung

Die Hüllen-Programmierung wurde meist bei älteren Systemen, bis Ende der 70/Anfang der 80 Jahre vorgenommen. Allerdings gehe ich davon aus, dass kleinere Gruppen durchaus auch später noch darauf zurückgriffen. Es ist ja auch immer eine Frage der Intention, der bisherigen Funktionalität, des Geldes (um auf dem „neusten Stand“ zu bleiben), usw. Will heißen, dass sehr wahrscheinlich nicht Schnitt 1985 ALLE Gruppen sofort damit aufgehört haben. Lediglich das sie nicht mehr so weit verbreitet ist. UND ☝ auch nicht alle Tätergruppen haben (früher) darauf zurückgegriffen. Bei allem weiteren werde ich mich jetzt auf Zitate berufen, da ich persönlich euch kein Insiderwissen erzählen kann. Also … einfach weil ichs nicht hab 😅.

Was macht sie aus?

,,(…) trainieren organisierte Tätergruppen ihre Kandidaten, eine Frontperson zu haben, die ein schwaches oder gar kein wirkliches „Selbst“ hat, durch das die Innenleute hindurchsprechen können. Die Hülle auf der Frontseite überbrückt die inneren Switchs, sodass der Mensch in keiner Weise multipel wirkt. (…) die Wechsel sind subtil und für andere nicht leicht zu erkennen, weil die Stimme immer gleich bleibt. Wenn die Frontperson eine Hülle ist, dann variiert ihr Verhalten in Abhängigkeit dazu, welche anderen Anteile gerade im Bewusstsein (…) vorne sind. Hüllenpersönlichkeiten empfinden eine innere Leere, fühlen sich abgestumpft und sind häufig depressiv.“

aus „Werde wer du wirklich bist“ von Alison Miller, S. 66

Weiter gibt sie ein Bsp. (Beispiel heißt aber auch, nicht bei jedem läuft es gleich ab, wie z.B bzgl. Reime, etc.) einer Betroffenen an (gleiche Seite):

,,Um meinem Persönlichkeitssystem eine neue Struktur zu verpassen, musste eine Kombination aus vier Innenpersonen ständig gleichzeitig in meinem Bewusstsein präsent sein, auch wenn jeweils nur eine von ihnen tatsächlich vorne sein konnte. Damit wurde zweierlei sichergestellt: Dass ich auf die Außenwelt immer normal (statt multipel) wirkte und dass ich in jeder gegebenen Situation nur zu den richtigen Fähigkeiten und der korrekten Wissensbasis Zugang hatte. (..) Der „Kontrolleur“ betätigte die richtige Kombination aus Schaltern, um die richtigen Innenpersonen „direkt unter der Oberfläche“ zu holen. Von wo aus sie sich dann je nach Situation abwechselten. Anleitungen an die Innenpersonen, die gerade vorne waren, liefen währenddessen in meinem Kopf in Form von Liedern und Reimen ab.“

Wie sie funktioniert

,,Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass das System sich in Wahrheit co-präsentiert. Wenn auch nicht co-bewusst. Damit eine Hüllenprogrammierung funktionieren kann, muss den Hüllen-Anteilen beigebracht werden, die gemeinsame Co-Präsentation mit den anderen Innenpersonen im System zuzulassen. Andere Innenpersonen im Hintergrund sind sich vllt. nicht immer bewusst, dass das geschieht. Und vor allem die Hülle im Vordergrund weiß nicht, dass zum Zweck der Co-Präsentation durch sie „hindurchgegangen“ wird. (…) Ein wichtiger Schritt ist, den Hüllen-Anteilen und den anderen Innenpersonen die Erkenntnis zu ermöglichen, dass sie sich auf diese Weise gezeigt haben und warum sie es getan haben. Innenpersonen im Hintergrund könnten daraufhin anfangen, sich zu zeigen, ohne durch die Hülle zu gehen. Und die Person wird eine Zeitlang möglicherweise „multipler“ erscheinen, während Akzentuierungen des Verhaltens auftreten oder sich junge Innenpersonen zeigen. Was hier tatsächlich passiert, ist, dass der Hintergrund sich präsentiert, ohne sich durch die Hülle zu tarnen.“

Beschreibung der ehemaligen Programmiererin Svali aus dem Buch „Jenseits des Vorstellbaren“, S. 57

Weiter fand ich dazu …

,,Schalenprogrammierung ist eine Art Programmierung, die dazu benutzt wird, um eine äußere „Schale“ oder „Maske“ zu erschaffen, durch die andere Abspaltungen von innen hindurch sprechen können. Sie dient dazu, die Multiplizität vor der Außenwelt zu verbergen. Sie funktioniert äußerst gut bei sehr stark fragmentierten Systemen und auch bei einer Person mit besonders hohen Grad von Spaltungsfähigkeit.

Wie es gemacht wird: Bei der Schalenprogrammierung verwendet der Trainer oft eine durchsichtige Plastik oder Gasmaske und stellt sie vor der Person auf. Sie wird extrem traumatisiert , geschockt und mit Drogen betäubt. Der Trainer sagt ihr (der/den vorderen Abspaltungen), dass sie die Maske sind, die sie sehen. Ihre Aufgabe sei es, eine Schale oder Stimme zu sein, um die anderen dahinter abzudecken. Diese Teile werden so traumatisiert, dass sie sich wortwörtlich nur wie eine Maske sehen, mit keiner wirklichen Substanz oder Körper. Andere Innenpersonen werden dann zu der „Schale“ gerufen, um deren Stimme zu benutzen, damit ihre eigenen Stimmen versteckt bleiben. Dies erlaubt eine größere Spaltung der Person, die von außen unerkannt bleibt. Innere Anteile lernen, sich durch diese Schale darzustellen. Die Schalen-Abspaltungen sehen sich selbst immer als „klar/durchsichtig“ und besitzen keine Farbe, sofern es Farbencodierungen in anderen Systemen gibt.“

aus „Wie der Kult Menschen programmiert“ von Svali, S. 58f

Ostern

Warum habe ich dieses Bild oben ausgewählt?

Weil es für mich auf den ersten Blick aussah, als hätte jemand diesen dämlichen Osterhasen erhängt.
Jaja, Hasen können nix dafür. Die sind süß, aber Herrgott wie ich Ostern hasse!

Die einzigen Feiertage im Jahr, bei denen mir wirklich richtige Aggressionen hochkommen. Ich weiß nicht warum.
Aber sobald ich diese widerlichen, hässlichen bunten Eier an den Sträuchern sehe (und das ging hier dieses Jahr schon Anfang März los 😩) würde ich am liebsten von Strauch zu Strauch rennen, alle Eier runterreißen und schreiend und gehässig lachend darauf herumtrampeln … Naja, aber stellt euch mal vor, wie irre ich dann erst aussehen würde 😅🙈

Ach ich weiß nicht, was mein Problem mit Ostern ist.
An Ostern geht’s mir nicht direkt schlecht, es kommt stattdessen eine unglaubliche Wut auf.
Ich mag den Frühling generell nicht sonderlich gerne. An sich ist das eine wunderschöne Jahreszeit, wo alles blüht und wächst, aber der Frühling ist hier meistens recht belastend. Die Luft (an manchen Tagen) draußen triggert manchmal dolle, genauso wie so ein blöder Vogel, den ich immer nur im Frühling höre (keine Ahnung welche Art das ist). Alpträume treten verstärkt auf, Depressionen werden im Frühjahr (und Spätherbst) meist schlimmer und das übliche Blabla.

Ich weiß aber nicht genau warum mich Ostern so aufregt.
An die Ostertage früher erinnere ich mich nicht sonderlich gut. Ein paar Szenen. Ehrlich gesagt, könnte ich aber auch nicht mal sagen was ich letztes Jahr getrieben habe 🤔.

An eine Szene aus der Kindheit erinnere ich mich noch. Da waren wir im Urlaub (wie meistens zu Ostern) und meine Eltern versteckten etwas im Hotelzimmer für mich. Ich konnte es jedoch nicht finden, weshalb sie sich die ganze Zeit über mich lustig machten. Aber nicht auf die liebevolle, neckende Art. Mehr feierten sie darüber ab wie dumm ich doch bin. Selbst zum finden eines Osternests sei ich zu dumm.
Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht wo es letztendlich war. Ich glaube irgendwann gaben sie es mir oder so 🤔. Weiß nicht mehr.

Und als Erwachsene gab es früher die größten Streite mit meinem Ex-Freund um Ostern herum. Das war meist die Zeit wo ich mich trennen und einfach nur weg wollte. Vllt liegt es ja auch daran. Also das die Erfahrungen um Ostern rum generell nie so prickelnd waren und sich deshalb ein Wutgefühl entwickelte.
Ach keine Ahnung. Was weiß ich

Meist versuche ich mich einfach von allem fernzuhalten was mit Häschen, bunten Eiern und dem andern Schrutz zu tun hat. Ehrlich, was mir für Beleidigungen für diese Tage einfallen 🙈.

Aber mein Rumgeunke soll euch nicht die Feiertage versauen. Sorry😅
Habt schöne Ostern und wenn ihr mir was Gutes tun wollt, beißt den Schokohasen den Kopf für mich mit ab. Das macht mich happy 😁🤫🙋‍♀️

Wie innere Kommunikation aussehen kann

Ich muss jetzt den gleichen Satz, wie beim Beitrag zum Co-Bewusstsein, verwenden: ,,Klar, schreib erstmal was, wovon du so gaaarr keine Ahnung hast.“ Toootaaal hilfreich für andere 😂

Im Bezug auf das Leugnen und Zweifeln stellte das für mich lange echt ein großes Problem dar. Ich habe Fachbücher und -artikel am Anfang verschlungen, weil ich wissen wollte: ,,Wie läuft das mit der Kommunikation jetzt genau ab? Kann das bei mir sein, wenn das so und so ist oder ist das jetzt nur meine rege Fantasie?“ . Irgendwie dachte ich nämlich, es darf bloß ganz klare und laute Stimmen im Inneren geben und alles andere hängt dann nicht mit diesem Thema zusammen. Mittlerweile können wir das ein bisschen differenzierter sehen…

Stimmen hören

Ich hab das schon in anderen Beiträgen erwähnt. Da es für mich anfangs aber ein unglaublich wichtiges Thema war und ich auch mehrfach danach gefragt wurde, möchte ich das nochmal aufgreifen. Ich ging anfangs davon aus, dass „Stimmen hören“ automatisch und immer so gemeint ist, dass die Stimmen auch akustisch wahrgenommen werden. Akustisch heißt: Ein männlicher Anteil redet z.b im Inneren mit männlicher tiefer Stimme. Ein anderer mit männlich hoher Stimme. Es ist eine klar kindliche, frauliche usw. Stimme hör- und deshalb auch auseinanderhaltbar.

Hier ist das nicht der Fall.

Manchmal kann ich eine Stimmfarbe kurzzeitig wahrnehmen. Kindlich oder männlich. Meist ist es jedoch so, dass die „Stimmen“ eher in der gleichen Form erscheinen wie normale Gedanken. Bsp.: Es gibt eine Gedankenstimme, die aber nicht akustisch erscheint, sondern anders. Das ist die, die z.B erscheint, wenn ich lese oder denke, aber nicht automatisch auch meine Stimme im Außen ist. Sowas dürften die meisten kennen. Und in dieser Form der „Stimme“ erscheinen meist auch die anderen. Der Unterschied (zur Lesestimme usw.) ist der, das sie sehr intrusiv sind. Sie „drängen“ sich quasi auf. Sie kommen nicht von mir. Sind „lauter“. Intensiver. Eindringlicher. Als würden sie aus einem anderen Teil der Wohnung kommen und nicht aus meinem Mund (übertragen auf das Innerliche).

Weiter dachte ich lange Zeit, es müssten immer klare und ausformulierte Sätze erscheinen. Bei einigen ist das nämlich so. Hier nicht. Meist kommen nur einzelne Worte/Wortfetzen und der Rest des Satzes erscheint mehr als eine Art „Gefühl“ (ich höre/weiß also trotzdem was gesagt wird – Hier ist aber kein Körpergefühl damit gemeint). Ich weiß quasi was gesagt/gemeint ist, ohne das aber ein Wort für Wort ausformulierter Satz gesprochen wird.

Das Problem dabei

In der Therapie saß ich dann da und wenn meine Therapeutin fragte, was die anderen zu einer Sache/einem Vorhaben meinen/denken, dann konnte ich schwer direkt darauf antworten. [Ich] erwartete von uns, dass sofort jemand sagt: ,,Ja, also ich denke da dies und jenes und dann noch das dazu“ . Manchmal passiert das, meist ist es aber so das ich da sitze und die Frage gar nicht beantworten kann. Wenn ich aktiv am Reden/in der Situation bin, ist das hier kein lautes herum Geschreie, sondern viele äußern sich dann anders (dazu gleich mehr).

Für mich war das dann in der Situation aber wiederum ständig die Bestätigung: ,,Siehste, du bildest dir das alles ein. Du lügst und bindest jeden einen Bären auf!“ , weshalb ich dann wieder blockte und ein konstruktives Arbeiten in der Therapie diesbezüglich oft schwer möglich war. Mittlerweile tasten wir uns aber ganz langsam an die verschiedenen Arten der Kommunikation heran. Und das bringt wiederum etwas Entspannung rein. Dabei versuche ich als Mantra zu behalten: ,,Was gerade nicht möglich ist, ist eben nicht möglich. Nur weil das Eine aber nicht geht, schließt es das andere nicht aus.“ . Das klappt mal besser, mal schlechter.

(Übrigens hab ich gehört, kann sich das mit der Zeit bessern. Also wenn z.B durch die Therapie der Innenkontakt gestärkt wurde, kann es auch sein das man die anderen klarer und deutlicher hören kann. Muss aber nicht)

Weitere Möglichkeiten der Kommunikation

Wie gesagt, wir sprechen jetzt nur von dem, was wir bisher ausmachen konnten. Dabei will ich unbedingt erwähnen, dass es Systeme gibt, wo die einzelnen Anteile unterschiedlich kommunizieren (so wie auch hier). Das es aber ebenso Systeme gibt, wo alle Reden oder wo sich alle nur über Gefühle äußern (es also gar kein Stimmen hören gibt), usw. So unterschiedlich wie wir alle als Individuum sind, ist auch das, was wir wahrnehmen! Wenn bei dir niemand redet, heißt das nicht, dass er nicht da ist. Das alle (p)Dis-Systeme Stimmen hören müssen, ist längst überholt!

Gefühle und Körperreaktionen

Hier nehme ich zumindest klar wahr, dass ich selten allein da bin. Um sich mitzuteilen muss hier niemand nacheinander rauswechseln. Im Prinzip bin ich ständig irgendwie beeinflusst, nur ist es ein langer Weg und eine schwierige Aufgabe auszuklamüsern, wann etwas rein von mir kommt und wann jemand anders seine Finger mit ihm Spiel hat.

Vieles funktioniert hier auch über Gefühle. Nicht nur: ,,Boar, den finde ich jetzt aber total scheiße!“ (also direkte Gefühle wie Ablehnung, Wut, Trauer oder Freude, die parallel im direkten Kontrast zu meinem Empfinden stehen können). Sondern auch Botschaften werden über Gefühle mitgeteilt. Das „Halt den Mund“ taucht bei uns zwar auch als klare Sätze auf, oft jedoch sogar eher als Gefühl. Dann stellt sich dieser unbeschreibliche Drang ein, jetzt bloß kein weiteres Wort mehr zu sagen. [Ich], die das rational betrachtet und den Sinn dahinter nicht versteht, versucht dann weiter zu reden. Manchmal kann das dann klappen (wenn z.B nur Scham-Anteile etwas gegen das Reden hatten) oder es kann aber auch sein, dass der Mund plötzlich wie zugeklebt ist oder ich anfange zu dissozieren.

Ich verliere dann total den Faden. Weiß nicht mehr um was es überhaupt ging. Oder hab gedanklich noch das Gefühl da, was ich sagen wollte. Kann es aber nicht mehr ausdrücken. Die Worte fehlen dazu. Als würde sie jemand unter Verschluss halten/wegnehmen. Das kann sowohl im Gespräch mit Außenstehenden passieren, wie aber auch wenn ich selbst nur über etwas nachdenke. Es gibt Themen, wenn ich mich diesen nähere, da gibt es einfach kein Weiterkommen. Der Vorgedanke ist weg und erst recht der, wie es weiter gehen sollte. Rein das Gefühl bleibt bestehen, dass doch da gerade etwas war und es jetzt irgendwie nicht weiter geht.

Das kann dann auch Schmerzen an verschiedenen Körperstellen zu Folge haben („Hör jetzt auf damit, sonst tut es gleich noch mehr weh!“ ) oder das „ich“ plötzlich aufstehe, weil mir etwas ganz anders einfällt, was ich machen muss (sodass das Thema nicht weiterverfolgt werden kann).

Innere Bilder

Das hat lange gedauert, das zu kapieren. Ich habe das immer als Einbildung, Pseudo-Halluzination usw. abgetan. Tue ich auch jetzt noch oft, aber ich kann mittlerweile den entsprechenden Anteil(en) auch zugestehen, dass das ihre Art der Kommunikation ist.

Damit ist gemeint, das z.B abends im Bett (also meist bei Ruhe, das kann aber auch tagsüber auftauchen) innere Bilder erscheinen. Verschiedene. Für mich ist noch immer sehr schwer auszuklamüsern, was nun eine Art der Kommunikation, was ein Bild anderer (im Innen) und was eine bildhafte Intrusion ist. Also an sich lässt es sich schon auseinander halten. Mit inneren/anderen Personen kann ich manchmal sprechen (bzw. sie bewegen sich auch, agieren, reagieren), bei Intrusionen fühlt es sich wie die Vergangenheit an (auch wenn ich nicht jede Szene selbst kenne) und auch maladaptive Träume fühlen sich ganz anders an. – Da spielt halt das Leugnen-Ding mit rein und so, naja.

Bei den Bildern (in Form der Kommunikation) ist es dann so, dass derjenige Anteil keine Worte verwendet, sondern mir über Bilder mitteilt was er gerade von etwas hält. Das (Bild) kann auch manchmal etwas recht banales sein. Das funktioniert so ähnlich, wie wenn sich z.B das Unterbewusstsein mittels Bild-/Symbolsprache in den Träumen bemerkbar macht. Ist er/sie/es z.B gerade gut drauf, kann auch mal etwas total witziges kommen, wo ich dann lachen muss und denke: ,,Äh ja, oookay? 😂. Schön das du darüber so einen Spaß hast.“ .

Oder es kommen sehr düstere Bilder. Zur Unterscheidung: Da gibt es einmal die Bilder, die wie die Darstellung eines Traumas aus der Sicht eines anderen aussehen und dann gibt es die, die manchmal einem Gruselfilm gleichen (Fratzen, Monster, Clowns, Verletzungen, usw.). Die aber keinen (konkreten) realen Charakter haben, sondern mehr ein deutliches Gefühl/Wahrnehmung widerspiegeln. Statt Worte wie etwas erlebt wird/wurde, also ein entsprechendes Bild dazu. Als würde sich jemand Stummes versuchen über Bilder mitzuteilen.

Schriftlich

Viele Systeme arbeiten mit sogenannten Kontaktbüchern, wo jeder die Möglichkeit hat, sich schriftlich in einem gemeinsam zugänglichen Buch auszudrücken und mitzuteilen. Das klappt hier überhaupt nicht. Also so null komma niente nada gar nicht 😅🙈. Was aber möglich ist, ist das z.B eine eMail an die Therapeutin geschrieben wurde (was aber eher selten passierte) oder auch das an manchen Beiträgen auf dem Blog andere mitarbeiten. Dann wird zwar trotzdem oft mir das tippen überlassen, aber fast keine Aussage in den entsprechenden Texten kommt auch tatsächlich rein von mir. So im Lesen solcher Mails und Texte im Nachhinein, lese ich dann sehr oft andere heraus.

Andere müssen dich, wenn sie schriftlich kommunizieren wollen, also nicht immer komplett rauskicken (mit Amnesie) oder für dich klar auffällig deine Hand/Finger übernehmen (obwohl ich schon von Depersonalisation sprechen würde 🤔 – in dem Moment check ich das meist nur gar nicht so richtig). Vllt interessant dazu noch zu sagen ist, dass ich beim Schreiben dieser Texte zwar meist dabei bin (und oft auch Erinnerung daran habe mit dem Schreiben angefangen zu haben), aber nicht mehr weiß um was es eigentlich ging, was wir da schrieben oder was überhaupt das Thema des Textes war. Das stelle ich dann erst im Nachhinein fest.

Weiter gibt’s bei uns aber z.B auch eine Form der inneren, schriftlichen Kommunikation und zwar über Post-it’s. Der klebt dann halt einfach nur im Inneren und nicht nicht irgendwo im Außen. Ist aber genauso beschriftet. Lustigerweise sind diese Post-it’s scheinbar nur leider irgendwie nie für mich bestimmt 😅. Ich seh den halt kleben und lese auch den Text darauf, aber in der nächsten Sekunde ist der Post-it dann direkt wieder weg und mit dazu das, was drauf stand. Also ich weiß noch wie viel Text und das überhaupt Text darauf war und das ich den auch gelesen habe, aber irgendjemand klaut mir dann einfach das Wissen über den Inhalt 🤷‍♀️. Der Briefverkehr scheint mich wohl nix anzugehen 😅.

Wie gut die Kommunikation momentan bei uns abläuft

Ich würde sie eher als sehr einseitig beschreiben.

Wer im inneren Bock hat kommentiert oder redet. Wenn ich Bock habe zu reden, bekomme ich jedoch nur selten eine Reaktion oder gar die, die ich erwarte/mir erhoffe.

Klar kann ich Fragen stellen und bekomme manchmal auch Antworten. Vor allem mit denen, die eh meist mit da sind, klappt das mittlerweile recht gut. Antwort heißt dabei aber auch, dass ich durchaus mal 3 verschiedene Antworten bekommen und logischerweise damit so gut wie gar nichts anfangen kann.

Das heißt aber nicht, das wir nicht manchmal echt gute Diskussionen führen oder auch miteinander lachen können. Das heißt lediglich, dass es hier halt einfach nur nicht so hinhaut, wie oft beschrieben oder von einem selbst (mir) auch gewünscht wird. Vor allem da ich leider zu vielen einfach gar keinen Kontakt habe/bekomme.

Und auch ein Problem ist hier, dass wenn der Kontakt besser wird (obwohl ich nicht weiß, an was es letztendlich wirklich liegt), das Leugnen wieder unglaublich stark anfängt (auch wenn sich das für manche blöd anhören mag, aber das unterliegt eben nicht immer deiner bewussten Kontrolle, von wegen „Dann hör halt einfach auf damit“ ). Und danach ist es dann ein bisschen so, als würde ein Reset-Knopf gedrückt und alles wieder auf Anfang zurückgesetzt. Bisher war das 2x so. Aktuell hatten wir so einen Fall im Winter.

Trauma und Dissoziation

Anfangs wollte ich unbedingt wissen, was genau passiert ist. Mir gingen alle möglichen Sachen durch den Kopf, wie ich an die verschüttenten Erinnerungen ran kommen könnte. Hypnose, schamanische Reisen mit irgendwelchen Pflanzen, usw.
Ich bin da so unglaublich naiv rangegangen, wenn ich daran heute manchmal so zurückdenke.
Ich dachte damals, wenn ich alles wüsste, dann könnte ich das ganz rational bearbeiten und das Hauptproblem wäre einfach nur, dass ich nichts mehr weiß. Klar wird das dann irgendwie erstmal doof sein und kurz schocken, aber … so what?

Letztens las ich einen Kommentar unter einem Video. Dort wurde bemängelt, dass direkt nach dem Thema rituelle Gewalt die Haarfarbe derjenigen thematisiert und zuviel gekichert wurde und das unpassend wäre. Und dabei musste ich so an mich denken.
Wir haben ja nicht nur Traumata in der Kindheit, sondern auch genug aus dem Erwachsenenleben, an die ich auch (teilweise) Erinnerungen habe.
Und ich sprach eigentlich IMMER so darüber.
Vergewaltigungen wurden besprochen und zwischendrin mal eingeworfen ob das Top überhaupt zur Hose passt.
Ernster Blick wechselt sich mich lauten Lachen über irgendeine Absurdität oder die lustige Fliege an der Wand ab.

💁‍♀️ Dissoziation, Baby 💁‍♀️.
Dissoziation machts möglich.

Rational war mir natürlich bewusst, dass das alles nichts Schönes ist und dementsprechend gab es auch ein schlechtes Gefühl dazu. Natürlich. Nur fühle ich generell sehr flach. Ich habe noch nie gefühlt, was wirklich zu den Traumata dazugehört.
Das war immer alles sehr rational. Ich wusste ich wurde vergewaltigt und das Vergewaltigungen schlimm sind. Also muss ich das schlimm finden was mir passiert ist, war meine rationale Verknüpfung. Aber da war und ist nichts. Nicht bei [mir].

Ich muss mich anstrengen ein passendes Gefühl dazu zu zeigen, um anderen Außenstehenden wenigstens irgendwie den ernst der Lage rüberzubringen. Wer glaubt schließlich schon das sowas schlimm ist, wenn man sachlich und ruhig davon erzählt und zwischendrin mal lacht*? Die Ärztin im Krankenhaus wollte mir damals jedenfalls erst nicht glauben. Ich wirkte zu wenig verstört, zu gefasst.

(*lachen ist diesbezgl. übrigens recht weit verbreitet: Es entschärft die Situation, nimmt ihr den Schrecken. Es lässt einen stärker erscheinen, als man eigentlich ist und wirkt sympathischer auf andere. Ich liebe lachen und Humor und erachte diesen auch als wichtige Eigenschaft, aber das viele Lachen in solchen Situationen ist oft eher entweder ein unbewusster Schutzmechanismus oder dem geschuldet, dass die entsprechenden Gefühle dazu so wegdissoziierst sind, dass man übers Trauma genauso wie übers Bügeln spricht)

Und irgendwie dachte ich immer, das wäre normal so. Ich kannte es ja nie anders.
Daher glaubte ich, wenn ich herausfinde was damals passiert ist und was zu der Spaltung geführt hat, würde sich das genauso flach anfühlen. Es würde auftauchen, ich fände es rational schlimm, würde drüber reden und das wars.

Aber dann gab’s einen Schlüsselmoment.
Ich war zuhause und ließ mich aufs Bett fallen. Es war tagsüber und ich wollte eigentlich auch direkt wieder aufstehen.
Plötzlich ging mir intrusiv eine Szene eines alten Disney-Films durch den Kopf. Nur eine kurze. Und auch keine relevante oder besondere. Ich mag den Film noch nicht einmal sonderlich.
Und dann war es, als hätte jemand eine Tür geöffnet. Nur einen winzigen Spalt, durch den etwas hindurchdrang.
Gefühle.
Echte Gefühle.
Unerträgliche.
So unfassbar unerträgliche Gefühle.
Ein so unfassbar furchtbares Gefühl von Angst, Panik und Verzweiflung habe ich noch nie zuvor empfunden. Ich kann es wirklich nicht beschreiben.

Ich wollte nur noch das es aufhört. Das es weg geht und wieder hinter seiner Tür verschwindet. Das war das erste Mal, dass ich ein echtes Gefühl bekam und das ich ernsthaft darüber nachgedacht habe, ob ich wirklich alles wissen will. Es war nur ein Hauch und wurde mir bereits zuviel. Schändlich oder?
Ich denke, das war vllt auch der Moment wo Innere festgestellt haben, dass ich nicht die Bohne so bereit dafür bin, wie ich ständig behauptet habe. Oder vllt wollten sie mir damit auch nur vor Augen führen, wie lächerlich ich mich benehme und was es bedeutet WIRKLICH eine Ahnung vom Trauma zu haben, sodass ich aufhöre so zu bohren. Ich weiß es nicht.
Seitdem kommt jedenfalls maximal alle paar Monate mal ein winziger Brocken. Aber nie etwas konkretes. Auch keine Gefühle.
Und ich glaube allmählich, ich würde es, so auf einen Schlag, sowieso nicht tragen können.

Mittlerweile bin ich nicht mehr so erpicht darauf, dass ich alles wissen muss. Ich glaube auch nicht mehr, dass es besser wird, wenn man (sofort) alles weiß oder das es überhaupt notwendig ist, das [Ich] alles wissen muss. Mittlerweile hat sich das Ziel geändert.
Ich hoffe das sich die betroffenen Anteile irgendwann mitteilen können, denn ich kann mir nicht im Ansatz vorstellen, wie schrecklich es für sie sein muss, all das allein tragen zu müssen.
Ich möchte nicht ignorant sein und sie, aus Angst, weiter allein damit lassen. Aber ich bohre nicht mehr so unerlässlich. Das hilft weder ihnen noch mir. Das hilft keinem von uns.
Meine Neugierde und den inneren Detektiv kann ich trotzdem nicht abstellen. Aber so allmählich sickert in meinem Hirn ein, dass das alles kein Spaß ist und es auch nicht mit dem (bildlichen/rationalen) Wissen um das was passiert ist, getan ist.

Missbrauch erkennen (und helfen)

Des Öfteren erreichen mich Anfragen, wie man Missbrauch bei Kindern erkennen und was man, im Falle des Falles, als Außenstehender überhaupt tun kann. Missbrauch hat leider unglaublich viele Facetten und ist auch für nahestehende Personen nicht immer leicht zu erkennen. Bitte macht euch also nicht fertig, wenn so etwas in der nahen Umgebung passiert (ist) und ihr es nicht mitbekommen habt!

Es gibt Anzeichen, definitiv. Aber das Erkennen und danach auch erfolgreiche Einschreiten ist nicht immer ganz so einfach. Wir wollen heute also einmal darüber sprechen auf was man achten kann und welche Möglichkeiten der Hilfeleistung einem bleiben. Natürlich werde ich dem Thema –sexueller Missbrauch– eine besondere Aufmerksamkeit widmen, allerdings ist und bleibt Missbrauch Missbrauch. Wir werden also auch über emotionalen und physischen Missbrauch reden, zumal auch wirklich vieles in seinen Auswirkung haargenau gleich ist. Wir müssen aufhören Missbrauch in weniger oder mehr schlimm einzuteilen! Ich erwähnte schon einmal das nicht die sexuelle Gewalt für mich das Schlimmste war, sondern das emotionale und psychisch zugefügte Leid viel tiefer sitzt, als das was mit dem Körper angestellt wurde, oder?

Weiterführende Infos zum Thema emotionaler und sexueller Missbrauch findet ihr hier 👇:

Wer sind die Täter?

Es gibt keine klare Beschreibung eines Täters. Das ist das perfide und das müssen wir uns wirklich hinter die Ohren schreiben. Man sieht es den Tätern nicht an.

In den Medien und Filmen bekommen wir oft suggeriert, Täter wären auffällige, schräge Psychopathen alá Hannibal Lecter. In der Realität schaut es jedoch so aus, dass der nette Nachbar oder der aufmerksame Lehrer, der engagierte Trainer oder auch der immer zu einem Schwätzchen aufgelegte Haus- oder Kinderarzt genauso missbrauchen können, wie der alkoholabhängige, arbeitslose Typ im verdreckten Rippshirt. UND ☝ es sind vor allem nicht nur Männer! Auch Frauen missbrauchen! Nicht zu selten sogar.

Täter findet man zudem in JEDER Bevölkerungsschicht. In der armen Unterschicht genauso oft, wie in der reichen Oberschicht. Anwälte, Ärzte, Polizisten, Politiker, Schauspieler, Lehrer, Trainer, Babysitter, Busfahrer, Verkäufer, Putzkräfte, usw. Wir müssen uns aus dem Kopf schlagen, dass sowas nur eine „reiche Elite“ oder auf der anderen Seite nur irgendwelche verarmten Irren machen. Weiter wird gerade beim sexuellen Missbrauch von Kindern oft von Pädophilie gesprochen.

Allerdings ist es von Pädophilie bis zum tatsächlichen Missbrauch ein sehr weiter Weg. Und beides hängt nicht automatisch zusammen. Die meisten Täter sind noch nicht einmal pädophil, sondern missbrauchen aus dem Gefühl der Macht heraus. Schätzungen zufolge sind gerade einmal 40% der Täter wirklich pädophil. Wenn wir solche Taten nur auf pädophile Menschen begrenzen, tun wir erstens denen unrecht, die mit dieser Neigung geboren wurden, aber alles dafür tun sie niemals auszuleben. Und auf der anderen Seite ignorieren wir damit den großen Teil der anderen Täter. Die, die Pädosexualität ausüben, ohne sich tatsächlich zu Kindern hingezogen zu fühlen.

Strategien der Täter

Die ersten beiden Punkte beziehen sich vor allem auf sex. Missbrauch. Die letzten beiden jedoch auf alle Formen des Missbrauchs.

  • Vertrauen aufbauen: Im Großteil der Fälle werden sexuelle Übergriffe langfristig geplant. Täter werden sich meist zuerst das Vertrauen der Bezugspersonen/Umgebung und des Kindes selbst sichern. Sie treten also durchaus vertrauenswürdig, liebevoll, fürsorglich, aufmerksam und empathisch auf. Die Umgebung will den Missbrauch so nicht sehen/glauben und Kinder sind, durch die emotionale Abhängigkeit zum Täter, leichter manipulierbar. Bei einer engen Täter-Opfer-Bindung bleibt der Missbrauch meist viel länger unendeckt. Es ist also wichtig auf das Kind zu achten und nicht darauf ob derjenige wie ein Täter aussieht/wirkt oder nicht.
  • Gelegenheit schaffen: „Unbeabsichtigte“, intime Berührungen. Anzügliche Bemerkungen. Oder das Zeigen pornografischer Bilder und Videos, was wiederum für sexuelle Handlungen empfänglich und offen machen soll. Abschottung des Kindes (Isolation – auch „alle anderen sind böse„). Ausnutzen des kindlichen Spielwunsches oder des Bedürfnisses nach Nähe und Liebe. Verharmlosen von Missbrauch (generell) als Autoritätsperson. Manche greifen aber auch als Bekannte (z.B der Familie) oder Fremde plötzlich/überraschend an, wenn sie mit dem Opfer alleine sind.
  • Schweigen sichern: Das Opfer wird z.B unter Druck gesetzt oder bedroht: ,,Wenn du was erzählst, dann bricht die Familie auseinander. – Dann gehe ich ins Gefängnis und das willst du doch nicht? – Dir wird sowieso keiner glauben, schließlich wolltest du es doch/ hast mich verführt/hast doch mitgemacht/es provoziert (das fällt besonders oft, wenn das Bedürfnis nach Nähe ausgenutzt wurde). – Wenn du etwas erzählst, dann passiert jemand den du liebst etwas ganz schlimmes (z.B Haustiere, Geschwister, usw.). – Wenn jemand erfährt was für eine kleine Schlampe/Hure/etc. du bist, wird dich keiner mehr mögen. – usw. “ . Aber es kann auch zu körperlicher Gewalt kommen.
  • Unglaubwürdig machen: Sobald das Opfer doch ansatzweise über den Missbrauch spricht oder Erwachsene Verdacht schöpfen, wird das Opfer lächerlich oder unglaubwürdig gemacht: ,,Er/sie hat so eine rege Fantasie. – Das hat er/sie im Fernsehen gesehen/gehört. – Er/sie lügt in letzter Zeit ständig. – Er/sie tut einfach alles für Aufmerksamkeit. – Er/sie erzählt und macht ständig Sachen um mir zu Schaden. – Er/sie ist so überempfindlich. Das war doch nur Spaß/ein Klaps/ein lustiges Spiel, usw.

Mögliche Anzeichen von Missbrauch

Anzeichen die bei jeder Form des Missbrauchs (emotional/physisch / sexuell) auftreten können:

  • Psychosomatische Beschwerden: Unterdrückte und ungehörte Gefühle und Emotionen äußern sich irgendwann über den Körper. Typisch sind meist (chronische) Bauchschmerzen oder Magen-Darm Beschwerden. Kopfschmerzen oder Hautkrankheiten. Auch die vermehrte Anfälligkeit für Krankheiten (da das Immunsystem durch den psychischen Stress lahmgelegt ist). Plötzliches Stottern oder Schweigsamkeit (Mutismus). (Chronische) Blasenentzündungen, etc.
  • Emotionale Veränderungen: Sozialer Rückzug (still und verschlossen sein/werden, Kontaktschwierigkeiten oder -abbrüche) oder umgedreht plötzliches soziales „aufgedreht sein“ (z.B im Teenageralter). Starke Stimmungsschwankungen, u.a auch Wutausbrüche/Aggressionen/Reizbarkeit oder plötzliche Weinattacken. Auch extremes Ausüben von Kontrolle/Macht. Schuldgefühle. Negatives Selbstbild. „Opferverhalten“. Vertrauensprobleme/starkes Misstrauen.
  • Seelische Veränderungen/averbale Signale: Aufälige Ängste, plötzliche Tics/Spasmen, Zwänge, Depressionen. Schlafstörungen wie häufige Alpträume, Nachtschweiß, häufiges Aufwachen oder Einschlafprobleme. Selbstverletzungen (z.B Ritzen, Nägelkauen, Haare ausreißen, usw.) oder Selbstmordgedanken/-handlungen. Süchte. Auch Essstörungen, Konzentrationsprobleme, chronische Erschöpfung oder Drogenkonsum. Plötzlicher schulischer Leistungseinbruch oder aber auch -steigerung. Regressives Verhalten (Daumenlutschen, Einnässen, usw.). Stehlen, Brandstiftung, Tiere quälen. Weglaufen von Zuhause und aber auch vermehrtes Lügen. Malen untypischer oder düsterer Bilder. Erhöhtes Sicherheitsbedürfnis oder auffälliger Rückzug in Fantasiewelten. Ungewöhnliches Hygieneverhalten (ungepflegtes Äußeres oder übertriebenes/zwanghaftes Hygienebedürfnis). Meiden bestimmter Orte oder Personen/Personentypen. Zwanghafte Kinderspiele (Wiederholen des Traumas, siehe auch Hier).

Bei physischem und/oder sexuellen Missbrauch kann hinzukommen:

  • Körperliche Auffälligkeiten: Quetschungen (auch innere Blutungen), Brüche (Arme, Rippen, usw.), Verbrennungen, Stiche, Schnitte. Hämatome vor allem an den Oberschenkeln, im Rippenbereich, Unterarme (durch festhalten z.B) und im Genitalbereich. Besonders Blutungen im Genital- und Rektalbereich (auch Urin) sollten besondere Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Auch wenn sich dort Bisse, ungewöhnliche Dehnungen, starker Juckreiz oder andere Verletzungen (und Schmerzen) vorfinden. Probleme und Schmerzen beim sitzen oder gehen. Geschlechtskrankheiten oder auch Schwangerschaften (die oft durch weite Kleidung oder vermehrtes Essen versucht werden zu verstecken). Gerade was das betrifft: Wir müssen aufhören andere als Schlampe etc. zu verurteilen. Wir wissen nie was wirklich dahinter steckt!
  • Sexualisiertes Verhalten: Stark sexualisiertes und dem Alter unangemessenes Verhalten (auserhalb der normalen Neugierde). Normale Doktorspiele fallen da z.B nicht mit rein. Übermäßige (vllt. sogar öffentliche) Mastrubation z.B. oder das stimulieren anderer Geschlechtsteile fiele da eher darunter. Das Wiederholen des Missbrauchs z.B mit Puppen (die Puppen untereinander oder das Kind „missbraucht“ die Puppe oder sogar andere Kinder), etc. Berühren, Reiben an den Geschlechtsteilen Erwachsener oder versuchen diese zu stimulieren. Das zur Schaustellen der eignen Genitalien. Übermäßige Gedanken/Beschäftigung mit dem Thema Sex in bereits seeehr jungen Alter (drüber reden, Pornografie, untypisches Wissen, …). Basteln von Figuren oder Anfertigen von Zeichnung mit expliziten Inhalten (Penise, Brüste, Vagina, nackten Körpern, vom Akt selbst, usw.). Oder aber auch verschachtelt, wie z.B viele Hände. Blut. Monster am Bett. Viele düstere Farben, usw. Im Teenageralter kann es vor allem auch nicht selten zu sehr promiskuitiven Verhalten kommen bis hin sogar zur „freiwilligen“ Prostitution.

Wie reagiere ich, wenn ich solches Verhalten entdecke?

Ganz wichtig ist!: All das da oben KÖNNEN Verhaltensweisen sein, die auf Missbrauch hinweisen. Müssen aber nicht! Es gibt keine definitiven Symptome, die darauf schließen lassen. Zudem, wenn z.B bereits eine dissoziative Störung vorliegt, kann es für Außenstehende teilweise fast unmöglich werden Missbrauch tatsächlich zu erkennen. Generell lässt sich aber sagen das jede Verhaltensauffälligkeit oder -veränderung des Kindes beobachtet werden sollte. Und dann:

  • Bewahrt bitte Ruhe und beobachtet das Kind erst einmal ganz aufmerksam weiter. Unüberlegte und überstürzte Handlungen können nämlich eher zu einer Verschlimmerung der Lage führen. Als Beispiel könnte dem Vater überstürzt Missbrauch unterstellt werden und das Kind kommt zur Mutter oder den Großeltern. Während diese in Wirklichkeit die wahren Täter sind. Oder es schadet anderweitig dem Kind, siehe unten
  • Sprecht bitte das Kind an und niemals zuerst die Eltern/Bezugspersonen! Denn wenn sie tatsächlich Täter sind, werden sie logischerweise nicht die Wahrheit sagen. Zudem besteht dann wirklich erhöhte Gefahr, dass das Kind bestraft wird. Missbrauch soll geheim bleiben und es reicht vollkommen, wenn das Kind Außenstehende nur ansatzweise auf die Idee bringt, da könnte was sein. Strafen können von Essenentzug über schwere körperliche/sexuelle Misshandlungen zu sogar schlimmen Gewalttaten gegenüber der (vom Kind) geliebten Mutter, Geschwistern, Haustieren (foltern oder töten vor den Augen des Kindes z.B.), etc. führen. Sprecht direkt mit dem Kind. Aber keine direkten oder suggestiven Fragen. Wenn ihr fragt ob das Kind missbraucht wird, weiß es entweder gar nichts mit diesem Begriff anzufangen oder versucht den Täter zu schützen. Fragt eher immer wieder nach wie sich das Kind fühlt. Ob es jemand (oder besser etwas) gibt, das Dinge tut was es nicht möchte oder ihm wehtut, usw.

Was kann ich noch tun?

  • Drängt Betroffene zu Nichts! Missbrauch welcher Art auch immer nimmt dir jegliche Kontrolle und Selbstbestimmung. Wenn Helfer jetzt weiter die Selbstbestimmung nehmen, indem z.B zum drüber reden gedrängt wird. Oder Anzeige zu erstatten, usw., dann hält dass das Gefühl der Ohnmacht weiter aufrecht. Seid für Betroffene da (alleine schaffen sie das nicht) und erklärt ihnen auch was man tun kann, aber lasst sie bestimmen wann, was, wie. Vertrauen und Sicherheit sind extrem wichtig.
  • Glaubt den Kindern! Wenn ein Kind sagt Papa oder der Onkel stecken ihnen komische Sachen in den Bauch oder tun ihm weh, dann nehmt das ernst!
  • Erklärt dem Kind, dass es KEINERLEI Schuld trifft. Egal wie es sich verhalten hat oder was ihm erzählt wurde. Macht bitte auch keine Schuldzuweisungen (,,Warum hast du denn nie etwas gesagt?“ ). Die Verantwortung für jeglichen Missbrauch liegt IMMER beim Täter. Und macht euch auch selbst keine Vorwürfe, dass bringt niemand etwas. Nutzt diese Energie lieber um eine Veränderung herbeizuführen.
  • Selbst wenn ihr nichts gegen weiteren Missbrauch tun könnt, seid für das Kind da! Die Auswirkungen von Missbrauch (jeglicher Art) werden umso schlimmer, umso weniger Bezugspersonen (die Sicherheit, Liebe und Akzeptanz vermitteln) das Kind hat. In sehr vielen Fällen entwickelte sich z.B bei Betroffenen mit fast identischen Traumahintergrund eher eine Dis, wenn keinerlei sichere Bezugsperson vorhanden war. Dort wo mindestens eine echte Bezugsperson vorhanden war, wirkten sich die Symptome des Traumas später weit geringer aus. Immer noch extrem schlimm, natürlich. Aber das Kind hatte so die Möglichkeit zumindest eine gewisse Form von Resilienz aufzubauen. Leider finde ich diese blöde Studie dazu nicht mehr, sonst hätte ich wenigstens noch ein paar Zahlen dazu parat 😅. Ist aber auch Wurst, so oder so: Auch wenn ihr wirklich nichts an der Situation verändern könnt, solange ihr für das Kind da seid ist das 50.000x besser, als wenn es ganz allein mit allem zurecht kommen muss.
  • Und noch ganz wichtig: Achtet bitte auch auf euch und eure eigene Gesundheit! Nehmt Beratungs- oder therapeutische Hilfe in Anspruch. Redet auch als Helfer mit jemand. Das ist extrem wichtig. Wenn ihr zum psychischen Frack werdet, habt ihr damit niemand geholfen! (Damit meine ich allerdings nicht: ,,Das belastet mich total, also nehme ich lieber Abstand/ignoriere es und überlass das Kind mal seinem Schicksal. !!)

Soll ich die Polizei oder das Jugendamt einschalten?

Pro : Eine Anzeige um potenziellen weiteren Missbrauch zu verhindern und für das Opfer Gerechtigkeit zu erzielen ist enorm wichtig und oft auch sehr sinnvoll! Wenn nichts passiert, geht der/die Täter ungestraft aus und kann unbehelligt weiter machen. Auch ist eine Anzeige wichtig, um bspw. Opferhilfe zu erhalten. Weiter ist es oft schwierig, ein Kind aus einer missbräuchlichen Familie zu befreien, solange der Missbrauch nicht rechtskräftig oder zumindest von öffentlicher Stelle (z.B Jugendamt, etc.) bestätigt/nachgewiesen wurde.

⛔Contra: Denkt darüber vorher bitte genau und ausführlich nach.

  • Die Aussage bei der Polizei kann für das Opfer sehr schlimm sein. Ganz zu Schweigen davon, wenn es in einer Gerichtsverhandlung noch einmal befragt wird oder dieser sogar beiwohnen muss. Macht nichts ohne Absprache mit den Betroffenen!
  • Und dann stellt sicher, ob ihr der Polizei und/oder dem Jugendamt trauen könnt. Hört sich erstmal nach Verschwörungsblabla an, allerdings könnte tatsächlich die Möglichkeit bestehen, dass bspw. ein Polizist ein enger Freund des Täters ist. Auch ist es z.B im Bereich der organisierten Gewalt nicht gerade unüblich, dass involvierte Täter u.a. auch bei der Polizei sitzen. Logischerweise um mögliche Indizien oder Anzeigen gar nicht weiter zu verfolgen, zu verfälschen, Bericht zu erstatten sobald das Opfer redet, usw. Zum Kreis der Teilnehmer „besonderer Veranstaltungen“ meines (…) gehörten z.B ein hochrangiger Polizist, Richter und Amtsarzt … Die Komplikationen solch einer Anzeige dürften erkennbar sein. Und auch das Jugendamt kann schwierig werden, wenn persönliche Beziehungen/Freundschaften mit den Tätern gepflegt werden. Manchmal reicht es bereits aus, dass diese den Täter(n) Nahe stehen und deshalb von dessen Unschuld überzeugt sind. ➡ Geht die Sache bei Institutionen vorsichtig an. Teilt Informationen langsam und mit Bedacht mit und achtet besonders darauf, wie das Gegenüber reagiert. Sobald relativiert wird oder sogar eine Art von Täter-Opfer-Umkehr stattfindet, werdet hellhörig! Achtet auch darauf ob das Kind sich danach schlagartig verändert. Plötzlich alles abstreitet. Die Täter extrem in Schutz nimmt. Frische Blessuren hat, etc. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass die zu Rate gezogene Institution möglicherweise (!) entgegen der Sicherheit des Opfers handelt. Nehmt dann von dieser evtl. Abstand, sucht neue Wege um Hilfe leisten zu können und glaubt bitte weiterhin dem Opfer!

Beratungsstellen:

  • Jugendamt
  • Kirchliche Beratungsstellen
  • Erziehungsberatungsstellen
  • Psychologische Beratungsstellen (z.B der Sozialpsychiatrische Dienst)
  • Gesundheitsdienste
  • Opferhilfeeinrichtungen
  • Kinderkliniken/-ärzte

Funktionsmodus…

Manchmal habe ich das Gefühl, ich müsste vllt nur lauter schreien, flehen, betteln, Jammern, irgend etwas um ernst genommen zu werden.

„Tust du doch schon. Was denkst du, was du hier machst?! Hör auf dich so erbärmlich schwach zu benehmen!“

Ich kann es nicht mehr hören – Schwach. Ständig ist alles immerzu schwach. Immer muss die Fassung gewahrt werden. Jedes noch so kleine Detail persönlicher Gefühlsäußerungen so verpackt werden, dass man es als“ Nutzen für andere“ verkaufen kann. Super reflektiert. So als läge all das schon hinter einem. Oder ist zumindest nicht weiter schlimm. Erträglich. Gar kein wirkliches Problem.

Depressionen? Ja, die sind da. Aber nicht so wild. Anderen geht’s auf jeden Fall schlimmer. Und wenn sie doch richtig schlimm werden, dann redet man einfach mit keinem.
Als ich Ende Januar bei der Therapeutin saß und ihr von den Depressionen erzählte und das es mir aktuell nicht gut geht meinte sie, dass sie mir das schon ansähe. Aber ich wisse ja, dass es bald auch wieder besser werden wird.
Ernst genommen habe ich mich nicht gefühlt. Wie eigentlich meistens. Also generell, nicht auf sie bezogen.
Allerdings erzählte ich ihr auch nichts davon, dass SM-Pläne sehr konkret wurden. Weit abseits der üblichen Gedanken, wo man es vllt mal machen könnte. Es vllt einfach die bessere Alternative zu all dem hier wäre, die ja dann aber doch nur Gedanken bleiben.
Diesmal waren es seit langer Zeit weitaus konkretere Pläne. Wie. Wann. Mit was. Was vorher erledigt werden muss.
Erzählt habe ich nichts davon.

Und wie soll mich nun jemand ernst nehmen, wenn ich immer nur die Hälfte erzähle? Wenn mich jedes noch so kleine Zeigen nach Außen, dass es mir eben nicht gut geht, eine riesen Überwindung kostet? Wenn ich alles relevante irgendwo zwischen die Zeilen packe? Wie soll das gehen? Erwarte ich Gedankenlesen?

Anderes Beispiel:

Die letzten Wochen hatte ich wieder stark mit Alpträumen zu kämpfen. Die was mich am meisten belastet haben, waren die die sich permanent um abgetrennte Körperteile und Kannibalismus drehten. Ich schaute keine Filme oder beschäftigte mich mit irgendwas in dieser Richtung. Umso überraschender haben sie also eingeschlagen.
Erzählt habe ich davon einen Teil.

Triggerwarnung (Blut – abgetrennte Körperteile) !
In einem Traum stand ich an einem Pool und der Blick auf das Wasser löste im Traum eine andere Sequenz, in die ich mit Gewalt hineingezogen wurde, aus. Plötzlich befand ich mich in einem See, der sich später in einen Fluss wandelte. Das Wasser bestand aus Blut und um mir im Wasser waren überall Körperteile. Abgetrennte Beine, Füße, Hände, Arme, Köpfe. Es war alles voll davon. Sie widerten mich an und ich hatte panische Angst. Ich hatte Angst das sie mich unter Wasser drücken. Das ich in dem Blut ertrinke. Das ich nie wieder heraus komme. Der Himmel war schwarz und als der See sich in einen Fluß wandelte, bekam ich es zusätzlich noch mit der Strömung zu tun. Über mir waren nun ab und an Brücken, die ich versuchte zu greifen, sie jedoch nicht erreichte. Ich suchte nach einem Weg herauszukommen, aber ich fand keinen. Dann endete der Traum.

Sie fragte, ob ich eine Ahnung hätte was der Traum bedeuten könnte. Klar haben wir uns darüber Gedanken gemacht.
Aber ich verriet es nicht. Der Mund war wie zugeklebt.

„Ist ja auch totaler Schwachsinn. Mach dich nicht noch lächerlicher als du es eh schon getan hast!“

Ihr Deutungsversuch ging in die Richtung, das die Körperteile vllt für das Puzzle an Erinnerungsfetzen stehen, dass ich ja nun mal versuche zusammenzusetzen.
Ich musste lachen.
Ja ne, also nach Puzzeln bzw. dem Bedürfnis da irgendwas zusammenzusetzen oder wieder ganz zu machen, war mir wirklich nicht zumute. Diese Träume waren begleitet von Todespanik und blanken Entsetzen.

Und schwupp – Wieder das Gefühl nicht ernst genommen zu werden.

„Ja wie denn auch, in Gottes Namen, wenn du dein scheiß Maul nicht aufmachst?!“

Aber wie geht das?
Wie kann ich über meine Gedanken und Gefühle reden, wenn ich permanent im Kopf habe wie absurd ich mich benehme? Diese Scham. Diese furchtbare Scham.
Und wenn doch vor allem alles gut ist? Mir nichts fehlt?

Das treibt mich in den Wahnsinn. Das Gefühl das es mir gut ginge. Und parallel dazu aber zu spüren, dass das Gegenteil der Fall ist.
Zu versagen, zu weinen und krampfen während du da sitzt und GLEICHZEITIG denkst wie gut es dir doch geht. Therapie ist Schwachsinn. Klinik erst recht. Ich müsste mich nur mal zusammenreißen, dann ginge das auch alles.

Gestern saß ich im Zug. 11 Stunden lagen vor uns. Am Morgen bekam ich kaum noch Luft. Es war als würde mir jemand die Luft abdrücken. Und Angst stieg auf. Das Gefühl nur noch zurück unter die schützende Decke zu wollen. Mir wurde heiß und jeder Handgriff zu viel … Eine Panikattacke. Erst viel zu spät habe ich mal wieder gemerkt was es ist.
Aber sie verschwindet dann nicht einfach. Also die Attacke irgendwann schon wieder, aber nicht die Panik. Die bleibt. Gestern blieb sie wieder den ganzen Tag. Dicht im Hintergrund.
Ich funktioniere einwandfrei. Ich bin fokussiert. Ein Schritt nach dem anderen, dann kommst du auch am Bahnhof an. Station für Station.
Bis auf das Zittern, wenn ich alleine sitze und mich unbeobachtet fühle: Nichts. Nichts dringt nach Außen. Höchstens noch der miesgelaunte Blick, der die Leute fern halten soll. Aber spricht mich einer an: Freundlich. Höflich. Aufmerksam. Das Lächeln nie vergessen. Stabil ist sie. Maximal etwas unausgeschlafen.
Panik in 2. Reihe. Furchtbare Panik. Aber die Fassade funktioniert weiter.
Und wenn mich jemand fragen würde, wie es mir geht, wie wäre meine Antwort?: Super. Etwas nervös. Ein bisschen zittern. Nichts dramatisches.
Ich wäre nicht ehrlich.

Aber um jetzt einmal ehrlich zu sein, wusste ich nicht wie ich den Tag überstehen soll.

Wie so oft. Und trotzdem tue ich es wieder. Ihn überstehen.
Also kanns ja doch nicht so schlimm sein, oder? Wenn ich ohne Begleitung meine Dinge regeln kann. Wenn ich trotzdem das Haus verlassen kann und nirgends auf dem Weg zusammenbreche, kanns doch gar nicht so schlimm sein, oder nicht? Ich funktioniere doch.

Aber hat das was mit Leben gemein?

Ich weiß nicht, wie viele Tage ich noch aufstehen und das so machen kann. Mit jedem Mal mehr, habe ich das Gefühl es nicht noch einmal zu packen. Ich weiß nicht was mich aufstehen oder Telefonate führen lässt. Wie ich einkaufen oder Anträge ausfüllen kann. Ich weiß nicht woher die Kraft dafür kommt.

Vllt müsste ich endlich mal zusammenbrechen vor aller Welt. Mitten auf dem Gehweg. Laut aufschreien und dann all das Zeigen, was mich im Inneren begleitet.
Vllt fühle ich mich dann ernstgenommen? Vor allem von mir selbst.
Denn das Problem sind nicht die anderen, das Problem bin ich, die immer funktioniert. Die nie das zeigen kann, was wirklich los ist. Die denkt, man müsse sich zusammenreißen.
Eine so perfekte Maske für die Außenwelt, das ich angefangen habe, sie selbst zu glauben.

Ein unbewusster Mechanismus, den ich einfach nicht durchbrechen kann. Als wäre ich in mir selbst gefangen. Ich versuche es. Wirklich. Und ein bisschen besser wurde es auch. Ein bisschen. Aber ich will endlich nicht mehr alles nur in mir aufbewahren. Mich nicht mehr so einsam fühlen.